200. Predigt – Über Muawiya
Über Muawiya
Bei Allah, Muawiya ist nicht listiger als
ich, aber er betrügt und führt ein ausschweifendes Leben. Wenn
ich nicht den Betrug verabscheuen würde, dann wäre ich der
Listigste aller Menschen. Aber jeder Betrug ist eine
Ausschweifung, und jede Ausschweifung ist ein Akt des
Unglaubens. Jeder Betrüger wird ein Banner haben, an dem er am
Tage der Auferstehung erkannt wird. Bei Allah, ich kann nicht
durch Intrigen nachlässig gemacht werden, noch kann ich durch
Gewalt geschwächt werden.
Erläuterung
Menschen, die
über Religion und Ethik unwissend sind, sich von den
Beschränkungen des religiösen Gesetzes frei fühlen und sich
über das Konzept von Bestrafung und Lohn nicht im Klaren sind,
haben keinen Mangel an Ausreden und Mittel zur Erreichung
ihrer Ziele. Sie können in jeder Stufe Wege des Erfolgs
finden, aber wenn die Vorschriften von Menschlichkeit, Islam,
oder die Beschränkungen auferlegt durch Ethik und religiöses
Gesetz als Hemmnisse auftreten, dann verringert sich die
Möglichkeit, Mittel und Wege zu ersinnen, und der
Aktionsspielraum wird eingeschränkt. Muawiyas Einfluss und
Kontrolle war das Resultat von diesen Mitteln und Wegen, derer
er sich bediente, in denen er kein Hemmnis noch irgendein
Hindernis kannte, ob es erlaubt war oder nicht, noch fürchtete
er den Tag des Gerichts, was ihn davon hätte abhalten können,
furchtlos wegen der Folgen zu handeln, wie Allama Raghib
Isfahani über seinen Charakter schreibt:
„Sein Sinnen
und Trachten bestand stets darin, sein Ziel zu erreichen, sei
es erlaubt oder nicht. Weder interessierte ihn die Religion,
noch dachte er irgendwann an die göttliche Bestrafung. Er
bediente sich Falschaussagen und Erfindungen, um seine Macht
zu erhalten, und wandte Betrug und Einfälle aller Art dafür
an. Als er sah, dass er keinen Erfolg erlangen konnte, ohne
den Befehlshaber der Gläubigen (a.) in einen Krieg zu
verwickeln, stachelte er Talha und Zubair gegen ihn auf. Als
er mit diesen Mitteln keinen Erfolg erzielen konnte, hetzte er
die Syrer auf und zettelte den Bürgerkrieg (Muslime gegen
Muslime) von Siffin an. Als seine rebellische Einstellung
durch die Ermordung von Ammar klargeworden war, führte er erst die Leute hinters Licht, dass Ali für seine Ermordung
verantwortlich sei, da er ihn auf das Schlachtfeld geschickt
hätte, und bei anderer Gelegenheit interpretierte er die Worte
des Propheten “aufrührerische Partei“ in dessen Voraussage,
dass Ammar von einer aufrührerischen Partei getötet werden
würde, mit der Bedeutung “Rache nehmende Partei“, womit er
beweisen wollte, dass Ammar von denen getötet werden würde,
die Uthmans Blut rächen wollten, obwohl der nächste Teil des
Satzes seiner Aussage „er wird sie zum Paradies rufen“, keinen
weiteren Interpretationsspielraum lässt. Als es keine Hoffnung
auf Sieg mehr gab trotz dieser Listen, ersann er durch Hinweis
seines Feldherrn Amr ibn Aas, Qur´an-Verse auf Speerspitzen
aufzuspießen, obwohl weder der Qur´an noch dessen Gebote bei
ihm irgendeine Wertigkeit besaßen. Wenn er wirklich mit dem
Qur´an eine Entscheidung hätte fällen wollen, hätte er diese
Forderung vor Beginn der Schlacht stellen müssen, und als ihm
klar wurde, dass die Entscheidung gesichert worden war durch
Amr ibn Aas weiteren Trick
durch den Betrug an Abu Musa al-Aschari und dass sie somit
nicht den entferntesten Zusammenhang mit dem Qur´an hatte,
hätte er sie nicht akzeptieren dürfen, und er hätte Amr ibn
al-Aas für diese List bestrafen, oder ihn zumindest warnen und
ermahnen müssen. Aber im Gegenteil wurde seine (Amr ibn al-Aas´)
Handlungsweise hoch gewertet, und als Belohnung wurde er
Gouverneur von Ägypten.“
Im Gegensatz
dazu war das Verhalten des Befehlshabers der Gläubigen (a.)
