Eigentum ist ein sekundäres Instrument der Verteilung
Nach der Arbeit und der Bedürftigkeit
spielt auch das Eigentum eine Rolle bei der Verteilung von
Gütern, und zwar als sekundäres Instrument. Dies ist der Fall,
weil der Islam, wenn er auch die Herausbildung von
Privateigentum auf der Grundlage von Arbeit gestattet, sowohl
dem Kapitalismus als auch dem Marxismus hinsichtlich der
Rechte, die er dem Eigentümer gewährt, und der Bereiche, in
denen sie ausgeübt werden können, widerspricht. Die Erlaubnis,
sein Eigentum zur Vermehrung des eigenen Reichtums zu
verwenden, ist nicht absolut und uneingeschränkt wie beim
Kapitalismus, der alle Arten von Gewinn legalisiert, und
Gewinn wird auch nicht ganz unmöglich gemacht, wie beim
praktizierten Marxismus, bei dem der Gewinn und die
individuelle Ausnutzung von Vermögen in ihren verschiedenen
Formen verboten sind, sondern der Islam nimmt eine mittlere
Position ein: Er verbietet einige Arten von Gewinn, wie den
Zinsgewinn, und erlaubt andere, wie den Gewinn durch Handel.
Indem der Islam einige Arten von Gewinn
verbietet, zeigt er einen grundsätzlichen Unterschied zum
Kapitalismus und dessen Eintreten für den wirtschaftlichen
Liberalismus, den wir bereits in dem Abschnitt “Über den
Kapitalismus“
als eine Grundlage kapitalistischer ideologischer Denkweise
kritisch untersucht haben. Wir werden in späteren Kapiteln
noch einige Arten des im Islam verbotenen Gewinns, wie den
Zinsgewinn, und die islamische Begründung für seine
Abschaffung untersuchen.
Ebenso zeigt der Islam mit seiner
Erlaubnis des Handelsgewinns einen grundsätzlichen Unterschied
zum Marxismus und dessen Begriffen von Wert und Mehrwert, und
zu dessen besonderer Methode, kapitalistische Gewinne zu
interpretieren, welche wir in unserer Studie über den
historischen Materialismus dargelegt haben.63 Und
indem der Islam den Gewinn durch Handel anerkennt, wird das
Eigentum selbst zum Mittel seiner eigenen Vermehrung, durch
Handel im Rahmen der legalen Voraussetzungen und Grenzen, und
folglich ein sekundäres Instrument der Verteilung, dessen
Wirksamkeit durch die geistigen Werte und die Interessen der
Allgemeinheit, für die der Islam eintritt, eingeschränkt wird.
So stellt sich also die islamische
Methode der Güterverteilung dar, wie wir sie auf den
vorangehenden Seiten herausgearbeitet haben: Die Arbeit als
Bedingung für Eigentum ist ein wesentliches Kriterium der
Güterverteilung, denn wer im Bereich der Natur arbeitet,
erntet die Früchte seiner Arbeit und darf sie sich aneignen.
Die Bedürftigkeit ist ein wesentliches Kriterium der
Güterverteilung, denn sie ist Ausdruck des unveräußerlichen
menschlichen Rechtes auf ein menschenwürdiges Leben. Deshalb
wird in der islamischen Gesellschaft für die wichtigsten
Bedürfnisse Sorge getragen und deren Befriedigung garantiert.
Das Eigentum kann zu einem sekundären Instrument der
Einkommensverteilung werden, und zwar durch die
Handelsaktivitäten, die der Islam unter besonderen
Voraussetzungen erlaubt, wenn sie nicht im Widerspruch zu den
islamischen Grundsätzen der sozialen Gerechtigkeit stehen,
deren Durchsetzung der Islam gewährleistet, wie es an anderer
Stelle noch im Einzelnen erläutert werden wird.