Gulistan
 

Saadis Verse aus dem Gulistan

übersetzt von Friedrich Rückert

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V. Von der Liebe und der Jugend

1

Wer ansieht mit dem Blick des Übelwollens,
Der findet daß nicht Jusufs Schönheit tauge,
Und wer den Teufel mit Wohlwollen anblickt,
Den schaut ein Engel an mit Cherubsauge.

2

Wenn der Herr einmal mit seinem schönen
Sklaven sich ergeht in Scherz und Lachen,
Wird der Sklave bald den Herren machen
Und der Herr des Sklaven Launen fröhnen.

3

Zum Sklaven taugt ein Lohnarbeiter, Wasserträger;
Ein Sklave zart und zierlich wird ein Schläger.

4

O Jammer, Wermut hat der Arzt verschrieben,
Und Zucker ist der kranken Lust Belieben.

5

Hast du gehört was Liebchen im Gemach
Zu jenem armen Herzberaubten sprach?
Legst du dir selber einen Wert noch bei,
Sprich, was mein Wert in deinen Augen sei?

6

Der mich getötet, hat zu mir sich wieder hergefunden;
Gewiß mit seinem Opfer hat er Mitleid nun empfunden.

7

Des Korans Siebenabschnitt sagst du sonst auswendig her;
Wenn du den Kopf verlorst, weißt du das ABC nicht mehr.

8

Es wundern mich die Toten nicht, vor dir im Staub gebettet;
Es wundert mich ein Lebender wie er vor dir sich rettet.

9

Nicht so, o Paradieseswang', ist mein Versenken
In dich, daß ich dabei an mich noch könnte denken.
Von deinem Anblick könnt' ich ab den Blick nicht wenden
Und säh' ich dich mir einen Pfeil entgegen senden!

10

Mir kam dein Traum von dessen Glanz die Nacht war hell entglommen;
Mich wunderte das Glück woher mir solch ein Heil gekommen.

11

Spät kommst du, seltner Gast, zur Stelle;
Nun kommst du nicht vom Platz so schnelle.
Wenn man sein Liebchen soll so spat sehn,
Dann muß man wenigstens sich satt sehn.

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