Meinungsfreiheit oder Massenbeleidigung - "Die Satanischen Verse" - Symbol der westlichen Literatur?

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1989 n.Chr.

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Meinungsfreiheit oder Massenbeleidigung - "Die Satanischen Verse" - Symbol der westlichen Literatur?

Am Tage des Gerichtes wird die Tinte der (islamischen) Gelehrten gegen das Blut der Märtyrer aufgewogen werden. Die Tinte der Gelehrten wird schwerer wiegen. (Prophet Muhammad (s.))

Imam Khomeinis Fatwa

Imam Khomeini hat sich bei all seinen Handlungen strikt an die Weisungen des Islam gehalten, denn er lebte ausschließlich für den Islam und die Muslime. All sein Einsatz diente dazu die Muslime aus ihrer weltweiten Unterdrückung zu befreien und ihre islamische Ehre wiederherzustellen. In diesem Zusammenhang steht der Wortlaut seiner Fatwa (Richterspruch) gegen Rushdie:

"Im Namen des Erhabenen! 'Wir sind von Gott und zu ihm kehren wir zurück' (Heiliger Qur'an 2/156). Hiermit informiere ich die stolzen Muslime der Welt, daß der Autor des Buches 'Die Satanischen Verse', das gegen den Islam, den Propheten und den Qur'an gerichtet ist, und alle an seiner Veröffentlichung Beteiligten, denen sein Inhalt bekannt war, zum Tode verurteilt sind. Ich fordere die tapferen Muslime auf, sie unverzüglich zu töten, wo immer sie sie finden, damit niemand es jemals wieder wagt, die Heiligkeiten der Muslime zu beleidigen. Wer immer bei dem Bemühen, sie umzubringen, stirbt, wird Märtyrer werden, so Gott will. Wer den Aufenthaltsort des Autors kennt, selber aber nicht in der Lage ist ihn zu töten, soll ihn der muslimischen Öffentlichkeit bekanntgeben und behilflich sein, damit er (Rushdie) seine Strafe erhält. Und der Friede Gottes sei mit Euch und seine Barmherzigkeit und Gnade.

Ruhullah al-Musawi al-Khomeini 6. Radjab 1409"
(veröffentlicht am 14.2.1989)

Aus dem Wortlaut der Fatwa ergibt sich eindeutig, daß das Todesurteil unter anderem zum Schutze der Würde aller Heiligkeiten des Islam und als Präventivmaßnahme gegen zukünftige Angriffe dient. Die Fatwa ist ein Urteil gegen jemanden, der einen schweren Anschlag gegen die Muslime verübt hat. Ein Anschlag kann aus islamischer Sicht auch mit anderen Mitteln als konventionellen Waffen durchgeführt werden. Anschaulich wird das auch in der deutschen Sprache: Darin wird die Folge einer schweren Beleidigung als "tödlich verletzen" und eine Verleumdung als "Rufmord" bezeichnet. Rushdie hat sich schuldig gemacht, Millionen von Menschen tödlich verletzt, und an zahlreichen Heiligkeiten des Islam Rufmord begangen zu haben. Wie aus der Fatwa ersichtlich wird, ist nicht jeder Muslim zum Ausführer des Todesurteils delegiert: Diejenigen, die nicht in der Lage dazu sind, sollen den Verurteilten allerdings melden. Das ist eine Praxis, die für jedes Urteil auch in westlichen Ländern gilt. Wird im Westen z.B. nach einem mutmaßlichen Terroristen gefahndet, d.h. nach jemandem, der noch nicht einmal verurteilt ist, so muß derjenige, der seinen Aufenthaltsort kennt, ihn unverzüglich melden. Ansonsten macht er sich strafbar!

Ein weiterer interessanter Aspekt der Fatwa Imam Khomeinis ist die Zielgruppe der Aussage. Die Fatwa richtet sich an die "stolzen Muslime". In einer Zeit, in der die Muslime überall auf der Welt wegen ihres Glaubens diskriminiert werden, verdeutlicht Imam Khomeini, daß sich kein Gläubiger für die Gesetze des Islam schämen müßte, wie es versucht wird, den Muslimen einzureden. Ganz im Gegenteil kann der Muslim stolz auf seine Gesetze sein, da diese von Gott allen Menschen mitgeteilt wurden. Muslime, die sich von den islamischen Geboten und Gesetzen abwenden, sind demnach nicht stolz auf ihren Glauben und somit keine überzeugten Gläubigen. Solche Menschen wiederum sind nicht in der Lage, für die Gerechtigkeit auf Erden im Sinne des Islam einzutreten. Deswegen ist es für die Muslime dienlich, daß diese Menschen entlarvt werden, damit sie keine verantwortungsvollen Positionen in der islamischen Gemeinschaft einnehmen können.

