Historische Dimension
Die Entwicklung der Gesellschaft im geschichtlichen Ablauf
ist kein materialistisches Phänomen. Nicht alle Bewegungen im
Dasein können einer rein stofflichen Erklärung unterzogen
werden.
Gesellschaft und Geschichte- wie auch die Natur und der
Mensch - folgen höheren, geistigen Gesetzen. So sind alle
Vorgänge eingebunden in einen allumfassenden, göttlichen Plan.
Nichts passiert, was nicht einen tieferen Sinn hätte, weil
alle Geschehnisse im Grunde auf ein Ziel - nämlich Gott -
ausgerichtet sind. Die Gesellschaft ist wie der Mensch eine
lebendige Einheit. Sie besitzt Leben und Tod, Vervollkommnung
und Niedergang. Die Gesellschaft unterliegt einer ständigen
Veränderung im Rahmen der göttlichen Normen.
Wenn aber eine Gesellschaft diesen Rahmen sprengt und damit
die allesdurchdringenden göttlichen Gesetzmäßigkeiten
überschreitet, ist ihr Niedergang unaufhaltsam:
»Jedem Volk ist eine Frist gesetzt; und wenn seine Frist
abgelaufen ist, dann kann es sie keine Stunde hinauszögern
noch vorziehen.« (Sure 7, 34)
Durch die Auswanderung sollen die Menschen zu dieser
Einsicht gelangen: Wenn der Auswanderer offen ist für die
Faktoren, die zum Aufstieg oder Fall anderer Kulturen geführt
haben, kann er diese Erkenntnis zum Wohle seiner eigenen
Gesellschaft nutzen. Der Muslim ist ständig herausgefordert,
gesellschaftliche Zwänge zu überwinden und sich nur einer Norm
- nämlich Gott-zu unterwerfen. Die Gläubigen dürfen sich nicht
zu Gefangenen einer islamfeindlichen Ordnung machen. Sie sind
aufgerufen, ihre Gesellschaft in Richtung der göttlichen Werte
voranzubringen. Werden sie daran gehindert und bleibt ihnen
keine andere Möglichkeit, sollen sie anderenorts versuchen,
diese Verpflichtung zu erfüllen. Auswanderung, so interessant
und Bewußtseinserweiternd sie auch sein mag, ist immer mit
Unannehmlichkeiten verbunden. Diese Schwierigkeiten jedoch
werden von den Auswanderern bewußt auf sich genommen: kraft
ihres unerschütterlichen Glaubens an Gott geben die »Muhajirun«
ihr Eigentum und vertrautes Leben auf. Ihr Bemühen bleibt
nicht ohne Antwort: »Die Armen unter den Auswanderern, die aus
ihrer Heimat vertrieben und von ihrem Besitz getrennt worden
sind und nur auf die Gnade Gottes und auf Sein Wohlgefallen
hoffen und Allah und Seinem Gesandten beistehen, das sind die
Wahrhaftigen.« (Sure 59, 8)
»Glaube versetzt Berge!« Dies ist eine Tatsache, die der
Auswanderer auf dem Wege Gottes verdeutlicht. Sein Glaube ist
stärker als alle seine Bindungen an Heimat, Zuhause, Familie,
Reichtum und Bequemlichkeit. Für Gerechtigkeit, Freiheit und
Frieden ist er bereit, alles aufzugeben. Er schöpft Energie
aus seinem Glauben, der ihn zum unerschrockenen Kampf gegen
alle unheilbringenden Elemente antreibt.