Gott und die Welt

Gott und die Welt

 Ayatollah Beheschti

Ist Gott überall?

Im Heiligen Qur´an gibt es Verse, die auf diese Frage eine positive Antwort zu geben scheinen und auch bei theologischen Diskussionen hört man gelegentlich: „Gott ist nirgends und überall.“

In der Sure 57, Vers 4 heißt es:

„... Und Er ist mit euch, wo immer ihr sein möget ...“

(Heiliger Qur´an 57:4)

Manche, wollen diesem und ähnlichen Versen entnehmen, dass Gott überall ist. Aber befasst man sich eingehender mit den entsprechenden Stellen, wird man diese Auslegung revidieren müssen. Im Heiligen Qur´an wird an vielen Stellen Gottes Gegenwart im Zusammenhang mit einer bestimmten Gruppe von Menschen erwähnt. In der Sure 5, Vers 12 z.B. wird den Gläubigen Gottes Schutz zugesichert:

„...Gedenket der Gnade Allahs über euch, als ein Volk die Hände nach euch auszustrecken trachtete. Er aber hielt ihre Hände von euch zurück. Und fürchtet Allah; auf Allah sollen die Gläubigen vertrauen.“ (Heiliger Qur´an 5:11)

In der Sure 20, Vers 46 erfahren wir, dass Gott Moses und seinen Bruder auffordert, zum tyrannischen Pharao zu gehen. Und als sie Ihm ihre Angst vor dem Tyrannen eingestehen, „sprach Er: „Fürchtet euch nicht; denn Ich bin mit euch beiden. Ich höre und Ich sehe“.“ (Siehe dazu auch unter anderem Heiliger Qur´an 8:12, 47:35, 2:153, 16:128, 9:36)

In den Versen 4:108 und 58:7 lesen wir, dass „Allah alle Dinge weiß“ und „allweise, allwissend ist“:

„Sie verbergen sich vor den Menschen; verbergen sich jedoch nicht vor Allah, wo Er doch bei ihnen ist, wenn sie Worte aushecken, womit Er nicht zufrieden ist. Allah umfasst, was sie tun.“ (Heiliger Qur´an 4:108)

Auch der folgende Vers will Gottes Allweisheit und Allgegenwart zum Ausdruck bringen:

„Er ist es, Der die Himmel und die Erde erschuf in sechs Zeiten, dann setzte Er Sich auf den Thron. Er weiß, was in die Erde eingeht und was aus ihr hervorkommt, was vom Himmel niederkommt und was zu ihm aufsteigt. Und Er ist mit euch, wo immer ihr sein mögt. Und Allah sieht alles, was ihr tut.“

(Heiliger Qur´an 57:4)

Dennoch stoßen wir in der Philosophiegeschichte des Islam auf Personen und Gruppen, die die obigen Verse anders interpretieren und anhand verschiedener Verse glauben zur Überzeugung gelangen zu können, dass der Heilige Qur´an sehr wohl von einem pantheistischen Monismus spricht. Das heißt sie ziehen daraus den Schluss, dass Gott eben jene Gesamtheit aller Wesen dieser Welt darstellt und jedes Wesen gleichsam ein Teil von Ihm ist. Die Verse, auf die Bezug genommen wird, sind unter anderem:

„... Und Er ist mit euch, wo immer ihr sein möget ...“

(Heiliger Qur´an 57:4)

oder

„... wisset, dass Allah zwischen einen Menschen und sein Herz tritt ...“ (Heiliger Qur´an 8:24)

oder

„... Wir sind ihm näher als die Halsschlagader.“

(Heiliger Qur´an 50:16)

oder

„Wohin ihr euch immer wendet, dort ist Allahs Angesicht ...“

(Heiliger Qur´an 2:115)

Nicht aus dem Zusammenhang herausgerissen und im Rahmen des Kontexts lassen die Verse jedoch eine andere Auslegung zu: Die obige Stelle in Sure 57 will auf die Allgegenwart Gottes hinweisen, dass Er immer zur Stelle ist, wenn wir Ihn brauchen; die Verse in den Suren 8 und 50 wollen Gottes Kenntnisse auf das Sichtbare und das Verborgene aufmerksam machen und der letzte aufgeführte Vers ist sicher als ein Hinweis darauf zu verstehen, dass der Gott der “Al-Aqsa-Moschee“ und der Gott der Kaaba ein- und derselbe ist. Wenn Gott jetzt gebietet, die Gebetsrichtung von Jerusalem nach Mekka zu verlegen, geschehe dies darum, der Eigenständigkeit des Islam Nachdruck zu verleihen und die Unabhängigkeit Prophet Muhammads (s.) von den Juden zu betonen.

Für die Gelehrten steht außer Frage, dass Gott über dem steht, dass man Ihm einen Ort zuordnen wolle. Er ist weder im Himmel, noch auf Erden und noch überall.

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