Freude und Fröhlichkeit
Die erste Auswirkung des religiösen
Glaubens, hinsichtlich Erwecken von Freude und Hervorrufen von
Fröhlichkeit, ist die “Zuversicht“, die optimistische
Einstellung gegenüber der Welt, der Schöpfung und dem Dasein.
Der religiöse Glaube lässt den Menschen die Welt in einer
bestimmten Weise begreifen, indem er ihn mit einer gezielten
Schöpfung und mit den Zielen Heil, Vollendung und Glück
bekannt macht und dadurch konsequenterweise eine optimistische
Einstellung gegenüber der gesamten Daseinsordnung und den
herrschenden Gesetzen vermittelt.
Ein gläubiger Mensch fühlt sich in der
Welt wie ein Bürger in einem Lande, dessen Gesetze, Struktur
und Verwaltung er als richtig und gerecht erkennt, den
wohlwollenden Absichten der Verantwortlichen vertraut und für
den folglich die Vorrausetzung für einen allgemeinen
Fortschritt und Aufstieg gegeben sind. Er ist davon überzeugt,
dass der alleinige Grund für eine eventuelle Rückständigkeit
nur in der eigenen Trägheit und Unerfahrenheit liegt. Denn er
fühlt sich zudem in einer Welt, in der Seinesgleichen, wie er
selbst, voll verpflichtet und verantwortlich ist. Nach seiner
Ansicht ist er selbst für seine Nichtweiterentwicklung
verantwortlich und nicht die Behörde und die Ordnung des
Landes. Und jede auftretende Unzulänglichkeit wird deshalb
verursacht, weil er und Seinesgleichen Pflichten und
Verantwortung nicht erfüllt haben. Diese Einstellung spornt
ihn natürlich an und verleiht seinem Handeln und Wandeln
Hoffnung und Zuversicht.
Doch ein Ungläubiger fühlt sich in der
Welt wie jemand, der in einem Lande lebt, dessen Gesetzte,
Struktur und Institutionen er als falsch und grausam ansieht,
aber keinen anderen Ausweg hat, als sie zu akzeptieren. So
jemand ist immer erfüllt von Komplexen und Feindseeligkeiten.
Er wird niemals auf den Gedanken kommen, sich selbst zu
verbessern und fragt sich: „Da, wo Himmel und Erde nicht
eben und gleichmäßig verlaufen, wo das Dasein aus Grausamkeit,
Unglück und Unrecht besteht, was kann da die Redlichkeit eines
winzigen Teilchens wie mir, gegenüber all dem, bewirken.“
So jemand wird sich niemals an der Welt wirklich erfreuen
können, sie wird für ihn immer ein Kerker voller Schrecken
bleiben.
Der Heilige Qur´an verkündet:
„Derjenige, der sich von meiner Ermahnung abwendet, dessen
Leben wird voller Drangsal sein ...“
(Heiliger Qur´an 20:124)
Ja, es ist der Glaube, der dem geistigen
Leben in der Tiefe unseres Wesens Weite schenkt und die
Ursache seelischer Belastungen verhindert.
Die zweite Auswirkung des religiösen
Glaubens bezüglich des Erweckens von Freude und Frohsinn ist
die Erhellung des Herzens und des Verstandes. Wenn ein Mensch
kraft des religiösen Glaubens die Welt im Lichte der
Gerechtigkeit und Wahrheit klar und hell sieht, wird die
gleiche Aufgeklärtheit seine Seele erleuchten und einem Licht
gleichen, das in seinem Innersten angezündet wird. Im
Gegensatz dazu ist für jemanden, der ungläubig ist, die Welt
sinnlos, dunkel, unverständlich, undurchschaubar und
ungeklärt, und sein Herz ist demzufolge in dieser von ihm
selbst vermuteten Lichtlosigkeit, dunkel und finster.
Die dritte Auswirkung des religiösen
Glaubens hinsichtlich des Hervorrufens von Freude und Frohsinn
ist das “Erhoffen“ eines guten Ergebnisses auf redliche Mühe.
Gemäß der materialistischen
Denkvorstellung steht die Welt allen Menschen – ob sie den
wahren oder falschen Weg, den Pfad der Gerechtigkeit oder
Tyrannei, den richtigen oder unrichtigen Weg beschreiten –
neutral und gleichgültig gegenüber. Dieser Meinung nach ist
der Erfolg des menschlichen Handelns lediglich von einem
Faktor anhängig, nämlich dem Maß der Bemühungen und von nichts
weiterem.
Jedoch nach der Auffassung eines
gläubigen Menschen steht die Welt den Anstrengungen dieser
beiden Gruppen nicht neutral und gleichgültig gegenüber, die
Reaktion der Welt auf die Bemühungen dieser beiden Richtungen
ist nicht gleich, sondern die Schöpfungsordnung unterstützt
diejenigen, die sich um das Recht, die Wahrheit, die
Redlichkeit, die Gerechtigkeit und das Gute bemühen.
