Imam Husains (a.) Imamat
Wie sein großer Vater war auch Imam Husain (a.s.) ein
furchtloser Soldat. Er war von einer so übermächtigen
Leiden-schaft für die Wahrheit erfüllt, daß er nie auch nur
den gering-sten Kompromiss mit der Falschheit einging. Darin
unterschied er sich nicht von seinem älteren Bruder Imam
Hassan (a.), der sich entsprechend seiner Zeit für die
Wahrheit einsetzte.
Imam Hussain (a.s.) war ein junger Mann von zwanzig Jahren,
als Osman Kalif wurde. Bald darauf begann der Nordafrika
Feldzug. Imam Hassan (a.s.) und Imam Hussain (a.) nahmen an
diesem Einsatz auf Gottes Weg teil. Sie schlossen sich dem
Heer an, das Tabristan eroberte.
An allen Schlachten während Imam Alis (a.) Kalifat hatte
Imam Hussain (a.s.) bemerkenswerten Anteil. Er kämpfte tapfer
in den Schlachten von Dschamal, Siffin und Nachrawan.
Der auffallendste Zug an Imam Hussain (a.) war seine
Leidenschaft für die Vereinigung mit Allah. Die letzte Nacht
seines irdischen Lebens verbrachte er in Gebet und
inbrünstigen Bitten. Am nächsten Tag, selbst mit dem Tod vor
Augen, vergaß er doch nicht seine Gebete. So zeigte Imam
Husain (a.s.) durch sein unsterbliches Beispiel, daß ein
Muslim stets um die geistlichen Dinge bemüht sein sollte, auch
durch und mit den Gegebenheiten dieser Welt.
Die Geschichte der Menschheit ist eine Kette erfolgreicher
und gescheiterter Revolutionen. Eine folgt auf die andere, die
dann wieder von einer nachfolgenden verdrängt wird. Immer
waren Revolutionen ein Werkzeug der Entwicklung und ein
sicheres Zeichen dafür, dass ein Wandel geschieht. Prophet
Muhammads (s.) Botschaft war ihrem tiefsten Sinn nach ein Wort
der Revolution. Sie gab der Menschheit eine neue Vision, einen
neuen Daseinszweck; sie war die Botschaft von Frieden, gutem
Willen, von Liebe und Duldsamkeit, in einer Gesellschaft, in
der Hass, Korruption und Machtgier überwogen. Sie ging über
alle sozialen, kulturellen und geographischen Grenzen hinaus.
Diese Botschaft sagte, daß alle Menschen eins sein sollten,
da doch alle im selben Schöpfer ihren Ursprung haben. Und so
schwer es auch war, es gelang Muhammad (s.) doch, eine
Gesellschaft zu schaffen, die sich auf den Werten gründete,
die er predigte. Aber innerhalb einer kurzen Zeitspanne von
weniger als einem halben Jahrhundert nach seinem Tode zerfiel
die Gesellschaft, die er geplant hatte, und die Werte, die ihm
teuer waren, gingen verloren. Durch sorgfältige Manipulation
und hinterlistige Planung griffen diejenigen, die bereits zu
seinen Lebzeiten gegen ihn gewesen waren, nach der Macht. Ihre
Regierung war eine Herrschaft des Schreckens. Die grausame
Gewaltherrschaft der Omajjaden konzentrierte sich darauf, das
islamische Rechtswesen systematisch zu zerschlagen.
Es schien, als ob niemand imstande sei, die Unterdrücker
herauszufordern. Die Lage verlangte rasches Handeln, sonst
würde die Scharia, die vom Propheten Muhammad (s.) aufgebaute
Ordnung zugrundegehen und alle Opfer, die dafür gebracht
worden waren, wären vergebens.
Wenn Muhammads (s.) Botschaft richtig war, dann musste
jemand Widerstand leisten. Imam Husain (a.s.), der Enkel des
Propheten, erhob sich gegen das Unrecht. Yazid der
Omajjadenherrscher verlangte von ihm, er solle seine
Ergebenheit beweisen und das antiislamische Regime gutheißen.
Aber nein! Nicht Imam Husain (a.)! Yazids Heer umzingelte ihn,
in der Wüste von Kerbela. Er verlor seine Freunde und seine
Familie, alle wurden vor seinen Augen niedergemetzelt. Dann
stand er ganz allein da; körperlich völlig erschöpft, mager
und gealtert, bleich und dünn im Sand von Kerbala, es war eine
verwegene heroische Tat. Dazu brauchte es mehr als robuste
Willenskraft, mehr als ausdauernde Vitalität, mehr als einen
unbeugsamen Willen, mehr als Geduld; das erforderte einen
festen Glauben: An diese Sache und an Allah, einen Glauben,
der das Fundament des Islam ist. Er wurde erbarmungslos
umgebracht, aber sein Auftrag hat überlebt, die Revolution
Muhammads (s.) lebte wieder auf. Die Hoffnung ist zu neuem
Leben erwacht, die Massen wurden wieder ermutigt. Mit dem Mord
an Imam Hussain (a.) und dem Raub an dessen Familie bestätigte
Yazid seine eigene Niederlage. Mehr als dreizehn Jahrhunderte
sind darüber vergangen, und immer noch ist Imam Hussain (a.)
die Quelle der Inspiration für die gesamte Menschheit.