Gulistan
 

Saadis Verse aus dem Gulistan

übersetzt von Friedrich Rückert

zum Inhaltsverzeichnis

Der alte Schützenmeister

Treu' entweder gab es niemals in der Welt
Oder Niemand lebt jetzt, der sie treibe.
Keiner hat von mir die Schützenkunst gelernt.
Der zuletzt nicht mich gemacht zur Scheibe.

39

Mach dir zu Nutze was sich heut dir fand zur Hand,
Denn diese Herrlichkeiten gehn von Hand zu Hand.

40

Zeitliches alswie ein Wind der Wüst' ist hingegangen,
Alles Süß und Bittre, Schön und Wüst' ist hingegangen.
Der Bedrücker dacht' uns wohl in seinem Druck zu zwacken,
Über uns ging hin der Druck, ihm blieb er auf dem Nacken.

41

Dem Rat des Sultans widerraten wollen
Heißt seine Hand im eignen Blute baden.
Ja wenn er sagt am hellen Tag: Nacht ist's,
So sag: hier ist der Mond und die Pleiaden.

42

Ein Mann ist der nicht in Verständ'ger Augen,
Wer Kampf mit wilden Elefanten wagt.
Ein Mann ist in der Tat und in der Wahrheit
Wer selbst im Zorne nichts unrechtes sagt.

43

Tu wo möglich keinem weh,
Mancher Dorn liegt auf den Wegen;
Hilf der Not des Armen ab,
Dir auch kommt die Not entgegen!

44

Ehr sollst du glühnden Kalk mit Händen kneten
Als händefaltend vor den Fürsten treten.

45

Wenns ohne mein Dreinreden geht von Statten,
Brauch' ich mich nicht mit Reden zu ermatten.
Doch säh ich einen Blinden und die Grube,
Wollt ich dann schweigen, so wär ich ein Bube.

46

Wenn die Speise mit der Weisheit wüchse,
Bliebe freilich leer des Dummen Büchse;
Einem Dummen gibt man soviel Speise
Daß darüber staunen hundert Weise.

© seit 2006 - m-haditec GmbH - info@eslam.de