ein hochstehendes Muster des religiösen Gesetzes und Ethik. Er
behielt die Erfordernisse von Wahrheit und Rechtschaffenheit
immer im Blick, selbst unter ungünstigen Umständen und
gestattete nicht, dass sein reines Leben durch die Sicht von
Betrug und dem Ersinnen von Listen befleckt wurde. Wenn er
gewollt hätte, hätte er eine List nach der anderen ersinnen
können, und Muawiyas schändliche Handlungen hätten durch
ähnliche Handlungen beantwortet werden können. Zum Beispiel,
als Muawiya eine Wache am Ufer des Euphrat abgestellt hatte,
um Imam Alis (a.) Soldaten den Zugang zum Wasser zu
versperren, dann hätte er ihn später auch aus Rache den Weg
zum Wasser abschneiden können, denn da Muawiya vorher das
Euphratufer erobert hatte, hätte Imam Ali (a.) Vergeltung üben
und Muawiya überwältigen können durch Schwächung seiner
Kampfkraft durch Wasserentzug. Aber der Befehlshaber der
Gläubigen (a.) konnte niemals seine Hände mit so einer
unmenschlichen Tat beschmutzen, die weder durch irgendein
Gesetz noch moralische Vorschrift gestattet war, obwohl
gewöhnliche Leute solche Handlungen gegen den Feind als
statthaft erachten und diese Doppelzüngigkeit, um Erfolg zu
erzielen für einen klugen politischen Schachzug und
strategische Fähigkeit halten. Aber der Befehlshaber der
Gläubigen konnte unter keinen Umständen in Betracht ziehen,
seine Macht mit Schwindel und Falschheit zu stabilisieren.
Daher, als die Leute ihm rieten, die Beamten aus den Tagen von
Uthman in ihren Ämtern zu belassen und Talha und Zubair zu
besänftigen, in dem er ihnen Gouverneursposten von Kufa und
Basra zusicherte und Muawiyas Geschicklichkeit in der
Verwaltung zu nutzen, in dem er ihn zum Gouverneur von Syrien
machen sollte, lehnte der Befehlshaber der Gläubigen (a.)
diese Ratschläge ab, zog die Gebote des Religionsgesetzes
weltlichem Machtstreben vor und erkläre Muawiya offen
Folgendes:
„Wenn ich
Muawiya erlaube, das zu behalten, was er bereits besitzt, dann
wäre ich einer von denen, die diejenigen, die (andere)
fehlleiten, als Helfer nehmen“.
Die, die auf
oberflächliche Erfolge schauen, interessiert es nicht,
herauszufinden, durch welche Mittel diese Erfolge erzielt
wurden. Sie unterstützen jeden, von dem sie sehen, dass er
seine Erfolge auf listigen und betrügerischen Mitteln und
Wegen erlangt hat und beginnen ihn als einen Administrator,
als klugen Politiker mit brillantem Intellekt usw. zu
betrachten, während derjenige, der keine listigen und
doppelbödigen Methoden anwendet dank seines Festhaltens an
islamischen Geboten und göttlichen Instruktionen, und der
Misserfolg gegenüber durch falsche Methoden erlangten Erfolg
bevorzugt, als jemand betrachtet wird, der politisch unwissend
und keine Weitsicht besitzt. Sie halten es nicht für
notwendig, darüber nachzudenken, was für Schwierigkeiten und
Hindernisse es auf dem Weg einer Person gibt, die an
Prinzipien und Gesetzen festhält, die sie vom Weiterkommen
abhalten, selbst nachdem sie fast Erfolg gehabt hätte.