L12 - Die unendliche Macht Gottes
Für die unendliche Macht Gottes gibt es keinen deutlicheren
Beweis, als das, was durch das Studium und die Untersuchung
der Phänomene des geschaffenen Universums und der multiplen
Formen und Farben der Natur geliefert wird, wobei diese
Phänomene wohl nie voll beschrieben werden können.
Wenn wir auf Gottes Schöpfung schauen, werden wir mit so
viel Energie konfrontiert, dass keine Grenze für diese
Energien vorstellbar ist. Ein Blick auf die Schöpfung und die
Millionen von Wahrheiten, verborgen in den Wundern der Natur
und den Tiefen des inneren Universums des Menschen, liefert
die klare Indikation für den Grad der Macht des Einen, der sie
erschuf, denn das reiche und komplexe System erlaubt keine
andere Erklärung.
Es ist Gottes unvergleichliche Macht, die den Menschen
zwingt, sich demütig vor dem Schöpfer dieses Plans zu
verbeugen. Es gibt keine Worte, welche die Dimensionen Seiner
Macht ausdrücken könnten. Dieses einzigartige Wesen hat eine
derartige Macht, dass es genügt, sobald Er ein Sein existent
werden lassen will, nur den Befehl „Sei“ zu erteilen und das
angesprochene Objekt kommt ins Sein. Der Koran sagt: „Sein
Befehl, wenn Er ein Ding will, ist nur, dass Er spricht:
„Sei!“ - und es ist.“ (Vgl. Koran: Sure 36, Vers 82)
Das Gesetz, dargelegt in dem Vers, ist der beste Indikator
für Seine grenzenlose Macht und der Manifestation Seiner
endlosen Pracht. Es negiert jegliche Begrenzung, die man
Gottes Macht aufsetzen könnte und erklärt die Unangemessenheit
aller Kriterien, wenn man sie mit diesem göttlichen Gesetz
konfrontiert.
Die Champions sind die Naturwissenschaftler, die Männer der
Labore, die trotz all der Fortschritte, die sie machen, noch
nicht das komplette Wissen über die inneren Geheimnisse auch
nur einer einzigen unter den zahlreichen und unterschiedlichen
Existenzformen der geschaffenen Welt erhalten konnten.
Dennoch, das partiale und fehlerhafte Wissen, welche der
Mensch sich bezüglich einiger weniger Daseinsformen, die in
dieser Welt existieren, erworben hat, sollte ihm ausreichen,
um mit seinem ganzen Sein zu erkennen, dass die große Macht,
die solch eine Vielfalt im Überfluss im Universum schuf,
unendlich sein muss.
Betrachtet man die Reichweite Seiner Schöpfung, kleine
Kreaturen und monströse Bestien mit erstaunlichem Aussehen, in
den Tiefen der Ozeane lebend, zarte und melodische Vogelarten
mit farbenfrohen Flügeln, deren Schönheit geschickte Künstler
zur Verzierung ihres Handwerks imitieren, Sterne, die am
Himmel scheinen und die Sonne, die auf- und untergeht, die
Dämmerung und das Mondlicht, die Planeten, die Galaxien und
die Nebel, die zuweilen in ihren Herzen Millionen von
strahlenden Sterne haben, schwindelerregend in ihrer
offensichtlichen Unendlichkeit.
Ist nicht eine Schöpfung wie diese Ehrfurcht einflößend mit
ihrer Pracht, eine Indikation für die unendliche Macht ihres
Erschaffers? Kann man die Macht des Schöpfers missachten, der
sich durch so viel Lebensvielfalt mitteilt, der doch
deutliche, endliche Formen in allen ausgedehnten Spektren der
Phänomene erscheinen lässt?
Bedenkt man die Tatsache, dass all diese einnehmenden
Formen der Schöpfung letztlich aus Atomen entstehen, so kann
die Frage des Seins nicht erklärt werden, außer durch den
Verweis auf eine lenkende und unendliche Macht. Er ist es, der
alle Dinge zur Annahme einer Leben schenkenden Form bringt und
die Macht und die Intelligenz besitzt dieses gewaltige und
präzise Programm zu planen und zu entwerfen.