„ ... falls ihr Gott helft, so wird
Er euch helfen und eure Füße festigen ...“
(Heiliger Qur´an 47:7)
„ ... Gott lässt den Lohn derer, die
Gutes tun, nicht verloren gehen.“ (Heiliger Qur´an
9:120)
Der vierte Einfluss bezüglich der Freude
und des Frohsinns ist der Friede des Gemüts.
Naturgemäß befindet sich der Mensch auf
der Suche nach seinem Glück. Und in der Vorstellung, das Glück
zu erreichen, taucht er in ein Meer von Freude ein. Und in
Gedanken an eine unglückliche, entbehrungsreiche Zukunft
beginnt er zu zittern, überwältigt von Angst und Erregung.
Zweierlei Dinge verursachen das Glück des
Menschen:
- Bemühung
- Das Vertrauen
auf die Lebensbedingung
Der Erfolg eines Schülers wird durch zwei
Faktoren bewirkt, durch seine eigenen Bemühungen und
Anstrengungen und zum anderen durch eine günstige, förderliche
Schulatmosphäre und die Ermutigung und Anregung seitens der
Lehrer. Wenn ein fleißiger und strebsamer Schüler zu dem
Milieu, in dem er unterrichtet wird, und zu dem Lehrer, der am
Ende des Schuljahres seine Zensuren bestimmt, kein Vertrauen
hat und ein nicht gerechtfertigtes Verhalten erwartet, wird er
an allen Tagen des Jahres voller Unruhe und Angst sein.
Die Aufgabe, die der Mensch sich selbst
gegenüber hat, ist ihm bekannt. Von daher ist nichts zu
befürchten, denn Angst wird durch Zweifel und Unschlüssigkeit
erzeugt. An dem, was ihn selbst betrifft, zweifelt der Mensch
nicht und gerät deswegen nicht ins Wanken. Das, was ihn in
Angst und Sorge versetzt und ihn seine Pflichten hinsichtlich
dessen nicht erkennen lässt, ist die Welt: Ist eine gute Tat
sinnvoll? Sind Ehrlichkeit und Verlässlichkeit unsinnig? Heißt
das Ergebnis aller Bemühungen und Pflichterfüllungen
Entbehrung? In dieser Phase zeigen sich Angst und Not von
ihrer am meisten erschreckenden Seite. Da der religiöse Glaube
der Beziehung des Menschen (dem einen Beteiligten) zum
Universum (dem anderen Beteiligten) Sicherheit und Zuversicht
verleiht, beseitigt er die Angst und Unruhe des Menschen
hinsichtlich seiner Erwartung vom Fernhalten der Welt ihm
gegenüber und schenkt ihm stattdessen ein ausgeglichenes,
ruhiges Gemüt. Darum meinen wir, dass einer der Effekte des
religiösen Glaubens im Erlangen des Seelenfriedens liegt.
Eine andere seiner Wirkungen hinsichtlich
des Freudeschenkens ist der Gewinn eines weiteren Vergnügens,
welches als geistiges Vergnügen bezeichnet wird. Der Mensch
erfreut sich auf zweierlei Weise.
Zum einen sind es die Wonnen, die durch
die Sinnesorgane empfunden werden, infolge des Kontaktes eines
dieser Organe zu einem externen Faktor; zum Beispiel das
Vergnügen, das durch die Augen infolge des Sehens, durch die
Ohren aufgrund des Hörens, durch das Schmecken des Gaumens und
durch das Fühlen infolge des Berührens hervorgerufen wird. Zum
anderen ist es die Freude, welche die Tiefe der Seele und das
Hervorrufen des menschlichen Entzückens betrifft, jedoch in
keinerlei Verbindung zu den Sinnesorganen steht und nicht
durch eine bestimmte Beziehung zu einer äußeren Komponente
erzielt wird: Beispielsweise die Freude, die der Mensch durch
seine Wohltätigkeit, sein Engagement oder durch seine
Beliebtheit und sein Ansehen empfindet oder durch den eigenen
Erfolg oder den seiner Kinder, eine Freude, die sich nicht auf
die Sinnesorgane bezieht und nicht unter dem direkten Einfluss
einer sinnlichen Ursache steht.
Das geistige Vergnügen ist sowohl
intensiver als auch beständiger als das sinnliche. Die Freude,
welche gerechtigkeitsliebende Menschen durch die Anbetung und
Verehrung Gottes erreichen, gehört zu diesen Wonnen. Das
höchste Vergnügen der aufgeklärten Gottesehrfürchtigen, deren
Anbetung vereint ist mit Bewusstheit, Demut und Hingabe, liegt
in der Lobpreisung Gottes, die im religiösen Sprachgebrauch
als “Lebenselixier“ und als “Süße des Glaubens“ bezeichnet
wird. Denn der Glaube besitzt eine Süße, die alles übertrifft.
Die geistige Freude vervielfacht sich, wenn Dinge wie der
Erwerb von Wissen, das Erringen von Erfolg und Sieg sowie die
Wohltätigkeit religiös motiviert sind, um Gottes Willen
geschehen und im Bereich der Anbetung liegen.