Nahdsch-ul-Balagha
Pfad der Eloquenz - Nahdsch-ul-Balagha

Aussprache: nah-dschul-balagha
arabisch:
نهج البلاغة
persisch:
نهج البلاغة
englisch: Peak of Eloquence

Mehr zum Thema siehe: Nahdsch-ul-Balagha

186. Predigt – Über Tauhid (Einheit Allahs) und die Prinzipien des Wissens

Über Tauhid (die Einheit Allahs), und die Predigt enthält die Prinzipien des Wissens, die keine (andere) Predigt enthält.

Wer Ihn in (verschiedene) Formen presst, erkennt Seine Einheit nicht an, wer Ihn (mit anderem) vergleicht, hat Seine Wahrheit nicht erfasst, wer ihn (anderem) ähnlich macht, hat nicht Ihn im Sinne, und wer auf Ihn zeigt und sich Ihn vorstellt, der meint nicht Ihn. Alles, was durch es selbst bekannt ist, ist erschaffen worden, so wie alles, was durch anderes als Ihn existiert, (auch) durch Ihn verursacht wurde. Er ist ein Handelnder, doch ohne dass Er sich eines Instruments bedient, Er setzt das Maß fest, ohne Beschäftigung mit Nachdenken. Er ist Sich Selbst genügend, ohne (etwas) erworben zu haben.

Die Zeiten begleiten Ihn nicht, und Werkzeuge leisten Ihm keine Hilfe. Seine Existenz geht den Zeiträumen voran, (ebenso) Sein Dasein der Nicht-Existenz und Seine Ewigkeit geht dem Anfang voran. Durch Seine Einsetzung der Sinne ist bekannt, dass Er keine Sinne besitzt, und durch die Gegensätzlichkeit zwischen den Dingen erkennt man, dass Er keinen Gegenpart hat. Dadurch, dass Er die Dinge miteinander vergleicht, wird ersichtlich, dass Er niemanden Ihm Vergleichbaren hat. Er hat das Licht im Gegensatz zur Finsternis gesetzt, die Klarheit zur Zweifelhaftigkeit, Trockenheit der Feuchtigkeit und die Hitze zur Kälte. Er stiftet Freundschaft zwischen verfeindeten Dingen, bringt voneinander Unterschiedliches zusammen, und Entferntes bringt Er einander nahe und trennt zwischen einander Verbundenem. Er wird nicht durch Grenzen eingefasst, noch durch Zahlen gezählt. Die materiellen Dinge können nur ihresgleichen eingrenzen, und die Werkzeuge können nur auf ihnen Vergleichbares hinweisen. Das (arabische) Wort “mundhu (seit)“ verhindert ihre Ewiggültigkeit, “qad“[1] hindert sie daran, für immer (existent) zu sein, und “lau la“ (wenn nicht wäre)“ hält sie von Perfektion fern. Durch sie offenbart sich ihr Schöpfer den Intellekten, und durch sie wird Er von den Blicken der Augen abgeschirmt. Bewegungslosigkeit und Bewegung stoßen Ihm nicht zu, und wie könnten Ihm Dinge passieren, die Er selbst hat passieren lassen? Wie kann etwas auf Ihn zurückfallen, das Er erst erschaffen hat, und wie kann etwas in Ihm geschehen, was Er hat geschehen lassen? Dann wäre Sein Wesen uneinheitlich, Seine innerste Natur wäre geteilt und Seine Bedeutung [ma´naa] würde verhindert werden, ewig zu sein. Es würde etwas hinter Ihm geben, wenn es etwas vor Ihm gäbe. Er würde nach Vervollständigung streben, wenn ein Mangel Ihm anhaften würde. In so einem Fall würde das Zeichen des Erschaffenen an ihm in Erscheinung treten, und Er würde sich in einen Hinweis verwandeln, anstatt dass auf Ihn gewiesen wird. Er ist aufgrund Seiner Macht, sich von allem abzuschirmen, weit davon entfernt, von Dingen beeinflusst zu werden, die andere (Dinge) beeinflussen. Er ist Derjenige, Der sich nicht verändert und nicht aufhört, und Er unterliegt nicht (dem Prozess des) Untergehens. Er zeugte nicht, so dass Er (von jemand anderem) geboren worden war, und Er wurde nicht gezeugt, denn sonst wäre Er zu einem Begrenzten geworden. Er ist hoch erhaben darüber, sich Söhne genommen zu haben, und Er ist rein, um Frauen zu berühren (für den Zeugungsakt). Die Vorstellungskraft kann nicht an Ihn heranreichen, um Ihn zu bemessen, noch kann Ihn der Scharfsinn sich einbilden und Ihn sich vorstellen. Die Sinne können Ihn nicht erfassen, um Ihn wahrzunehmen, und die Hände können Ihn nicht berühren, um Ihn zu befühlen. Er ändert Sich nicht von einem Zustand in einen anderen. Die Nächte und Tage lassen Ihn nicht hinfällig werden, und Licht und Dunkelheit verändern Ihn nicht. Er kann nicht anhand von etwas an Körpergliedern beschrieben werden, noch durch Extremitäten und Elemente, noch durch vorübergehende Eigenschaften, noch durch Altruismus[2] und Teile. Es kann nicht behauptet werden, dass Er eine Grenze hat und ein Ende, und ein Aufhören und ein Ziel besitzt. Nichts enthält und erhebt Ihn oder lässt Ihn fallen, noch (kann gesagt werden) das es etwas gibt, was ihn trägt, das Ihn sich neigen oder im Gleichgewicht stehen lässt. Weder dringt er in die Dinge ein, noch steht Er außerhalb ihrer. Er gibt Kunde, doch weder mit Zunge noch Sprachorganen. Er hört, doch nicht mit (Ohr-) Löchern und Organen. Er spricht, jedoch äußert nicht (mit der Zunge), Er bewahrt, jedoch ohne das Gedächtnis zu bemühen. Er wünscht, doch hegt er keine Gefühle. Er liebt, und Er zeigt Zufriedenheit ohne Sentimentalität. Er hasst und wird zornig ohne dass es Ihm Mühe bereitet, und Er sagt zu dem, dessen Existenz Er erwünscht, „Sei“, und es ist, aber nicht durch eine Stimme, die erklingt, und (auch) nicht durch einen Ruf, der gehört wird. Seine Rede – Erhaben ist Er – ist eine Tat, mit der Er es erschuf und bildete, es existierte vordem nicht, und wenn es von jeher existiert hätte, dann würde es ein zweiter Gott sein.

