Der Quran im Islam
Die sieben Leser
Sieben Leser der dritten Generation
erlangten eine besondere Berühmtheit. Sie galten als
Autoritäten, die alle anderen Leser übertrafen. Ihre Lesarten
wurden zwar den zahlreichen Überlieferern weitergereicht, doch
jeweils nur zwei Überlieferer brachten es auf diesem Gebiet
zum nötigen Ansehen. Die sieben Leser und ihre Überlieferer
sind der Reihe nach:
Der 1. ist Ibn Kathir aus Mekka, und
seine Überlieferer sind Qunbul und al-Bazzi über einen
Mittler.
Der 2. ist Nafi aus Medina, und seine
Überlieferer sind Qalun und Warsch.
Der 3. ist Asim aus Kufa, und seine
Überlieferer sind Abu Bakr Schuba ibn Ayyasch und Hafas. Der
heute unter den Muslimen verbreitete Quran entspricht der
Lesart von Asim nach der Überlieferung von Hafas.
Der 4. ist Hamza aus Kufa, und seine
Überlieferer sind Halaf und Hallad über einen Mittler.
Der 5. ist Kisai aus Kufa, und seine
Überlieferer sind al-Duri und Abu al-Harith.
Der 6. ist Abu Amr ibn Ala aus Basra, und
seine Überlieferer sind al-Duri und Sawasi über einen Mittler.
Der 7. ist Ibn Amir aus Damaskus, und
seine Überlieferer sind Hischam und ibn Dikwan über einen
Mittler.
Anerkannt sind außer den sieben
kanonischen Lesarten noch die Lesarten der drei Quran-Leser
Abu Dschafar, Yaqub und Halaf.
Es gibt noch andere Lesarten, die
vereinzelt von den Gefährten des Propheten überliefert worden
sind, und daneben die nicht anerkannten Sadd-Lesarten sowie
jene Lesarten, die von Imamen aus dem Hause des Propheten
überliefert worden sind. Es gibt allerdings Überlieferungen
von den Imamen (a.), die die Anweisung enthalten, dass den
kanonischen Lesarten zu folgen sei.
Die sunnitischen Gelehrten erkennen die
Sieben Lesarten allgemein als Mutawatir
an. Andere legen die bekannte Prophetenüberlieferung „Der
Quran wurde auf sieben Buchstaben offenbart“ so aus, als
seien damit die Sieben Lesarten gemeint, und sie seien daher
lediglich anerkannt, aber nicht Mutawatir.
Zarkeschi schreibt in Burhan: „Es ist
zwar richtig, dass uns die sieben Lesarten durch eine
lückenlose Überlieferungskette erreicht haben, doch es ist
fraglich, ob sie auf den Propheten zurückgeführt werden
können, denn ihre Überlieferung ruht in jeder Generation auf
der Aussage einzelner.“
Makkai hat gesagt: „Wer meint, dass die
Lesart der Leser wie Nafi und Asim mit den in der
Prophetenüberlieferung erwähnten sieben Buchstaben zu tun
habe, befindet sich in einem offensichtlichen Irrtum. Dieser
Meinung liegt die Annahme zugrunde, dass die unterschiedlichen
Lesarten anderer Religionsgelehrten keine richtige
Quran-Lesung seien. Diese Meinung ist jedoch eindeutig
falsch. Die früheren Gelehrten, wie Abu Ubaid Qasim ibn Salam,
Abu Hatim al-Sigistani, Ismail al-Qadi, die Lesartensammlungen
verfasst haben, geben zahlreiche andere Leser an.“ „Anfang des
dritten Jahrhunderts nach der Auswanderung war in Basra die
Lesart von Abu Umar und Yaqub, in Kufa die Leseart von Hamza
und Asim, in Damaskus die Lesart von Ibn Amir, in Mekka die
Lesart von Ibn Kathir und in Medina die Lesart von Nafi
üblich. Anfang des vierten Jahrhunderts ersetzte Ibn
Mudschahid die Lesart von Yaqub durch die von Kisai.“
„Der eigentliche Grund, warum sich die
Leute die Lesarten der Sieben aneigneten, obwohl viele andere
Leser ebenso gut oder noch besser waren, ist, dass die Zahl
der Lesartenüberlieferer derart anstieg, dass es den Muslimen
zunehmend schwerfiel, so viele Überlieferungen auswendig zu
lernen oder aufzubewahren. Daher wurde beschlossen, einige von
ihnen, deren Lesarten mit der Schrift des Mushaf
übereinstimmten und leichter zu lernen und aufzubewahren
waren, auszuwählen.“
„Mit Rücksicht darauf, dass jeweils eins
der fünf Quran-Exemplare von Uthman nach Mekka, Medina, Kufa,
Basra und Damaskus geschickt worden war, wurde in jeder dieser
Städte ein Leser ernannt, dessen Lesart dort üblich wurde.“
„Wie Ibn Mudschahid hat auch Ibn
Dschubair in seinem Buch über die Lesearten von sieben Lesern
nur fünf aus diesen Städten erwähnt. Doch später haben Ibn
Mudschahid und andere mit Rücksicht auf eine Überlieferung,
die besagt, dass noch zwei Quran-Exemplare in den Jemen und
nach Bahrain geschickt worden seien, alle sieben Leser
erwähnt.“
„Da über die in den Jemen und nach
Bahrain übersandten Exemplare nichts Näheres bekannt war,
wurden die Namen von zwei Lesern aus Kufa zur
Vervollständigung der gewünschten Anzahl den Namen der fünf
hinzugefügt.“
„Zufällig stimmte sie mit der Zahl
überein, die in der Propheten-Überlieferung ,Der Quran
wurde auf sieben Buchstaben offenbart' erwähnt wird.
Leute, die die Zusammenhänge nicht kannten, müssen geglaubt
haben, dass der Prophet mit den sieben Buchstaben sieben
Lesarten gemeint habe.“
„Wie dem auch sei, die zuverlässige
Lesart ist diejenige, die auf einer Überlieferung mit direkter
Zeugenkette beruht und mit den Regeln der arabischen Sprache
sowie der Schriftart des Mushaf übereinstimmt.“ (Soweit
verschiedene Zitate von Makkai)
Qurab sagt in Mathani: „Dass wir uns an
den Lesarten der Sieben Leser orientieren sollen und nicht an
denen der anderen, hat weder einen besonderen Sinn, noch geht
es auf eine Überlieferung zurück. Einige spätere Verfasser
haben diese sieben Lesarten gesammelt und veröffentlicht, erst
dann ist der Eindruck entstanden, als ob andere Lesarten nicht
zulässig seien. Doch das hat bislang keiner behauptet.“