Quran im Islam
Der Quran im Islam

Mehr zum Autor siehe: Allama Sayyid Muhammad Husain Tabatabai

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Der Qur´an im Islam

Aufhebende und aufgehobene Verse im Quran

Es gibt Quranische Gebote, die nach ihrer Offenbarung die Stelle anderer früher offenbarter Gebote, die bis dahin befolgt wurden, eingenommen und damit ihrer Gültigkeit ein Ende gesetzt haben. Die ersteren heißen Aufgehobene [mansuh] und die letzteren, die sie aufgehoben haben, werden Aufhebende [nasih] genannt. Beispielsweise erhielten die Muslime zu Beginn der Berufung des Propheten (s.) die Anweisung, mit den Leuten der Schrift in Frieden zu leben:

„Viele von den Leuten der Schrift möchten euch gern, nachdem ihr gläubig geworden seid, wieder zu Ungläubigen machen, da sie von sich aus Neid empfinden, nachdem ihnen (als ersten) die Wahrheit (der Offenbarung) klar geworden ist. Aber rechnet es (ihnen) nicht an und seid nachsichtig und wartet zu, bis Allah mit seiner Entscheidung kommt.“ (2:109)

Nach einiger Zeit wurde jedoch die Anweisung zum Kampf gegeben:

„Kämpft gegen diejenigen, die nicht an Allah und den Jüngsten Tag glauben und nicht verbieten, was Allah und sein Gesandter verboten haben, und nicht der wahren Religion angehören – von denen, die die Schrift erhalten haben.“ (9:29)

Gewiss, wir verstehen unter dem Aufheben eines Gebotes den Umstand, dass sich dieses Gebot, das aus einer bestimmten Überlegung heraus erlassen und befolgt wurde, später als Irrtum erweist und daher aufgehoben und durch ein anderes Gebot ersetzt wird. Aufheben in diesem Sinne würde bedeuten, dass dem erhabenen Gott Unwissenheit und Irrtum zugeschrieben wird. Das ist unzulässig, abgesehen davon, dass die Quranischen Verse zueinander nicht im Widerspruch stehen.

Das Aufheben im Quran meint vielmehr, dass die Gültigkeitsdauer eines Gebotes ausgelaufen ist. Mit anderen Worten, wenn die Umstände, die das Erlassen eines Gebotes erforderlich machen, von begrenzter Dauer sind, so sind ihre Folgen, d.h. in diesem Falle die Gebote, ebenfalls von begrenzter Gültigkeit. Wird nach einiger Zeit ein zweites Gebot offenbart, so kündigt es gleichzeitig das Ende der Gültigkeitsdauer des ersten Gebotes an. Da der Quran im Verlaufe von 23 Jahren allmählich offenbart wurde, kann ohne weiteres angenommen werden, dass er solche Gebote enthält. Das Erlassen eines vorläufigen Gebotes, solange die Umstände ein dauerhaftes Gebot noch nicht erfordern, und das spätere Eintauschen des vorläufigen Gebotes gegen das dauerhafte, sind gewiss unbedenklich, wie dies aus folgender Quranischer Stelle über den Sinn der Abrogierung hervor geht:

„Und wenn wir einen Vers anstelle eines anderen eintauschen – und Allah weiß ja am besten, was er als Offenbarung herabsendet – sagen sie: ,Es ist ja eine reine Erfindung von dir.“ Aber die meisten von ihnen wissen es nicht. Sag, der Heilige Geist hat ihn von deinem Herrn mit der Wahrheit herabgesandt, um diejenigen, die glauben, zu festigen, und als Rechtleitung und frohe Botschaft für die, die sich Allah ergeben haben.“ (16:101-102)

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