Vorwort
Im Namen Gottes, des Gnädigen, des Barmherzigen!
»Jihad«*, ein arabisches Wort, das für die »permanente
Auseinandersetzung des Gläubigen mit dem Bösen in der Welt«
steht, wird bis zum heutigen Tag irrtümlich dem Begriff
»Heiliger Krieg« gleichgesetzt.
Es ist unser Anliegen, diese Polemik des Abendlandes an
einem zentralen islamischen Begriff zu entkräften, um ein
Vorurteil zu beseitigen, das in schlimmer Weise auch für die
Politik des Neokolonialismus missbraucht wurde. Vielfach wurde
und wird versucht, die islamische Lehre dadurch zu entstellen,
daß ihre äußeren Aspekte zwar beibehalten, ihre eigentlichen
Inhalte aber verschwiegen oder sogar gänzlich ihres Sinnes
beraubt werden: so wird beispielsweise »Jihad« - dieses
allumfassende Ringen um Gerechtigkeit und Wahrheit- als
»Heiliger Krieg« missinterpretiert. Ferner soll gezeigt
werden, daß der Islam eine Religion des Friedens ist, wie sich
die Begriffe »Islam« und »Salam«, Friede, auch von derselben
arabischen Wurzel herleiten lassen. Damit liefert die
vorliegende Broschüre einen Beitrag zur aktuellen und
weltweiten Friedensdiskussion aus muslimischer Sicht und
versucht, von einem großen historischen Missverständnis zur
Beantwortung der allgemeinen Friedensfrage zu kommen, um damit
den Beweis für die im Islam enthaltene lebendige Kraft zur
Sicherung, Erhaltung und Verwirklichung des Friedens zu
leisten. Das Prinzip »Jihad« basiert auf der Menschlichkeit
und stellt eine sinnvolle Alternative zu dem extrem
eigennützigen Politisieren in Ost und West dar.
Die vorliegende Broschüre ist aus einer Serie von
Freitagsansprachen entstanden und versucht, sich mit dem
vielschichtigen Begriff »Jihad« aus verschiedenen Blickwinkeln
auseinanderzusetzen. Für die Bemühung im Zusammenhang mit der
Bearbeitung der Broschüre danke ich allen Beteiligten und
wünsche ihnen weiterhin Gottes reichen Segen.
Muhammad Moghaddam
Imam des Islamischen Zentrums Hamburg
Zul Hijja 1404, September 1984
*»Jihad«: Das in der Umschrift verwendete »J« in den
arabischen Begriffen ist im Deutschen wie ein »dsch« zu
verwenden.