Die Fatwa Imam Khomeinis hat in der ganzen islamischen Welt die "Spreu vom Weizen" getrennt. So hat die Fatwa außer ihrer immensen außerislamischen Wirkung, auch große innerislamische Bedeutung gehabt. Allama Seyyed Muhammad Hussain Fadhlullah, einer der großen Gelehrten im Libanon sagte deswegen bezüglich der Fatwa: "Während die Regierungen der muslimischen Staaten ängstlich und ablehnend gegenüber ihrer Religion sind und den Islam ignorieren, um damit Europa und den USA zu gefallen, legte Imam Khomeini einen entscheidenden Maßstab fest, als Zeichen dafür, daß er dem Weg des Propheten folgt" (Keyhan International 27.2.89).

Selbst der Mitarbeiter im Deutschen Orient-Institut in Hamburg Dr. Munir D. Ahmad, der sich anfangs gegen das Todesurteil stellte, besann sich nach Analyse der Fatwa von Imam Khomeini und korrigierte seine Meinung mit folgendem öffentlichen Brief: "Nach reiflicher Überlegung bin ich zu der Überzeugung gelangt, daß meine Haltung in der Rushdie-Affaire falsch war. Ich hatte zwar den blasphemischen Charakter des Buches 'Satanische Verse' erkannt und auch verurteilt. In meinen Veröffentlichungen wies ich nach, daß Rushdie die Geschichte des Islam verfälscht habe, um den Propheten Muhammad (s.), Gott bewahre, als einen Betrüger darzustellen, womit er dem Islam schaden wollte. Aber ich glaubte, daß man Rushdies Blasphemie mit einer Entgegenschrift bekämpfen sollte. Seither hatte ich die Gelegenheit, den Wortlaut der Fatwa von Imam Khomeini zu studieren. Dadurch erkannte ich meinen eigenen Fehler, wofür ich Allah um Vergebung bitte. Auch Imam Khomeini und die anderen Muslime bitte ich um Verzeihung. Ich distanziere mich von meinen früheren Äußerungen in der Rushdie-Affaire" (u.a. veröffentlicht in Al-Fadschr Nr.39, Islamisches Zentrum Hamburg).

Dr. Ahmad war sicherlich nicht der einzige, der eine in Übereile und im Strudel der Propaganda gefällte Entscheidung revidiert hat. Das Urteil gegen Rushdie fiel nicht vom heiteren Himmel, wie es in den westlichen Medien vermittelt wurde. Abgesehen von der ausführlichen Untersuchung des Falles Rushdie, ereignete sich kurz vorher im Iran ein im nachhinein betrachtet interessanter und aufschlußreicher Vorfall: Am 28. Januar 1989, also gut zwei Wochen vor dem Urteil gegen Rushdie, war nach dem islamischen Mondkalender der Geburtstag der Tochter des Propheten und Vorbild der islamischen Frau, der heiligen Fatima (a.). Imam Khomeini hatte diesen Tag bereits vor Jahren zum Tag der islamischen Frau ausgerufen. Anläßlich dieses Tages, gab es im iranischen Rundfunk zahlreiche Sondersendungen. In einer Live-Sendung kam es zu einer Beleidigung der Tochter des Propheten: Es wurde ein Interview ausgestrahlt, in dem eine Passantin eine Schauspielerin über die Tochter des Propheten stellte. Die Beleidigung des Propheten oder eines Mitgliedes seiner "Ahl-al-Bait", das sind von Gott auserwählte Personen aus seiner Familie bzw. seiner Nachkommenschaft, stellt nach islamischem Recht einen Straftatbestand dar. Die Stellung dieser Personen ist so hoch bei den Muslimen, daß jeder Muslim verpflichtet ist, beim täglich fünfmaligen rituellen Gebet, für den Propheten und seine ausgewählten Nächsten Segnungen Gottes zu erbitten. Ohne diese Bitte ist sein rituelles Gebet unvollkommen. Die Tochter des Propheten genießt zudem mehrere weitere Auszeichnungen: Sie ist die Fürstin der jungen Frauen im Paradies, sie ist die Mutter der Fürsten der jungen Männer im Paradies (Imam Hassan und Imam Hussain). Sie ist mit Asia (Gläubige Frau des Pharao und Ziehmutter Mose), Maria (Mutter Jesu) und Khadidja (Erste Frau des Propheten Muhammad und Mutter Fatimas) größtes Vorbild der islamischen Frau (Gott segne all die Heiligen). Außerdem ist ihr eine ganze Sure im Heiligen Quran gewidmet (Al Kauthar, Die Überfülle), welche fast jeder Muslim auswendig beherrscht. Aufgrund der Beleidigung gegen diese heilige Person im iranischen Rundfunk schrieb Imam Khomeini tags darauf eine Anfrage an den Sender über die Hintergründe dieser Beleidigung. Die Verantwortlichen wurden als Konsequenz der fahrlässigen Verunglimpfung der Tochter des Propheten von ihrem Dienst suspendiert und angeklagt. Alle Beschuldigten bereuten ihre Fahrlässigkeit, distanzierten sich von dem Vergehen und entschuldigten sich dafür. Der hohe Richter Ayatollah Ardebili bat danach Imam Khomeini, von seinem Recht Gebrauch zu machen, sie zu begnadigen. Imam Khomeini begnadigte alle fünf und sie kamen in Ehren wieder auf ihre ehemaligen Positionen.

