Der Quran im Islam
Beispiel für die Auslegung des Quran durch den Quran
Der erhabene Gott sagt in der Schrift an
mehreren Stellen:
„Allah ist der Schöpfer aller Dinge.“
(39:62)
Diese Äußerung wiederholt sich an vier
verschiedenen Stellen und besagt, dass alles, was in der Welt
der Schöpfung angenommen werden kann, von Gott erschaffen
worden ist und durch ihn existiert. Man darf nicht außer acht
lassen, dass im Quran in zahlreichen Versen der Zusammenhang
von Ursache und Wirkung bestätigt und die Handlung eines jeden
auf ihn selbst zurückgeführt wird. Handlungen wie das Anzünden
von Feuer, das Wachsenlassen der Pflanzen und das Regnenlassen
von Wasser gehören dazu. Die freien Handlungen des Menschen
werden ihm selbst zugeschrieben. Fazit: Dem Handelnden wird
seine Handlung zugeschrieben. Doch sowohl der Handelnde wie
auch die Handlung existieren nur durch Gott.
Nach der Verallgemeinerung des
Schöpfungsaktes sagte der Erhabene:
„Er ist es, der alle Dinge auf die
schönste Weise geschaffen hat.“ (32:7)
Aufgrund dieser beiden Verse stehen
Schöpfung und Schönheit in einem unmittelbaren Zusammenhang.
Alles Existierende in der Welt ist schön und nichts anderes
als schön. Andererseits wird in vielen Quranischen Versen der
Gegensatz von gut und böse, Nutzen und Schaden, gut und
schlecht, schön und hässlich bestätigt. Zahlreiche Handlungen
und Erscheinungen werden als schlecht und hässlich bezeichnet.
Doch das Schlechte, das Hässliche und das Unangenehme
entstehen nur durch Vergleiche. Sie sind relativ und
existieren nicht an sich. Beispielsweise sind Schlangen und
Skorpione schlecht, bezogen auf die Menschen und Tiere, die
von ihnen gebissen bzw. gestochen werden, nicht jedoch in
Bezug auf die Steine und die Erde. Der Geruch und der
Geschmack von Kadaver sind ekelerregend, aber nur für den
Geruchs- und Geschmacksinn des Menschen, und dies nicht für
alle. Manche Handlungs- und Verhaltensweisen sind schlecht,
jedoch mit Bezug auf die betreffende Gesellschaftsordnung und
nicht in jeder Gesellschaft und nicht unabhängig von
Gesellschaftsordnungen. Wird eine Zeitlang auf Relationen
und Vergleiche verzichtet, so erscheint einem alles
Existierende in erstaunlicher und unbeschreiblicher Schönheit.
Denn das Beschreiben der Schönheit selbst ist ein Teil der
Existenz. Dieser Quranische Vers will in der Tat den Menschen
von der relativen Schönheit und Hässlichkeit abbringen, auf
die absolute Schönheit aufmerksam machen und den Verstand mit
dem allgemeinen Blick ausstatten.
Diese Quranische Lehre vor Augen,
begegnen wir Hunderten von Versen, die auf mannigfaltige Weise
die Seienden dieser Welt einzeln oder gruppenweise mit den
ihnen eigenen Teil- und Ganzsystemen als Zeichen des erhabenen
Gottes darstellen und sie – wie man sie sich auch immer
vorstellen mag – als Manifestation Gottes erachten. Aus dieser
Erörterung geht in Bezug auf die beiden erwähnten Verse
hervor, dass die erstaunliche Schönheit, die die ganze Welt
umfasst, in der Tat die Schönheit ihrer göttlichen Erhabenheit
ist, die sich durch himmlische und irdische Zeichen offenbart.
Jedes Teil dieser Welt öffnet ein Fenster nach außen zu einem
herzerfreuenden unendlichen Bereich, doch keines dieser Teile
besitzt etwas von sich aus. Daher kommt jede Schönheit und
Vollkommenheit nur Gott zu, wie es auch in weiteren Versen
ebenfalls heißt:
„Er ist der Lebendige. Es gibt keinen
Gott außer ihm.“ (40:65)
„... dass alle Macht Allah zukommt.“
(2:165)
„Alle Macht kommt nur Allah zu.“
(4:139)
„Er schafft, was er will, und ist der,
der alles weiß und kann.“ (30:54)
„Er ist der, der alles hört und
durchschaut.“ (17:1)
„Allah; es gibt keinen Gott außer ihm.
Ihm stehen die schönsten Namen zu.“ (20:8)
In der Welt der Existenz kommt demnach
alles Schöne nur dem erhabenen Gott zu, für alles andere
bleibt nichts anderes als der geborgte Schein.
