Meinungsfreiheit oder Massenbeleidigung - "Die Satanischen Verse" - Symbol der westlichen Literatur?

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1989 n.Chr.

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Meinungsfreiheit oder Massenbeleidigung - "Die Satanischen Verse" - Symbol der westlichen Literatur?

Wenn die Menschheit vorher unbekannte neue Sünden erfindet, schickt Allah auch vorher unbekannte Drangsal (Imam Musa al-Kazim (a.))

Die deutsche Ausgabe

Die Rechte für die deutsche Ausgabe der "Satanischen Verse" hatte der Verlag Kiepenheuer & Witsch gekauft. Reinhold Neven Du Mont, Entscheidungsträger beim Verlag, stornierte die deutsche Ausgabe nach dem Urteil gegen Rushdie und begründete dies mit der Angst um die Gesundheit der Verlagsmitarbeiter. Dafür mußte er sich herbe Kritik von Autoren wie Enzensberger anhören. Doch wurde seine Entscheidung eine Art Befreiungsschlag für die deutsche Politik. Es wurde Zeit gewonnen - Zeit, um möglicherweise zu einer gegenüber den Muslimen würdigen Haltung zu gelangen. Allerdings wurde diese Zeit nicht sinnvoll genutzt.

Nach erster Verwirrung und einigem hin und her hatten sich über 90 deutsche Verlage gefunden, die ursprünglich nach eigenen Angaben im Herbst 1989 die deutsche Übersetzung herausbringen wollten; und zwar rechtzeitig zur Frankfurter Buchmesse. Die Gemeinschaft der Verlage gründete einen neuen Verlag mit dem Namen "Verlag Artikel 19". Der Name bezieht sich auf den Meinungsfreiheitsartikel in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte. "Zeitgleich bringt Bertelsmann den Rushdie-Roman als Buchclub-Ausgabe heraus" (Stern 29.6.89).

Das Buch befand sich im September 1989 bereits außerhalb Deutschlands im südlichen Europa im Druck. Nach dem Druck wurde die Auflage vorerst in ein Nachbarland Deutschlands transportiert und dort deponiert. Die Veröffentlichung der deutschen Ausgabe auf der Frankfurter Buchmesse wurde Wochen vor der Messe storniert. Die Veranstalter sowie die Verantwortlichen der Stadt befürchteten einen Anschlag. Um hinreichende Schutzmaßnahmen treffen zu können, hätte das Gelände noch viel aufwendiger abgeriegelt und bewacht werden müssen, als es ohnehin der Fall war. So viel war den Verantwortlichen das Buch Rushdies wiederum auch nicht wert. So wurde die Veröffentlichung noch einmal verschoben.

Die Auslieferung begann kurz nach der Buchmesse. Der Verlag agierte dabei wie eine kriminelle Organisation, die etwas zu verbergen hat. So gibt es lediglich ein Postfach in Verl (Westfalen), über welches Kontakt mit dem Verlag aufgenommen werden kann. Auf der Frankfurter Buchmesse mußten dennoch gravierende Sicherheitsvorkehrungen getroffen werden, da sich nicht alle Verlage an die Zurückhaltung der Deutschen hielten. Zwar gab es das Buch auch nicht auf dem Stand des Herausgebers Penguin, doch ein norwegischer Verlag tanzte aus der Reihe und wollte auch öffentlich die Muslime brüskieren.

Es ist schon grotesk, daß für die fanatische Aufrechterhaltung der "Freiheit zur Beschimpfung" der freiheitliche Besuch einer Buchmesse maßgeblich durch Sicherheitsvorkehrungen eingeschränkt wird - etwas Einmaliges bei der Buchmesse. Ebenfalls einmalig war der Ausschluß eines Landes von der Buchmesse. Iranischen Verlagen wurde die freie Meinungsäußerung verweigert. Nach Aussagen der Messedirektion wurde bei keinem anderen Land so etwas erwogen! Das heißt: Verlage aus dem Staat Israel, welcher unaufhörlich Kinder ermordet, Menschen entführt und Unschuldige, darunter auch Autoren und Dichter, in fremden Ländern bombardiert, durften die Buchmesse zur Selbstdarstellung nutzen. Auch alle Verlage, welche sich für die Freiheit der Beleidigung einsetzen, konnten ausstellen. Und nicht zuletzt dürfen auch die Verlage aus dem Apartheidsstaat in Südafrika, der in aller Weltöffentlichkeit einen menschenverachtenden Rassismus betreibt, die Frankfurter Buchmesse als Plattform zur freien Verachtung der hohen Werte der Menschlichkeit nutzen, um weiterhin für die Klassifizierung der Menschen nach ihren Hautfarben zu werben. Nur denjenigen ist die Buchmesse verwehrt, welche sich für die Verteidigung der Menschenwürde vor Angriffen des sogenannten freien Wortes einsetzen.

