Meinungsfreiheit oder Massenbeleidigung - "Die Satanischen Verse" - Symbol der westlichen Literatur?

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1989 n.Chr.

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Meinungsfreiheit oder Massenbeleidigung - "Die Satanischen Verse" - Symbol der westlichen Literatur?

Allah wünscht nur Unreinheit von euch zu nehmen, ihr Angehörigen des Hauses (des Propheten) und euch rein und lauter zu machen. (Heiliger Quran 33/33)

Das islamische Recht (Scharia) und die Muslime

Nach dem Waffenstillstand der Islamischen Republik Iran mit dem irakischen Kriegsverbrecher "Saddam", hofften die westlichen Polit-Strategen, endlich ihr Ziel erreicht zu haben, Imam Khomeini nun auch in der islamischen Welt zu isolieren. Diese Wunschvorstellung drückt der Kommentator einer Tageszeitung wie folgt aus: ".. dürfen wir Khomeini nicht für die Stimme des Islam halten" (Hmb.Abendbl. 18.2.89). Genau das Gegenteil aber mußten sie feststellen, als mehr denn je Muslime in aller Welt für die Fatwa (Richterspruch) Imam Khomeinis auf die Straßen gingen und demonstrierten. In Pakistan und Indien gab es sogar Dutzende von Märtyrern bei den Demonstrationen. Sicherheitskräfte hatten wahllos auf Demonstranten geschossen, um die britische Botschaft in Islamabad abzuschirmen. Die weltweiten Reaktionen der Muslime nach der Fatwa von Imam Khomeini manifestieren ihre Verbundenheit mit dem Islam und den islamischen Wertvorstellungen. Es gab kaum ein Land mit muslimischer Bevölkerung, in dem nicht gegen das Buch und seinen Autor protestiert wurde. Daneben gab es auch viele Protestaktionen der Muslime in der westlichen Welt, wie z.B. die Großdemonstrationen in den USA, England und Deutschland. Zahlreiche große islamische Gelehrte aus verschiedenen Ländern, wie z.B. Scheich Abdurrahman aus Ägypten, Scheich Fadhlullah und Scheich Shaban aus dem Libanon, Maulana Buchari aus Indien, Maulana Hussain Naeemi und Seyyed Ali Naqavi aus Pakistan sowie zahlreiche andere, unter den Muslimen sehr angesehene, aber von westlichen Medien ignorierte Gelehrte des Islam, bekräftigten die Fatwa gegen Rushdie. Aber auch im Westen bekannte und populäre Muslime, wie z.B. Yusuf Islam (Cat Stevans), stellten sich hinter das Urteil gegen Rushdie. Dafür werden seither Yusuf Islams Platten von zahlreichen US-Radiosendern boykottiert: Seine Platten wurden sogar vom Discjockey des Senders KRTH in Los Angeles öffentlich zerschmettert (Die Welt 6.3.89).

Die für den Westen unerwartete Einheit in der Haltung der Muslime führte dazu, daß in den Medien absolute Lügenmärchen verbreitet wurden. So hieß es z.B. in den deutschen Medien, daß sich ein Sprecher von 1,7 Millionen in Deutschland lebender Muslime von dem Urteilsspruch Imam Khomeinis distanziert hätte. In Wirklichkeit aber handelte es sich um den Sprecher einer völlig bedeutungslosen Splittergruppe mit einer Handvoll Mitglieder. Von kaum einem der großen islamischen Zentren ist eine Opposition gegen die Fatwa bekannt. Vielmehr wurde auch in Deutschland das Todesurteil unterstützt, wenn auch aufgrund der bundesdeutschen Rechtslage nicht öffentlich dafür Stellung bezogen werden konnte.