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Groß und klein, schwer und leicht, all dies sind
Eigenschaften, die endliche Existenzformen betreffen. Im
unendlichen Bereich der Essenz Gottes und Seiner Attribute
gibt es die Frage von groß und klein, wenig und viel nicht.
Ohnmacht und die Unfähigkeit werden durch die Endlichkeit der
Energie verursacht, die einem Mittel zur Verfügung stehen,
durch die Existenz eines Hindernisses auf ihrem Weg oder durch
die Abwesenheit von Mitteln und Instrumenten. Sie sind nicht
wahrnehmbar im Falle einer unendlichen Macht.
Der Koran sagt: „(…) Und nichts vermag Gott in den Himmeln
oder auf Erden zu hemmen, denn Er ist allwissend, allmächtig.“
(Vgl. Koran: Sure 35, Vers 44)
Obwohl Gott in der Lage ist, alles zu tun, hat Er die Welt
nach einem präzisen und spezifischen Programm geschaffen, in
dessen Struktur bestimmten Phänomenen eine festgesetzte Rolle
zugeteilt wurde, die wiederum zur Entstehung anderer führen.
Diese Phänomene sind ohne Zweifel Seinem Befehl völlig
untergeordnet, ihre Rolle erfüllend und Ihm gegenüber nicht im
Geringsten rebellierend.
Der Koran sagt: „(…) Und Er (erschuf) die Sonne und den
Mond und die Sterne, Seinem Gesetz dienstbar. Wahrlich, Sein
ist die Schöpfung und das Gesetz! Segensreich ist Gott, der
Herr der Welten“ (Vgl. Koran: Sure 7, Vers 54)
Streng genommen, kann kein Geschöpf in dem Programm eine
Manifestation der Macht sein oder an Seinem Willen und Befehl
teilhaben, denn so wie Gottes Essenz keinen Partner hat, so
hat Er auch keine Partner, was Seine Mittel betrifft.
So wie es allen Geschöpfen in der Welt in ihrem Wesen an
Unabhängigkeit fehlt und sie von Ihm abhängig sind, so mangelt
es ihnen auch daran, zu agieren und Wirkungen zu produzieren.
Jedes Mittel und jede Wirkung bekommt die Essenz ihrer
Existenz von Gott, ebenso wie die Macht zu agieren und eine
Wirkung zu produzieren.
Wann immer Er es für notwendig erachtet, unterlässt die
Ordnung, die alles umgibt, Ihre Aufgaben, denn auch die
Ordnung, obwohl sie an sich fest und präzise ist, bleibt Ihm
untergeordnet. Der Schöpfer, der jedem Faktor und jeder
Ursache bestimmte Wirkungen zuteilt, ist in der Lage, die
Wirkungen zu jeder Zeit wieder zu neutralisieren und
auszusetzen. So wie Sein Befehl die Ordnung des Universums in
die Existenz brachte, so kann ein Befehl einem Phänomen auch
wieder die übliche Wirkung rauben.
So sagt der Koran: „Sie sprachen: Verbrennt ihn (Abraham)
und helft euren Göttern, wenn ihr etwas tun wollt. Wir
sprachen: Oh Feuer, sei kühl und ohne Harrm für Abraham!“
(Vgl. Koran: Sure 21, Vers 68-69)
Obwohl die starke Anziehungskraft der Sonne und der Erde
auf einem weiten Raum wirken, sind beide Körper Seinem Willen
unterworfen. Sobald Er einem kleinen Vogel die nötige Kraft
gibt, kann dieser die Anziehungskraft der Erde überwinden und
seinen Flug antreten.
Der Koran sagt: „Sehen sie nicht die Vögel, die in
Dienstbarkeit gehalten werden im Gewölbe des Himmels? Keiner
hält sie zurück außer Gott. Wahrlich, darin sind Zeichen für
Leute, die glauben.“ (Vgl. Koran: Sure 16, Vers 79)
Welches Phänomen auch immer in der Welt des Seins
vorstellbar ist, findet seine Nährkraft und sein Leben durch
Gott. Daher muss jegliche Macht und Kapazität, die in dem
Programm der Schöpfung gefunden werden kann notwendigerweise
auf die unendliche Macht Gottes zurückgeführt werden können.