Dieses in den westlichen Medien nur wenig beachtete und auch nach der Rushdie-Affaire nicht erwähnte Ereignis zeigte bereits unmißverständlich die Haltung Imam Khomeinis: Beleidigungen von Heiligkeiten des Islam sind auf alle Fälle zu ahnden. Ein aufrichtiges Bedauern und vor allem Distanzieren von unbedachten Beleidigungen werden anerkannt. Rushdie hat weder seine Tat unbedacht begangen, noch hat er sich bis heute von seiner Tat distanziert. In der ZDF-Sendung "Live", wo zum ersten mal auch ein Sprecher der Iranischen Nachrichten-Agentur (IRNA) eingeladen war, versuchten die Gesprächsteilnehmer die Notwendigkeit eines Gerichtsverfahrens vor einem Urteil zu begründen. Außerdem müßte es sich bei dem Gericht um eine "legitimierte Exekutive" handeln. Imam Khomeini folgten als einzigem Staatsoberhaupt Tausende von hochrangigen islamischen Gelehrten aus aller Welt, die ihn als Imam der islamischen Umma (Weltgemeinschaft) anerkannten. Damit stellte er die höchste Instanz der Muslime dar und somit gleichzeitig die oberste islamische Instanz der "legitimen Exekutive". Eine Anhörung des Angeklagten war in diesem Fall aus folgenden Gründen weder möglich noch nötig: Welche Instanz der Welt hätte Rushdie dazu bewegen können, vor ein islamisches Gericht in den Iran zu fahren. Welcher westliche Staat wäre einem Auslieferungsantrag für Rushdie nachgekommen? Könnten islamische Gelehrte in derartigen Fällen nicht urteilen, würde das bedeuten, daß jeder daherkommen und den Islam beleidigen und beschimpfen kann, wie es ihm gefällt, und sich nur in die Obhut der Nicht-Muslime zu begeben braucht. Die Muslime wären dann machtlos gegen ihn.

Ohnehin ist islamisch betrachtet ein Gerichtsverfahren lediglich ein Werkzeug zur Wahrheitsfindung in einem unklaren Fall. Gibt es Unklarheiten bzw. beruhen die Anschuldigungen auf Vermutungen oder ist die Argumentation des Beschuldigten unbekannt, bedarf es eines Verfahrens, um die Unklarheiten zu beseitigen. In diesem Fall aber gibt es keine Unklarheiten. Der Inhalt des Buches ist bekannt und öffentlich zugänglich. Die immer noch anhaltende Verbreitung des Buches sowie die öffentlichen Aussagen des Autors hinterlassen keine Unklarheiten. Bei Betrachtung der Thematik sollte dennoch auch berücksichtigt werden, daß die Muslime sehr wohl in der Lage sind zu differenzieren zwischen dem Gebiet, in dem die islamischen Gesetze herrschen, und Gebieten, in denen nicht-islamische Gesetze herrschen. Wenn die Nicht-Muslime in ihrer Gesetzgebung und Lebensweise total den islamischen Erfordernissen widersprechen, tun sie das innerhalb ihrer Gesellschaftsordnung und schaden somit sich selbst. Zuhälter, Prostituierte, Ehebrecher oder Spirituosenverkäufer in Deutschland schaden der deutschen Gesellschaft. Ihre islamisch betrachtet schwere Straftat ist nicht grenzüberschreitend, also werden sie auch nicht explizit grenzüberschreitend geahndet. Ein Autor aber, der ein Buch schreibt, und die darin befindlichen wüsten Beleidigungen unter Zuhilfenahme der modernen Kommunikationstechniken grenzüberschreitend verbreitet, muß damit rechnen, auch grenzüberschreitend zur Rechenschaft gezogen zu werden. Schließlich setzt sich Rushdie persönlich für die Verbreitung seines Buches auch in islamischen Gesellschaften ein (siehe den auf Seite 20 erwähnten Brief Rushdies an den indischen Ministerpräsidenten).

Die Muslime in Europa oder in den islamischen Ländern haben nicht vor, ihre Wertvorstellungen anderen Menschen aufzuzwingen. Aber die Muslime aller Welt werden es sich nicht gefallen lassen, wenn die westliche Welt ihre im Fall Rushdie dargelegten Vorstellungen von freier Beleidigung den Muslimen aufzwingen will. Das Urteil gegen Rushdie ist auch ein Ausdruck dieses Widerstandes. Imam Khomeini selbst bekräftigte später noch einmal das Todesurteil gegen Rushdie mit den Worten: "Die USA, Britannien und andere arrogante Regierungen und Verschwörer sollen wissen, daß die Tage vorüber sind, in denen Muslime schmerzerfüllt und schweigsam solche Beleidigungen hinnehmen werden".

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