Für jeden Muslim ist aber vor allem zuerst Gottes Gesetzgebung maßgebend und steht über jeder von Menschen erfundenen Gesetzgebung, unabhängig davon, wo sich der Muslim befindet. Eine Legislative im westlichen Sinne, die nach dem Interesse der Geld- bzw. Machthaber funktioniert, kann es im Islam nicht geben. Die Rechtslage aus islamischer Sicht ist, wie noch zu zeigen sein wird, klar.

Das islamische Recht, die Scharia, ist ein Gesetzwerk, dessen detailliertes Verständnis ein viel intensiveres Studium bedarf, als z.B. die Gesetzgebung eines westlichen Landes. Es ist viel leichter, Verfassungsrichter in der Bundesrepublik zu werden, als ausgebildeter Richter des Islam. So ist es auch kaum verständlich, daß neben einigen muslimischen Laien auch zahlreiche Nicht-Muslime, die in juristischen Angelegenheiten völlig unkundig sind, nur weil sie irgend eine Beziehung zu den Muslimen haben, sich anmaßen, islamische Urteile zu fällen. Diese Anmaßung wäre vergleichbar mit einem Germanistikstudenten im Ausland, der anfängt, Verfassungsurteile für Deutschland zu fällen; so etwas Absurdes wäre nicht akzeptabel.

Doch trotz der Vielschichtigkeit und des großen Umfangs des islamischen Rechtssystems, kann in diesem Fall auch ein Laie das Urteil aus islamischer Sicht bei hinreichender Information zumindest nachvollziehen, denn die Haltung des Islam zum Fall Rushdie ist eindeutig und unmißverständlich. Dennoch darf nicht jeder Muslim, wie schon erwähnt, einen Richterspruch fällen. Dafür bedarf es eines langjährigen Studiums des Islam und seiner Gesetzgebung. Nur ein Gelehrter, der den hohen Rang eines Mudschtahid erlangt hat, darf ein derartiges Urteil fällen, denn es handelt sich um eine Art Grundsatzurteil. Mudschtahid ist ein Gelehrter, welcher befähigt ist, das islamische Recht auf die allgemeinen Fragestellungen der Zeit anzuwenden.

In einer Zeit, in der ein islamischer Staat existiert, sind die Muslime an Urteilssprüche von der Führung des islamischen Staates gebunden. Jede islamische Verordnung steht im Gesamtzusammenhang aller islamischen Gesetze und Gebote und ist, in diesem Gesamtzusammenhang betrachtet, ein Ausdruck der Barmherzigkeit Gottes für die Menschheit. Ein einfaches Gleichnis aber zeigt, was geschieht, wenn Einzelheiten aus dem Gesamtzusammenhang gerissen werden: Einer der wohl schönsten Teile im menschlichen Gesicht ist sein Auge. Sowohl das Gesicht, als auch das Auge wirken zusammen schön. Wird das Auge jedoch herausgerissen, so wirkt das Auge genau so abschreckend, wie das Gesicht. In manchen Fällen der islamischen Rechtsprechung kann es ähnlich wirken. Zwar ist die islamische Lehre und ihre Gesetzgebung im Gesamtzusammenhang schön, jedoch können Details der Lehre aus dem Gesamtzusammenhang gerissen für Nicht-Muslime unverständlich und möglicherweise auch abschreckend wirken.