Ali (Friede sei mit ihm), der Führer der Gläubigen, sagte
in einer Ansprache, die im Nahj Al-Balaghah festgehalten
wurde: „Oh Gott, wir können nicht die Tiefen Deiner Pracht und
Majestät durchdringen. Wir wissen nur, dass Du lebst und durch
Dich selbst bestehst, dass Du ausgenommen bist vom Bedürfnis
zu essen und zu trinken. Kein Verstand kann Dich begreifen und
kein Auge Dich sehen. Doch Du siehst alle Augen, Du kennst die
Lebensspanne jeder Sache, und Du bist allmächtig.
Obwohl wir nichts von Deiner Schöpfung wirklich
wahrgenommen haben, sind wir von Deiner Macht verblüfft und
preisen Dich stark. Das, was vor unseren Augen verborgen ist,
können wir nicht sehen und das, was unsere Vernunft und unsere
Intelligenz nicht erreichen kann, was sich hinter den
Schleiern des Ungesehenen verbirgt, ist sehr viel grösser als
das, was wir sehen.“ [33]
Wenn der Mensch sich entscheidet, etwas zu bauen, zum
Beispiel ein Krankenhaus, trägt er die notwendigen Werkzeuge
und Teile zusammen, die nicht eine wesentliche Beziehung
zueinander haben und verbindet sie dann miteinander, indem er
eine Serie von künstlichen Beziehungen herstellt, um sein Ziel
zu erreichen.
Um so eine künstliche Beziehung herzustellen, macht er
Gebrauch von verschiedenen Kräften und Objekten, die bereits
schon existieren. Seine Arbeit und Aktivität ist Teil eines
Systems der Schöpfung. Dies ist nicht wirklich kreative
Arbeit, sondern eine Form der Bewegung, die innerhalb bereits
bestehender Dinge stattfindet. Bei der göttlichen Kreativität
handelt es sich um eine andere Kategorie als das Herstellen
von künstlichen Beziehungen zwischen nicht zusammenhängenden
Objekten. Gott bringt Existenzformen mit all ihren
Eigenschaften, Kräften, Energien und Charakteristika hervor.
Wenn wir sagen, dass Gott allmächtig ist, müssen wir uns
bewusst sein, dass dies sich nur auf Dinge bezieht, die
möglich sind. Dinge, die rational unvorstellbar sind, sind
gänzlich außerhalb der Sphäre Seiner Macht und die Worte
„Macht“ oder „Kapazität“ in Verbindung mit Dingen, die
unmöglich sind, ist unkorrekt und bedeutungslos. Obwohl die
Macht Gottes grenzenlos ist, muss die rezeptive Kapazität der
Dinge und ihre Fähigkeit als Ort für die Manifestation Seiner
göttlichen Macht zu dienen, berücksichtigt werden. Die
Implementierung des Willen Gottes ist verwoben mit den
Beziehungen zwischen Ursache und Wirkung, mit seinem komplexen
Netzwerk aus Gründen und Ursprüngen. Damit eine Sache das
Objekt des göttlichen Willens werden kann, darf es nicht
unmöglich sein, und es muss in seiner Essenz die rezeptive
Fähigkeit besitzen, denn der Wille Gottes wird vollendet
mittels der Rezeptivität der Dinge. Es ist wahr, dass der
göttliche Fluss unendlich und konstant ist, aber die Basis,
die er annehmen muss, ist womöglich fehlerhaft und nicht in
der Lage den unendlichen Teil, der von der überreichen Quelle
angeboten wir, zu absorbieren.
Der Ozean ist ein immens großes Becken für Wasser, ein
Tanker hat dagegen nur limitierte Kapazitäten Wasser
aufzunehmen, tatsächlich passt vergleichsweise nur sehr wenig
Wasser in ihn hinein. Klar ist, dass in diesem Fall die
Kapazität des Tankers endlich und limitiert ist, nicht die des
Wassers eines Ozeans.
Einmal wurde Ali, der Führer der Gläubigen gefragt (Friede
sei mit ihm): „Ist dein Herr in der Lage die ganze Welt in ein
Hühnerei zu platzieren?“ Er antwortete: „Gott, der
Allmächtige, ist in der Tat in der Lage alles zu tun, aber was
du fragst ist unmöglich.“[34]
Obwohl Gottes geweihte Essenz völlig frei von Schwäche und
Unfähigkeit ist, bleibt es bedeutungslos und irrational, zu
fragen, ob er etwas vermag, was an sich unmöglich ist.
