Vierter Teil
Donnerstag, 17. Mai
Rosen, überall Rosen; in dieser kurzen Jahreszeit, die so
schnell dem alles versengenden Sommer Platz macht, lebt man in
einer Flut von Rosen. Sobald ich des Morgens meine Tür öffne,
beeilt sich der Gärtner, mir einen Strauß zu bringen, der
frisch gepflückt noch ganz feucht von dem Tau der Maiennacht
ist. In den Cafés reicht man uns eine Rose zur traditionellen
kleinen Tasse Tee. In den Straßen bieten uns die Bettler Rosen
an, die wir aus Mitleid nicht zurückweisen, die wir aber kaum
zu berühren wagen, weil sie aus solchen Händen kommen.
Heute erscheinen in Ispahan zum erstenmal in diesem Jahr
die kleinen Esel, die Eisträger, um die unschuldigen Getränke,
das klare Wasser zu kühlen; ein Knabe führt sie, er treibt sie
von Tür zu Tür und meldet sie durch einen lauten, singenden
Schrei an. Das Eis hat man aus den weißen Schneeregionen
geholt, die man dort oben auf den Gipfeln der Berge leuchten
sieht, man hat es in Körben auf den Rücken der Esel geladen
und mit Zweigen gegen die Sonne geschützt, – natürlich zieren
auch einige Rosen den Korb.
Viele kleine Esel kreuzen meinen Weg, als ich mich heute
morgen zu einem Babuschenhändler begebe, dem ich für schweres
Geld das Versprechen abgelockt habe, mir heimlich drei Frauen
Ispahans zu zeigen. Wir klettern zusammen auf eine verfallene
Mauer hinauf, um durch ein Loch in den Garten hineinzusehen,
wo man heute bei der Rosenernte beschäftigt ist. Und wirklich,
dort stehen drei Frauen, sie halten große Scheren in der Hand,
schneiden Rosen und legen diese in Körbe, zweifellos, um aus
den Blättern Essenzen zu bereiten. Ich hatte gehofft, daß sie
hübscher wären; die Damen, die auf den altmodischen Schachteln
gemalt sind und auch die wenigen unverschleierten Bäuerinnen,
denen wir unterwegs in den Dörfern begegnet sind, haben mich
verwöhnt. Sehr blaß, ein wenig zu fett, sind sie trotzdem
anziehend mit ihren altmodisch naiven Augen. Bestickte,
paillettenbenähte Seidenstoffe verhüllen ihr Haar. Sie tragen
überfallende Hemden, und über den Hosen kurze, abstehende
Röcke, wie die Röcke der Balletteusen; alles dies scheint aus
Seide zu sein und ist mit Stickereien verziert, die an das
Jahrhundert des Schah-Abbas erinnern. Übrigens versichert mich
mein Führer, daß es Frauen der besten Gesellschaft sind.