Zur Bekräftigung dieser Feststellung wird
mit anderen Worten erklärt, dass die Schönheit und die
Vollkommenheit eines jeden Geschöpfes in der Welt begrenzt und
endlich sind und dass sie unbegrenzt und unendlich nur bei
Gott existieren:
„Wir haben alles in einem begrenzten
Maße geschaffen.“ (54:49)
„Und es gibt nichts, was wir nicht bei
uns in Vorrat hätten. Und wir lassen es nur in begrenztem Maße
auf die Erde herabkommen.“ (15:21)
Mit der Anerkennung dieser Quranischen
Wahrheit befindet sich der Mensch plötzlich vor einer ihn
umfassenden, lückenlosen, unendlichen Schönheit und
Vollkommenheit, vergisst jede andere Schönheit und
Vollkommenheit, sogar seine eigene, die ja auch zu jenen
göttlichen Zeichen gehören. Er ist hingerissen und verliebt.
In diesem Sinne heißt es im Quran:
„Doch die Gläubigen sind stärker in
der Liebe zu Allah.“ (2:165)
Und gerade hier gibt er, wie es die Liebe
erfordert, seine Unabhängigkeit und seinen Willen für den
erhabenen Gott hin, begibt sich unter seine absolute Betreuung
und seinen göttlichen Schutz. So heißt es dann auch im Quran:
„Allah ist der Schützer der
Gläubigen.“ (3:68)
Der erhabene Gott übernimmt dann wie
versprochen seine Führung:
„Allah ist der Schützer der Gläubigen.
Er führt sie aus den Finsternissen zum Licht.“ (2:257)
Er schenkt ihm, wie es in folgenden
Versen heißt, einen anderen Geist und ein anderes Leben:
„Ist denn einer, der tot war und den
wir dann zum Leben erweckt und dem wir ein Licht gegeben
haben, indem er unter den Menschen umhergeht wie einer, der in
der Finsternis ist und nicht aus ihr herauskommen kann?“
(6:122)
Und:
„Allah hat ihnen den Glauben ins Herz
geschrieben und sie mit Geist von sich gestärkt.“ (58:22)
Er gibt ihm ein Licht (der Erkenntnis),
damit er den Weg der Glückseligkeit in der Gesellschaft
erkennt. In einem anderen Vers zeigt er den Weg zu diesem
Licht:
„Ihr Gläubigen! Fürchtet euch und
glaubt an seinen Gesandten, dann gibt er euch dereinst einen
doppelten Anteil an seiner Barmherzigkeit und macht euch ein
Licht, in dem ihr umhergehen könnt.“ (57:28)
Der Glaube an den Propheten wird im
Quran als Ergebenheit und Folgsamkeit ihm gegenüber
ausgelegt:
„Sag: Wenn ihr Allah liebt, dann folgt
mir, damit auch Allah euch liebt.“ (3:31)
In einem anderen Vers werden die
Hintergründe der Folgsamkeit erklärt: „Die dem Gesandten,
dem schriftunkundigen Propheten folgen, den sie bei sich in
der Thora und im Evangelium verzeichnet finden und der ihnen
gebietet, was recht ist, verbietet, was verwerflich ist, die
guten Dinge für erlaubt und die schlechten für verboten
erklärt und ihre drückende Verpflichtung und die Fesseln, die
auf ihnen lagen, abnimmt.“ (7:157)
Noch deutlicher werden die Hintergründe
der Folgsamkeit in einem anderen Vers, der gleichzeitig den
ersten auslegt, erklärt:
„Richte nun dein Antlitz rechtgläubig
auf die wahre Religion! Das ist die natürliche Art, in der
Allah die Menschen erschaffen hat. Die Art und Weise, in der
Allah die Menschen geschaffen hat, kann man nicht abändern.
Das ist die Religion, die rechtleitet.“ (30:30)
Laut diesem Vers beruht das vollständige
Programm des Islam auf den Erfordernissen der Schöpfung. Mit
anderen Worten, es beinhaltet Gebote und Gesetze, zu denen die
Menschen durch ihre natürliche Art, in der sie geschaffen
worden sind, geführt werden (das makellose Leben eines
natürlichen Menschen). In diesem Sinne heißt es auch
andernorts:
„Und bei einem jeden menschlichen
Wesen und bei dem, der es geformt und ihm die ihm eigene
Sündhaftigkeit oder Gottesfurcht eingegeben hat! Selig ist,
wer es rein hält, aber enttäuscht wird, wer es verkommen
lässt.“ (91:7-10)
Der Quran ist das einzige himmlische
Buch, das erstens das glückliche Leben mit dem makellosen
reinen Leben des natürlichen Menschen gleichsetzt und zweitens
im Gegensatz zu den meisten oder gar allen Systemen, die die
Gottesverehrung des Menschen von seinem täglichen Leben
trennen, das religiöse Leben als das tägliche Leben gestaltet.
Er kümmert sich um alle individuellen und gesellschaftlichen
Belange des Menschen, gibt realistische Anweisungen (als
Weltanschauung und Erkennung Gottes), er überlässt die
Menschen der Welt, die Welt den Menschen und sie beide dem
erhabenen Gott.
Der Quran erwähnt zahlreiche äußere und
innere Eigenschaften für die Männer Gottes und die Freunde der
Wahrheit in Bezug auf ihre Zuversicht, deren Erörterung den
Rahmen dieses Kapitels sprengen würde.