131. Ein Fürst aus Balch
Ein Fürst aus Balch reiste nach Bagdad, und von dort
wallfahrtete er nach Mekka. Der Wind hob den Schleyer einer
Frauensänfte aus der Karawane auf, und der Anblick des
entschleierten Engelgesichts raubte dem Fürsten Besinnung und
Ruhe. Ohne weiter etwas von ihrem Namen und Stande entdecken
zu können, reiste er nach Bagdad, wo er sich bei einem
Spezereihändler einmietete, in der Hoffnung, seiner schönen
Unbekannten auf die Spur zu kommen.
Sein Wirth fragte ihn um die Ursache seiner Anwesenheit in
Bagdad und seiner tiefen Schwermut. Er hatte dessen kein Hehl,
und machte eine so umständliche Beschreibung der Sänfte und
des schönen Weibes, dass der Spezereikrämer darin sein eigenes
erkannte. Wiewohl er dasselbe innigst liebte, so beschloss er
doch, der Gastfreundschaft ein Opfer zu bringen, eines der
größten und seltensten, deren die Großmut fähig ist. Er schied
sich von seiner geliebten Gemahlin, und, ohne dass sie oder
der Fürst die Wahrheit vermuteten, überließ er sie dem
Freunde. Durch einen Zufall ward der Grund der Scheidung
entdeckt, und der Fürst, nicht weniger großmütig als
leidenschaftlich verliebt, stellte seinem Wirte seine Gemahlin
mit reichlichen Geschenken wieder zurück.