Es ist an dieser Stelle nicht möglich, den umfangreichen Gesamtzusammenhang der islamischen Rechtsprechung darzulegen. Deswegen kann hier nur die bloße Darlegung der für die Gesetzgebung im Fall Rushdie relevanten Texte durchgeführt werden. Der Fall Rushdie kann nach der islamischen Rechtsprechung aus mindestens zwei Aspekten betrachtet werden. Zum einen handelt es sich bei dem Autor um einen sogenannten Murtad, d.h. jemanden, der öffentlich vom Islam abgefallen ist und diesen nun bekämpft, zum anderen handelt es sich bei dem Buch um eine Kampfansage gegen Gott und seine Propheten. Was den Murtad (Apostat) angeht, so betrifft ihn u. a. folgender Quran-Vers: "Wer aber die Gnade Allahs vertauscht nachdem sie zu ihm gekommen, dann siehe Allah ist streng im Strafen" (Heiliger Quran 2/211) Die Erläuterung ist in den Überlieferungen dokumentiert. In allen verbreiteten Überlieferungsbüchern unter den Muslimen stehen von allen Muslimen als authentisch eingestufte Überlieferungen des Propheten Muhammad (s.), wonach ein Murtad (Apostat) die Todesstrafe erhält (siehe u.a. Kulaini, Tusi, Saduq, Muslim, Buchari, Tirmizi und Abu Davud). Es sei vermerkt, daß nicht jeder aus sich heraus bestimmen kann, wer ein Murtad (Apostat) ist und wer nicht. Das obliegt dem ausgebildeten Richter. Daran, daß Rushdie ein Murtad ist, kann es allerdings keinen Zweifel geben, da er sich offen dazu bekennt, Atheist zu sein (FAZ 17.2.89). Trotz dieses klaren Bekenntnisses von Rushdie zur Apostasie, geht aus Imam Khomeinis Fatwa nicht hervor, daß dieser Tatbestand Einfluß auf das Urteil hatte, denn die Begründung Imam Khomeinis für das Todesurteil gegen Rushdie ist, wie noch zu sehen sein wird, eine andere.

Die Strafe für den Kampf gegen Gott und den Propheten wird u.a. abgeleitet aus dem Quran-Vers: "Siehe, der Lohn derer, welche Allah und seinen Gesandten bekämpfen und Verderben auf der Erde betreiben, ist nur der, daß sie getötet oder aufgehängt oder an Händen und Füßen wechselseitig verstümmelt oder aus dem Lande vertrieben werden. Das ist ihr Lohn hienieden, und im Jenseits wird ihnen schmerzliche Strafe zuteil. Außer jenen, welche bereuen, bevor ihr sie in eurer Gewalt habt." (Heiliger Quran 5/33-34) Noch konkreter den Fall Rushdie betreffend ist folgender Vers: "Wer immer ein Feind Allahs ist und seiner Engel und seiner Gesandten und Gabriels und Michaels, gewiß Allah ist Feind der Ungläubigen." (Heiliger Quran 2/98) Derartige Menschen bezeichnet der Prophet des Islam als "mahdur-ud-dam"; das heißt, als Mensch, dessen Blut vergossen werden muß. Bei derart verurteiligungswürdigen Menschen spielt es keine Rolle, ob sie vorher Muslim waren oder nicht. Die Beispiele aus dem für alle Muslime vorbildhaften Leben (der Sunna) des Propheten zu solchen Fällen sind zahlreich; im folgenden ein markantes Beispiel: Als nach langer Unterdrückung und Folter der Muslime in Mekka die Stadt vom Propheten befreit wurde, sprach der Prophet eine Generalamnestie gegen die mekkanische Bevölkerung aus. All die Nicht-Muslime, die vorher Muslime geschändet, beraubt oder gar getötet hatten, kamen ohne Bestrafung davon. Nur neun Personen waren von dieser Amnestie ausgeschlossen. Unter ihnen waren fünf Dichter und Schauspieler, die aufgrund ihrer Beleidigungen gegen den Islam hingerichtet wurden. Während Mörder ungestraft davonkamen, wurden Rufmörder in schweren Fällen bestraft. Dieses dokumentiert erneut unmißverständlich, daß der Angriff gegen den Glauben im Islam eine größere Straftat darstellt, als der Angriff gegen die körperliche Unversehrtheit (Die Überlieferung zum Geschehnis findet sich u.a. in Tarih-e-Yakubi). So war auch dem ehemaligen Libanon-Korrespondenten des ARD Marcel Pott bekannt, daß der Prophet Dichter hinrichten ließ, die den Islam verächtlich gemacht hatten (Presseclub 26.2.89).

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