82. Predigt – Eigenschaften des Diesseits
(Diese
Predigt wurde gehalten) über die Eigenschaften des Diesseits.
Wie soll ich eine Heimstätte beschreiben,
deren Anfang Erschöpfung (der Geburt), und deren Ende
Vernichtung (durch Tod) ist? Für deren erlaubte Dinge muss
Rechenschaft abgelegt werden, und für deren Verbotenes gibt es
Strafe. Wer darin reich ist, wird geprüft, und wer darin arm
ist, ist bekümmert. Wer sich um ihretwillen anstrengt,
verfehlt sie, und wer von ihr Abstand nimmt, zu dem kommt sie.
Wer sie durchschaut, dem gibt sie Einblick, und wer zu ihr
hinschaut, den macht sie blind.
Sayyid al-Radhi sagt: Wenn man sich diese
Worte betrachtet: „wa man absara biha bassarat´hu (wer sie
durchschaut, dem gibt sie Einblick)“, dann wird man
darunter wundersame Bedeutungen und einen weitreichenden
Gegenstand finden, dessen Ziel nicht erreicht und dessen Tiefe
nicht erfasst werden kann, insbesondere derjenige, der es mit
seinen Worten verbindet: „wa man absara ilaiha a´mat´hu
(wer zu ihr hinschaut, den macht sie blind)“, findet den
Unterschied zwischen „absara biha (durchschaut)“ und
„absara ilaiha (hinschaut)“ deutlich und erleuchtend,
wunderbar und strahlend! Allahs Segnungen und Heil mögen auf
ihm (a.) ruhen.
Erläuterung
Der Satz
„Am Anfang der Welt ist Erschöpfung, und an deren Ende steht
Vernichtung“ enthält dieselbe Wahrheit, die der Qur´an in
folgendem Vers dargelegt hat: „Wahrlich, Wir haben den
Menschen zur Mühsal erschaffen.“
Es stimmt,
dass gleich vom engen Schoß der Mutter bis zur Weite des
Firmaments die Wechsel im menschlichen Leben nicht enden. Wenn
der Mensch am Anfang das Leben kostet, findet er sich in so
einem dunklen Gefängnis eingeschlossen, in dem er weder die
Glieder bewegen noch sich umdrehen kann. Wenn er aus seiner
Gefangenschaft entkommt und diese Welt betritt, muss er
zahllose Probleme meistern. Anfangs kann er weder mit seiner
Zunge sprechen, um seine Beschwerden oder Schmerzen
auszudrücken, noch hat er genug Energie, um seine Bedürfnisse
selbst zu befriedigen. Nur sein Schluchzen und fließende
Tränen drücken seine Bedürfnisse aus und zeugen von seiner Not
und Pein. Wenn er nach dieser Periode in das Stadium des
Lernens und der Lehre eintritt, dann empfangen ihn bei jedem
Schritt Stimmen der Ermahnung. Wenn er aus dieser Zeitspanne
der Lehre entlassen wird, sieht er sich Problemen hinsichtlich
Familienleben und Sicherung des Lebensunterhalts konfrontiert,
bei dem es manchmal Streit mit Arbeitskollegen gibt, manchmal
Zusammenprall mit Gegnern, mit der Wechselhaftigkeit der Zeit,
manchmal wird er mit Krankheiten und Probleme mit den Kindern
konfrontiert, bis sich das Alter nähert mit Hilflosigkeit und
Schwäche, und schließlich verabschiedet er sich von dieser
Welt mit Verdruss und Kummer im Herzen.
Daraufhin
sagt der Befehlshaber der Gläubigen (a.) über diese Welt, dass
für die erlaubten Handlungen Rechenschaft abzulegen ist, und
dass es für die verbotenen Handlungen die Härten der
Bestrafung geben wird. Wenn er eine Fülle von Reichtum und
Geld in dieser Welt hat, dann findet er sich in einem Strudel
von Problemen, dass er seine Freude und Seelenfrieden
verliert. Aber wenn Not und Armut bestehen, jammert er nach
Reichtum. Für ihn, der sich nach dieser Welt sehnt, gibt es
keine Grenzen für seine Begierden. Wenn ein Wunsch erfüllt
ist, dann kommt sofort das Verlangen nach Erfüllung eines
anderen Wunsches auf.
Wenn aber
jemand nicht hinter der Welt herläuft, dann läuft die Welt
hinter ihm her. Damit soll ausgesagt werden, dass, wenn jemand
die Klauen von Gier und Habsucht bricht und von der
unerwünschten Sehnsucht nach dieser Welt Abstand nimmt, so
bekommt er auch Lebensfreude und bleibt nicht dessen beraubt.
Daher, wenn jemand diese Welt von oben betrachtet und aus
deren Geschehnissen Lehren zieht und durch die Wechsel und
Schwankungen darin Wissen über Allahs Macht, Weisheit,
Barmherzigkeit, Langmut und erhaltende Macht und Allwissenheit
erwirbt, dann gewinnen seine Augen wahre Helligkeit und
Einsicht. Auf der anderen Seite, wenn jemand nur in der
Farbenpracht und Schmuck der Welt verloren ist, verliert er
sich in der Dunkelheit der Welt, und das ist der Grund, warum
Allah verboten hat, die Welt so zu sehen: „Und richte nicht
gierig deine Augen auf das, was Wir einigen von ihnen zur
Nutznießung verliehen haben – das ist der Glanz des
diesseitigen Lebens – um sie darin der Versuchung auszusetzen.
Der Lebensunterhalt, den dein Herr beschert, ist besser und
hat eher Bestand.“