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Einem, den das Herz vor Liebe zu Gott brennt und der vom
Glauben an den Schöpfer aller Dinge erfüllt ist, wird nie
enttäuscht sein, einsam noch hoffnungslos, selbst auf dem
Höhepunkt komplexer Krisen. Welche Handlung er auch
unternimmt, er tut dies mit dem Bewusstsein des schützenden
Schattens der obersten Macht, die ihn über alle Schwernisse
triumphieren lassen kann.
Ein Mensch, der sich Gottes bewusst ist und weiß, dass er
Seine Unterstützung hat, kann viele Härten erdulden und weiß
sich zu wehren. Schwierigkeiten sind für ihn wie Schaum,
gleich dem verschwindenden Schaum an den Oberflächen der
Wasserwellen. Das Feuer, das in ihm brennt, wird immer
leuchtender und er kommt noch stärker aus den Schmelztiegel
der Entbehrung hervor.
Während der ganzen Zeit der Mühen wird er durch Gottes
Liebe und Wohlwollen getröstet und gestärkt und dies formt den
eigentlichen Motor seiner Aktivitäten. Versagen blockiert
nicht seinen Weg und bringt ihn nicht dazu aufzugeben,
stattdessen bemüht er sich mit aufrichtiger Absicht,
fortfahrend, bis zum letzten Sieg.
Er versteht sehr wohl, dass sein Bemühen nicht fruchtlos
bleiben kann und dass der Erfolg denen gehört, die es
verdienen. Wann immer Er möchte, nimmt Gott die Hand der
Gefallenen und Unterdrückten, die keine andere Zuflucht als
Ihn haben und erhebt sie zur Spitze der Macht. Manchmal lässt
er die Nasen der Mächtigen dieser Welt den Staub der
Demütigung und der Katastrophe spüren, Unterdrücker, die an
die Gewalt glauben, nur die Logik des Zwingens kennen und den
Menschen als wertlos betrachten.
Wie viele Tyrannen sind schon in der Geschichte der
Menschheit gestürzt worden, in den Sturm der Schande
versinkend und verschwindend.
Die Geschichte der Gesandten Gottes repräsentiert ein
komplettes und ideales Modell an menschlichen Werten. Wir alle
wissen, wie die Gesandten allein gegen die unterdrückenden
Kräfte ihrer Zeit dastanden, nur um den Menschen zur Erlösung
zu führen, die Gesellschaft zu reformieren und ihnen erhabene
Werte einzuprägen. Damit zündeten sie das erste Licht, was
letztlich den Polytheismus zerstörte.
Die Reaktion, die sie mit ihrem Glauben initiierten, löste
einen derart positiven Tumult aus, dass sie den Lauf der
Geschichte veränderten. Sie legten die Grundlagen für den
Monotheismus und etablierten die Prinzipien der Tugenden in
einem höchst umfassenden Maße.
Wer kann die Rolle der Hingabe und des Glaubens bei dem
unermüdlichen Kampf verneinen, den sie führen mussten? Wie
weit kann allein die Willenskraft den Menschen bringen und wie
sehr versetzt sie ihn in der Lage auszuhalten und zu erdulden?
Eine flüchtige Prüfung der stolzen Geschichte der Leben der
Propheten ermöglicht uns alle auf anschaulichste Weise, ihre
Aufrichtigkeit und Hingabe, die sie an den Tag legten, zu
erblicken, ihr Verzeihen, ihre Nachsicht und ihren intensiven
Wunsch den Menschen zu führen und zu reformieren,
nachzuvollziehen. Das fundamentale Geheimnis ihres Erfolges
war der Fakt, das sie nie auch nur für einen Moment an sich
selbst dachten. Sie haben sehr aufrichtig auf ihr eigenes Sein
verzichtet, es der Sache Gottes zum Geschenk machend. Gott hat
darauf geantwortet, indem er ihnen Unsterblichkeit gab und
ihnen ewigen Ruhm schenkte.
[33] „Nahj Al-Balaghah“, Predigt 159
[34] Bihar Al-Anwar, Band IV