Man kann nicht sagen, dass Er in Existenz kam, nachdem Er nicht existiert hätte, denn dann würden Ihm die Eigenschaften der neu erschaffenen Dinge zuerkannt und es gäbe zwischen ihnen und Ihm keine Trennung, und Er besäße ihnen gegenüber keinen Vorzug, der Erschaffer und das Erschaffene wären auf der gleichen Ebene und das Geschaffene und der Schöpfer wären gleich. Er hat die Geschöpfe (allesamt) ohne ein Muster erschaffen, frei von (jeglichem) anderen, und Er ersuchte niemanden von Seiner Schöpfung um Hilfe, um sie zu erschaffen. Er rief die Erde ins Leben und hielt sie aufrecht ohne Beschäftigung, Er verankerte sie fest ohne Festigung, ließ sie aufrecht stehen ohne Pfosten und erhob sie ohne Stützen. Er machte sie immun gegen Krummheiten und dagegen, auf die schiefe Bahn zu geraten. Er bewahrte sie davor, in Stücke zu zerbrechen und zu zerspalten. Er verankerte ihre Pfähle, festigte ihre Barrikaden, ließ ihre Quellen fließen und durchfurchte ihre Täler. Was immer Er erbaut hat, ermattet nicht, und was er stark gemacht hat, wird nicht von Schwäche heimgesucht.

Er zeigt sich ihr durch Seine Herrschaftsgewalt und Größe, und Er bleibt ihr verborgen durch Sein Wissen und Kenntnis. Er ist der Hocherhabene über alle Dinge von ihr (der Erde) durch Seine Pracht und Macht. Nichts von ihr, nach dem Er verlangt, ist Ihm unmöglich, noch kann es sich Ihm verweigern und Ihn besiegen. Kein schnelles (Geschöpf) darauf (auf der Erde) entgeht Ihm, in dem es Ihn überholt. Er benötigt keinen Besitzenden, der Ihn versorgt. (Alle) Dinge beugen sich Ihm und demütigen sich in Unterwürfigkeit Seiner Größe. Sie können sich vor Seiner Herrschaft nicht zu einer anderen entfliehen, um sich Seinem Nutzen und Schaden zu verweigern. Es gibt niemand Ebenbürtigen, der Ihm gleichkommt, niemand Ihm Vergleichbaren, der auf gleicher Ebene mit Ihm ist.

