Meinungsfreiheit oder Massenbeleidigung - "Die Satanischen Verse" - Symbol der westlichen Literatur?

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1989 n.Chr.

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Meinungsfreiheit oder Massenbeleidigung - "Die Satanischen Verse" - Symbol der westlichen Literatur?

Es gibt keine so große Armut wie die Unwissenheit. (Imam Hassan al-Mudjtaba (a.))

Das deutsche Gesetz und die Politik

Es sollte jedem wahrheitsliebenden Menschen möglich sein, auch unabhängig von dem verhängten Todesurteil, Rushdies Buch objektiv zu betrachten. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, daß das westliche bzw. deutsche Wertesystem, verankert im Grundgesetz und in den allgemeinen Menschenrechten, nicht die Pressefreiheit an erster Stelle, sondern die Würde des Menschen, die Würde des einzelnen Menschen als höchsten zu schützenden Wert betrachtet: Artikel 1 GG: (1) "Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlicher Gewalt."

Auch die Presse- und Meinungsfreiheit in Artikel 5 GG hat sich diesem ersten Artikel unterzuordnen, denn die Pressefreiheit ist kein Wert als solcher, sondern hat nur dann einen Sinn, wenn sie für die Wahrung der Menschenwürde eingesetzt wird. Der Glaube aber ist unbestreitbar Bestandteil der Würde des Menschen. Rushdie hat es sich erlaubt, die Würde der heiligsten Menschen aller Weltreligionen mit Füßen zu treten. Er hat mit seinem Buch Rufmord an den heiligsten Persönlichkeiten der menschlichen Geschichte begangen.

Wenn auch im Westen zahlreiche Entwürdigungen durch die Medien von den meisten Menschen geduldet werden, so kann das nicht von allen Menschen auf der Welt erwartet werden. Mehr als eine Milliarde Menschen fühlen sich mit ihrem ganzen Herzen dem Propheten Gottes verbunden. Viele von ihnen wären bereit, ihr eigenes Leben für ihren Glauben zu opfern, wenn es nötig wäre. Mehr als eine Milliarde Menschen betrachten die Frauen des Propheten Muhammad (s.) als ihre eigenen Mütter, gemäß der Anweisung des Heiligen Quran: "Der Prophet steht den Gläubigen näher als sie sich selber, und seine Frauen sind ihre Mütter" (Heiliger Quran, Sure 33/6)

Mit welchem Recht darf jemand in der westlichen Welt die Würde der Mütter so vieler Menschen in den Dreck ziehen? Mit welchem Recht darf ein Autor den obersten Wert der westlichen Zivilisation, die unantastbare Würde des Menschen, derart erschüttern? Haben aus hiesiger Sicht die Gesandten Gottes und ihre ehrwürdigen Familien nicht einmal die gleiche unantastbare menschliche Würde, wie jeder andere Mensch?

Obige Problematik wurde von den Medien größtenteils ignoriert und kam, wenn überhaupt, lediglich als Leserbrief zum Ausdruck: "Ein Appell führender Schriftsteller an ihren Kollegen (Rushdie), das Buch so umzuschreiben, daß die Mitglieder einer Weltreligion die Würde ihres Glaubens respektiert sähen, könnte manches wieder ins Lot bringen. Es wird aber so lange ausbleiben, wie die Freiheit der Kunst als Götze verabsolutiert wird. Jede Freiheit wird aber begrenzt durch das Recht und die Freiheit des Anderen. Diese verantwortlich zu respektieren ist ein Teil der richtig verstandenen Freiheit" (Leserbrief von Prof. Dr. Armin Saam in FAZ 6.3.89). Die Würde des Menschen und der Gläubigen sind nicht nur ganz allgemein durch die Verfassung geschützt.

Auch das deutsche Strafgesetzbuch behandelt diese Thematik. Im §166 StGB heißt es unter: "Beschimpfung von Bekenntnissen, Religionsgemeinschaften und Weltanschauungen: "(1) Wer öffentlich oder durch Verbreitung von Schriften den Inhalt des religiösen oder weltanschaulichen Bekenntnisses anderer in einer Weise beschimpft, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft." Ist dieser Tatbestand nicht schon längst erfüllt? Warum dürfen deutsche Buchläden die Originalausgabe von Rushdies Buch ungeniert verkaufen? Und warum wurde die Veröffentlichung der deutschen Übersetzung nicht untersagt? Gilt obiges Gesetz nicht für die Beschimpfung des Islam? Es ist daran zu erinnern, daß Hetzschriften jeglicher Form gegen das Judentum massiv bekämpft werden. Warum dürfen aber Hetzschriften gegen den Islam verfaßt, veröffentlicht und verbreitet werden? In keiner der Sondersendungen im deutschen Fernsehen über diese Affaire wurde auf dieses Gesetz hingewiesen; warum wurde dieses Gesetz verschwiegen?