Die Veranstalter der Buchmesse appellierten an den Iran, das Todesurteil gegen Rushdie aufzuheben, ohne die fortwährende Entwürdigung der Muslime zu verbieten. Auch die Medien wollten nicht ablassen, den Feldzug gegen die Muslime im Rahmen der Buchmesse fortzuführen. Sie bemerkten dabei nicht einmal, wie sehr sie auch die von ihnen verehrten Autoren entwürdigten. So wurde in zahlreichen Medien Vaclav Havel, einer der Autoren der tschechischen Befreiungsbewegung mit Rushdie verglichen. Während der eine in seinem eigenen Land für die Verwirklichung der Menschenrechte eintrat und sich mit dem Volk verbündete, wofür er Repressalien hinnehmen mußte und oft im Gefängnis schrieb, suhlte sich der andere in seinem Reichtum und nutzte den Schutz von Regierungen, um die Dichtung gegen große Volksmassen zu mißbrauchen. Aber Havel hat es wohl nicht besser verdient, zumal auch er sich selbst in seiner auf der Frankfurter Buchmesse verlesenen Rede mit Rushdie auf eine Stufe setzt. Gleichzeitig bezichtigt er den großen Propheten Jesus (a.) als "geistigen Urheber der Kreuzzüge".

Es scheint, als wenn sich die Feinde der Propheten Gottes aus allen Ecken der Welt zusammenfinden, um zu versuchen, Gottes Worte zu bekämpfen. Der Zusammenschluß der über 90 deutschsprachigen Verlage, um gemeinsam einen Anschlag gegen den Islam verüben zu können, erinnert an die Ereignisse kurz vor der Auswanderung des Propheten des Islam von Mekka nach Medina. Die Feinde des Islam hatten beschlossen, den Propheten umzubringen. Damit keine Sippe die Last der zu erwartenden Vergeltung alleine zu tragen hatte, entschieden sie, daß gleichzeitig ein Vertreter jeder Sippe mit einem Speer auf den schlafenden Propheten hinterrücks zustoßen sollte. Damals hatten es die Feinde auf den Körper des Propheten abgesehen, um seine Lehre im Keim zu ersticken. Heute haben es die Feinde auf die Ehre und Würde des Propheten abgesehen. Auf Gottes Geheiß bat der Prophet seinen treuesten Anhänger, den Fürst der Gläubigen Ali Ibn Abi Talib sich an seiner Stelle in das Bett zu legen. Doch fiel es dem Propheten sehr schwer, seinen liebsten Gefährten opfern zu müssen, da Gott, um den Propheten zu prüfen, ihm den Ausgang des Geschehnisses nicht mitgeteilt hatte. Es war für den Gesandten Gottes Muhammad (s.) auch eine Prüfung, vergleichbar der von Gott verlangten Opferung Ismaels als Prüfung für Abraham (a.). Imam Ali (a.) legte sich an des Propheten Stelle ins Bett, während der Prophet unbehelligt die Stadt verlassen konnte. Als die Feinde des Islam in das Zimmer des Propheten eintraten und die im Bett liegende Person gemeinsam erstechen wollten, wehrte Imam Ali (a.) mit seinem berühmten Schwert den Angriff ab und verletzte einige der Angreifer. Diese erkannten darauf, daß ihr Plan gescheitert war und flüchteten.

Nun war es Imam Khomeini, ein Nachkomme des Propheten Muhammad (s.) und seiner Tochter Fatima (a.), ein direkter Nachkomme Imam Alis (a.), der, solange er auf der Erde lebte, den Islam und den Propheten verteidigt hat. Und auch die neue Führung der islamischen Revolution, Imam Chamenei, das sei nebenbei erwähnt, ist ein Nachkomme des Propheten Muhammad (s.) und seiner Tochter Fatima (a.), ein Nachkomme Imam Alis (a.).