Er wird diese (Erde) nach ihrer Existenz vernichten, bis dass alles, was auf ihr existiert, wie nicht vorhanden sein wird. Doch das Vergehen des Diesseits nach seiner Erschaffung ist nicht wundersamer als ihre Erschaffung und ihre erstmalige Schöpfung. Und wie wäre er erst, wenn alle Tiere sich darin vereinigen würden, Vögel und ihr Vieh, das aufgestallte Vieh und das auf der Weide, von unterschiedlichen Arten und Spezies, die Unverständigen (der Menschen) ihrer (der Erde) Gemeinschaften und die Scharfsinnigen, um (nur) eine Mücke hervorzubringen, so wären sie (dennoch) nicht in der Lage, sie hervorzubringen, und sie kannten auch nicht den Weg, sie zu erschaffen. Ihr Verstand ist über das Wissen darüber (über ihre Unfähigkeit) verwirrt und ermüdet, und ihre Kraft ist unfähig und am Ende und kehrt gedemütigt und kraftlos zurück unter Erkenntnis ihrer Überwältigung und Eingeständnis der Unfähigkeit, sie ins Leben zu rufen und ihre Schwäche eingestehend, sie (sogar) vernichten zu können!

Wahrlich, Allah, erhaben ist Er, verbleibt nach der Vernichtung der Welt Einzig, und nichts wird bei Ihm sein. So wie Er vor ihrer Gestaltung war, so wird Er auch nach ihrer Vernichtung sein, ohne Zeit und Ort, Moment oder Zeit(-Periode). Dann werden weder Frist noch Zeiten existieren, und Jahre und Stunden werden verschwinden. Es wird nichts geben außer Allah, dem Einzigen, dem Bezwinger, zu Dem alle Dinge ihren Ausgang haben. Die anfängliche Erschaffung ihrer (der Welt) Geschöpfe erfolgte ohne Macht, die von ihnen ausging, und ihre Vernichtung wird geschehen, ohne dass sie es verhindern können. Wenn sie es zu verhindern vermöchten, dann würden sie dauerhaft existieren. Die Hervorbringung eines Dinges beschwerte Ihn nicht, während Er es hervorbrachte, und die Erschaffung eines ihrer (der Welt) Geschöpfe, das Er erschuf und formte, bereitete Ihm keinerlei Schwierigkeiten. Er brachte sie nicht in Existenz, um Seine Herrschaftsmacht zu verstärken, noch aus Furcht vor Niedergang und Mangel, noch um Hilfe damit zu suchen gegen einen gleichwertigen überwältigenden(Widersacher), noch um Sich damit gegen einen anstürmenden Gegner zu wappnen, (auch) nicht um Sein Reich damit zu vergrößern, noch um mit einem Teilhaber um den größeren Anteil zu wetteifern, nicht aus Einsamkeit, so dass Er seine Gesellschaft suchte.

Dann wird Er sie (die Welt) vernichten, nachdem Er sie in Existenz gebracht hat, nicht aus Überdruss, die Ihn in ihrer Leitung und Verwaltung überkommen sind, noch aus Vergnügen, das Ihn ankommt, noch aus Langeweile, die Ihn von einer Sache überkam. Die Länge ihres Verweilens ermüdet Ihn nicht, so dass Ihn das zu ihrer schnellen Vernichtung treibt. Aber Allah, Der Erhabene, lenkte sie durch Sein Wohlwollen und hielt sie mit Seinem Befehl fest und präzisierte sie mit Seiner Macht. Nach der Vernichtung wird Er sie wiedererstehen lassen, ohne ihrer bedürftig zu sein, noch um mit etwas davon gegen sie um Hilfe zu ersuchen, noch um aus dem Zustand der Einsamkeit in den Zustand der Geselligkeit zu wechseln, und nicht aus dem Zustand der Unwissenheit und Blindheit in den Zustand des Wissens und Suchens, noch von Armut und Bedürfnis zu Reichtum und Überfluss, noch von Demütigung und Erniedrigung zu Ehre und Macht.

Erläuterung

Die Predigt gilt als eine der Beschreibungen des Universums und ihrer Vergänglichkeit. Immer wieder stellt Imam Ali (a.) die Unbeschreibbarkeit des Schöpfers allen Seins in den Mittelpunkt. Die Predigt konzentriert sich auch auf den Begriff “Zeit“ und stellt dar, dass Allah “außerhalb“ der Zeit und all dessen steht, was man mit de Zeit in Verbindung bringen würde.

[1] Der Begriff “qad“ bezeichnet die Abgeschlossenheit einer Handlung.

[2] Willentliche Verfolgung von Interessen oder des Wohls anderer oder des Gemeinwohls

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