Es sei erwähnt, daß ähnliche Artikel sowohl im österreichischen als auch im schweizerischen Gesetzbuch zu finden sind. Daß das oben zitierte bundesdeutsche Gesetz bisher nicht zur Anwendung kam, ist nur die Fortsetzung des Rechtstreits in England. Denn ein in Großbritannien existierendes Gesetz gegen Gotteslästerung wird offensichtlich nur für die anglikanische Kirche angewandt, nicht aber für den Schöpfer allen Seins. In Großbritannien werden im übrigen auch pornographische Bücher beschlagnahmt und verbrannt. Ist ein Buch, in dem eine homosexuelle Beziehung im anatomischen Detail geschildert wird, und in dem mehrere hundert pornographische Ausdrücke verwendet werden keine Pornographie? Ist Rushdies Roman, in dem Inzest, Nekrophilie und Sodomie beschrieben wird, etwa keine Pornographie?

Selbst in England zweifelten einige offizielle Stimmen an der Rechtmäßigkeit der Beleidigungen gegen den Islam. Im Juni 1989 ordnete der britische Richter Sir Michael Nolan an, in einem Grundsatzurteil klären zu lassen, ob das britische Blasphemie-Verbot nicht auch auf andere Religionen angewandt werden muß. Aus deutscher Rechts-Sicht mag das von Imam Khomeini verhängte Todesurteil nicht legitim sein. Aber legitimiert dieses Urteil die Mißachtung des ersten Artikels des Grundgesetzes und die Mißachtung des Strafgesetzbuches durch deutsche Verleger? Als man sich in Deutschland für die Veröffentlichung dieses Buches und damit für die weitere Verachtung der Menschenwürde von Gottesgesandten eingesetzt hat, wurde dadurch nicht gegen die eigenen Prinzipien, nämlich der Wahrung der Würde des Menschen, verstoßen?

Der aufmerksame Beobachter der Ereignisse wird vermissen, daß bis heute kein deutscher Politiker, keine offizielle Stelle in Deutschland sich in irgendeiner Form vom Inhalt des Buches Rushdies ernsthaft distanziert hat. So ist es zu verurteilen, daß kein Politiker für die Wahrung der Würde so vieler betroffener Menschen eingetreten ist, und kaum eine bedeutende Persönlichkeit in der westlichen Welt den Inhalt des Buches angeklagt hat. Vielmehr sehen die Muslime, daß auch deutsche Politiker (z.B. Bundes-Arbeitsminister Norbert Blüm) bereit waren, ihren Namen für die Veröffentlichung des Buches zur Verfügung zu stellen. Die Haltung deutscher Verleger, Autoren, Politiker und vor allem der Medien kann die Muslime nur darin bestärken zu vermuten, daß hier eine Art neuer Kreuzzug gegen den Islam mit den modernen Methoden der Medien geführt werden soll.

Daß die Medien im Bedarfsfall auch Beleidigendes bekämpfen können, wird an der Haltung einiger Fernsehanstalten zu einem Video-Clip der berühmtesten westlichen Popsängerin Madonna deutlich. In einem von "Warner Brothers" produzierten Video tanzt die Pop-Sängerin Madonna im Spitzennegligé zwischen brennenden Kreuzen und läßt eine Christusstatue erweichen, welche daraufhin vom Altar steigt und sie küßt. In einer anderen Szene bringt Madonna sich an den Händen die Wundmale des Gekreuzigten bei. Zwei öffentlich rechtliche Fernsehanstalten, nämlich der Bayerische Rundfunk und der Westdeutsche Rundfunk beschlossen, in ihrem Sendegebiet das umstrittene Madonna-Video nicht auszustrahlen.

Aus muslimischer Sicht ist es schon interessant zu sehen, wie dieselben Medien, die für die zügellose Verbreitung der "Satanischen Verse" eintraten, die Ausstrahlung eines das Christentum beleidigenden Videos verbieten. Wie ist eine derartige Doppelmoral zu verstehen?

Daß auch deutsche Gerichte Gotteslästerung verhindern können, zeigt ein Urteil vom 29. Juni 1989, gefällt in Schleswig-Holstein. Das Gericht entschied, daß das Wort "Gott" als Vorname nicht zulässig ist, wie es eine Familie für ihren Sohn verwenden wollte. Ein Indiz dafür, daß auch westliche Künstler sich selber korrigieren können, lieferte die französische Chansonette Veronique Sanson: Sie nahm ein Lied mit dem Titel "Allah" aus ihrem Repertoire.

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