Nahdsch-ul-Balagha
Pfad der Eloquenz - Nahdsch-ul-Balagha

Aussprache: nah-dschul-balagha
arabisch:
نهج البلاغة
persisch:
نهج البلاغة
englisch: Peak of Eloquence

Mehr zum Thema siehe: Nahdsch-ul-Balagha

73. Predigt – Zu Marwan ibn al-Hakam in Basra

(Diese Predigt handelt von dem) was er zu Marwan ibn al-Hakam in Basra sagte.

Es hieß, dass als Marwan ibn al-Hakam am Tage der Kamelschlacht in Kriegsgefangenschaft geriet, er Hassan (a.) und Hussain (a.) darum bat, für ihn ein gutes Wort beim Befehlshaber der Gläubigen (a.) einzulegen. So sprachen sie mit ihm (Imam Ali, a.) über ihn, und er ließ ihn seines Weges ziehen, und sie sagten zu ihm: „Er leistet dir den Treueid, Befehlshaber der Gläubigen.“ Er erwiderte:

Hat er mir nicht (bereits vorher) den Treueid geleistet nach Uthmans Ermordung? Ich benötige seinen Treueid nicht! Es ist eine verräterische[1] Hand. Wenn er mir den Treueid leisten würde, dann würde er mich verraten mit seiner geheimen Untreue. Wahrlich, er wird die Befehlsgewalt bekommen, wie der Hund seine Nase leckt. Er ist der Vater der vier Anführer, und die islamische Gemeinschaft [ummah] wird von ihm und seinen Söhnen einen roten (blutigen) Tag erfahren.

Erläuterung

Marwan ibn al-Hakam gehört zur Familie der Umayyaden. Der Prophet hatte Marwans Vater Al-Hakam Ibn Aas verflucht und sagte: „Schlimmes wird meine Ummah von der Nachkommenschaft dieses Mannes heimsuchen.“ Zuletzt, als er seine zunehmenden Intrigen sah, verbannte er ihn aus Medina ins Tal von Wadsch bei Ta´if und der Sohn Marwan ging auch mit ihm. Danach erlaubte ihnen der Prophet (s.) in seinem ganzen Leben nicht mehr, Medina zu betreten. Die ersten beiden Kalifen Abu Bakr und Umar handhabten es genauso, aber Uthman ließ beide während seiner Regierungszeit holen und erhob Marwan in so eine hohe Stellung, als ob die Zügel des Kalifats in seinen Händen lägen. Daraufhin wurden die Umstände so günstig für ihn, dass er letztendlich später nach dem Tode von Muawiya ibn Yazid Kalif wurde. Imam Ali (a.) hatte ihn zwar nach der Ermordung Uthmans entmachtet, aber seine bereits aufgebaute Macht und seine Unterstützung für Muawiya sicherten seine zukünftige Position. 

Die vier Söhne, auf die der Befehlshaber der Gläubigen (a.) sich in der Predigt bezog, waren die vier Söhne von Abd al-Malik ibn Marwan, nämlich al-Walid, Sulaiman, Yazid und Hischam, die nacheinander das Kalifat erlangten und die Seiten der Geschichtsschreibung mit ihrer Gewaltherrschaft färbten. Manche Kommentatoren hingegen haben diese Anspielung auf Marwans eigene Söhne bezogen, deren Namen Abd al-Malik, Abd al-Aziz, Bischr und Muhammad waren. Von diesen wurde Abd al-Malik Kalif und Abd al-Aziz wurde Gouverneur von Ägypten, Bischr Gouverneur des Irak und Muhammad Gouverneur von al-Dschazira.

[1] Im Originaltext steht hier „jüdische Hand“. Die Interpreten betrachten es als Anspielung auf den Verrat, den viele Juden aus Medina damals am Propheten (s.) begingen, indem sie pro forma zum Islam übertraten und dann kriegerischen Verrat begingen wie bei der Grabenschlacht. Es wird aber aus den Reden Imam Alis (a.) und aus seinen Verträgen, die er geschlossen hat, deutlich, dass er hier nur ganz bestimmte Juden meinte, da er solche Verallgemeinerungen nie im übertragenen Sinn verwendete! So kommt z.B. in der 80. Predigt ein Hinweis auf Frauen im Allgemeinen, obwohl nur bestimmte Frauen gemeint sind. Manch Interpreten haben diese Stelle auch daraufhin gedeutet, dass bestimmte Juden aus Medina hinter dem Verrat Marwan ibn al-Hakams standen.

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