Von Anfang an gab es kaum einen Zweifel, daß die Androhung der deutschen Veröffentlichung verwirklicht werden würde, auch wenn viele Muslime auf die Einsicht der deutschen Verlage gehofft hatten. So müssen die deutschsprachigen Länder, insbesondere die Bundesrepublik wegen ihrer Vorreiterrolle möglicherweise mit ernsthaften wirtschaftlichen Konsequenzen von Seiten der Islamischen Republik Iran rechnen, auch wenn das erst langfristig deutlich werden dürfte. "Sollte sich nämlich der Konflikt mit Teheran weiter zuspitzen, drohen vor allem der deutschen Wirtschaft jene fetten Aufträge beim Wiederaufbau zu entgehen, mit denen sie bislang gerechnet hatte" (Spiegel 9/89, 27.2.89).

Die deutsche Ausgabe ist zu einem Schandfleck auf dem in der islamischen Welt von einem West-östlichen Divan eines Goethe geprägten Ansehen der deutschen Literatur geworden. Durch die Heroisierung eines literarisch betrachtet niveaulosen Buches schnitten sich die deutschen Literaten ins eigene Fleisch. Die zahllosen Autoren, die sich mit dem Beleidiger Rushdie solidarisiert haben, haben es bis auf wenige Ausnahmen bis heute versäumt, sich zumindest auch mit den Opfern Rushdies, den zig-Millionen Opfern der Beschimpfung, solidarisch zu zeigen. Besonnener klang da der Hinweis von Peter Scholl-Latour: "Man soll Salman Rushdie nicht verherrlichen", und zu den Beleidigungen in Rushdies Buch bemerkte Scholl-Latour: "das kann ich nicht als Heldentat empfinden" (ZDF Spezial 23.2.89).

Offen bleibt die Frage, warum überhaupt der für seine sonst Minderheiten schützende und ausländerfreundliche Haltung bekannte Verlag Kiepenheuer & Witsch das Buch herausbringen sollte. Denn bisher glänzte der Verlag eher durch Bücher wie z.B. Wallraffs Darstellung "Ganz unten". Eine Anfrage beim früheren Verlag Rushdies in Deutschland "Piper", welcher "Die Mitternachtskinder" herausbrachte, ergab, daß "Die Satanischen Verse" dem früheren Verlag gar nicht angeboten wurde. Kiepenheuer & Witsch gab vor, die Rechte an den Agenten zurückgegeben zu haben und damit nichts mit dem Fall zu tun zu haben. Doch gehört der Verlag auch heute noch zu der Gemeinschaft der Verlage, die das Buch herausbringt. Auf alle Fälle gibt es Probleme bei der Werbung für Rushdies Buch. Aus Angst vor möglichen Folgen weigerten sich fast alle Zeitungen in Deutschland, Anzeigen für die englische Ausgabe der "Satanischen Verse" abzudrucken. "Erstes Opfer dieses Boykotts ist der Hohnstorfer Antiquar Hans Heinrich Grewe, der beim Londoner Verlag Viking-Penguin 500 Exemplare des englischen Originals geordert hatte. Als der Buchhändler mit einem Inserat für den Rushdie-Titel werben wollte, hagelte es Absagen von 'FAZ' und 'Welt', von 'Süddeutsche Zeitung' und 'Frankfurter Rundschau'. "Es heißt, man wolle sich keinen Ärger einhandeln und habe Angst vor Übergriffen", sagt Grewe" (Stern 29.6.89). Wie ein Diebesgut muß das Buch unter vorgehaltener Hand gehandelt werden.

Den Muslimen in den nicht englischsprachigen Ländern wie im Iran aber auch in Deutschland wurde vorgeworfen, sich zu empören, ohne das Buch gelesen zu haben. Das Durchlesen des Buches aber war gar nicht nötig, denn schließlich ging es den Muslimen nicht darum, eine Literaturkritik zu verfassen, sondern einen Anschlag gegen den Islam und die Muslime abzuwehren. Die Frage nach der Kenntnis des Inhalts des Buches ist nicht an die Muslime zu richten, da diese meist sehr umfassend über die infamen Beschimpfungen und schamlosen Beleidigungen im Buch informiert sind. Vielmehr war und ist die Frage an die deutschen und überhaupt an die westlichen Verleger, Autoren, Medienmacher und Politiker zu richten: Wie viele von ihnen kannten das Ausmaß von Rushdies Beschimpfungen, bevor sie sich selbst zum Hüter seines Buches erklärten?

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