Unsere Wirtschaft

Unsere Wirtschaft / Iqtisaduna

Muhammad Baqir al-Sadr

Islamische Vorstellung von “dem wirtschaftlichen Problem“

Schließlich vertritt der Islam die Auffassung, dass bei objektiver Betrachtung das “wirtschaftliche Problem“ nicht auf die Spärlichkeit der Ressourcen für die Produktion und den Geiz der Natur zurückgeführt werden kann. Es stimmt zwar, dass die Ressourcen der Natur für die Produktion begrenzt, und dass die Bedürfnisse des Menschen zahlreich und vielfältig sind. Und es ist wahr, dass unsere Gesellschaft im Idealfall über unbegrenzte Ressourcen, die so reichlich wie die Luft vorhanden wären, verfügen würde, dass ihr alle wirtschaftlichen Probleme erspart blieben, und dass sich in ihr kein Armer finden würde, da in so einem Paradies jeder Einzelne in der Lage wäre, seine sämtlichen Wünsche zu erfüllen. Aber das bedeutet nicht, dass das “wirtschaftliche Problem“, mit dem die Menschheit zu kämpfen hat, tatsächlich darauf zurückzuführen ist, dass ein solches Paradies nicht existiert. Vielmehr ist der Versuch, es in diesem Sinne zu interpretieren, nur eine Art von Ausflucht davor, sich der Realität dieses lösbaren Problems zu stellen, indem man dessen Fabel-Charakter herausstellt, der angeblich unter keinen Umständen eine Lösung ermöglicht, was als Rechtfertigung dafür dienen soll, dass man die Unabänderlichkeit des Problems konstatiert, und sich auf dessen relative Lösung durch die Entwicklung der Produktion als Selbstzweck beschränkt. Dies führt im Folgenden zum Entwurf einer Wirtschaftsordnung, die das Problem nicht in Angriff nimmt, anstatt dass ein System herausgefunden wird, welches es überwindet. So verfährt der Kapitalismus, wenn er den Fabel-Charakter der Lösung des Problems herausstellt, und in der Vorstellung befangen bleibt, dass die Bedürfnisse des Menschen, da die Natur geizig sei, und sie nicht alle befriedigen könne, unweigerlich zu Gegensätzen und Konflikten in der Gesellschaft führen müssten, so dass es keine Alternativen zu einer Wirtschaftsordnung gäbe, die diese Bedürfnisse in Kategorien einteilt, und festsetzt, welche davon befriedigt werden müssen, und welche nicht. Der Islam stimmt all diesem nicht zu, sondern betrachtet das Problem in seinem realistischen, lösbaren Aspekt, wie wir es durch Allahs Wort bestätigt finden:

Allah ist es, der die Himmel und die Erde für euch erschuf und Wasser vom Himmel herabsendet, um ihre Früchte zu eurem Lebensunterhalt hervorzubringen. Und er machte euch die Schiffe dienstbar, damit ihr nach seinem Befehl auf dem Meer fahrt, und die Flüsse, und die unermüdliche Sonne und den Mond, und die Nacht und den Tag, und er gab euch alles, worum ihr ihn batet. Und wenn ihr die Wohltaten Allahs zählen wollt, so gelingt es euch nicht. Wahrlich, der Mensch ist sehr ungerecht und undankbar.“[1]

Diese edlen Qur´an-Verse versichern, nachdem sie die Quellen des Reichtums, welche Allah der Erhabene dem Menschen gnädig zur Verfügung stellt, dargelegt haben, dass diese ausreichen, um den Menschen zu befriedigen und seinen Wünschen nachzukommen („ ... und er gab euch alles, worum ihr ihn batet ...“). Das wirkliche Problem ist also nicht auf den Geiz der Natur oder deren Unfähigkeit, den Bedürfnissen der Menschen gerecht zu werden, zurückzuführen, sondern auf den Menschen selbst, wie es der letzte Vers fest stellt: Wahrlich, der Mensch ist sehr ungerecht und undankbar. Die Ungerechtigkeit des Menschen bei der Verteilung der Güter und seine Undankbarkeit gegenüber der göttlichen Gnade, indem er nicht alle Ressourcen, die Allah ihm überreichlich zur Verfügung stellt, vollständig ausnutzt, sind die beiden kombinierten Ursachen des Problems, welches der geplagte Mensch seit den frühesten Zeiten der Geschichte erlebt. Nur indem man das Problem mit der Unvollkommenheit des Menschen erklärt, wird es möglich, es zu überwinden, und die Ungerechtigkeit und Undankbarkeit gegenüber der göttlichen Gnade durch die Etablierung eines gerechten Systems der Güterverteilung und durch die Mobilisierung aller materiellen Potentiale für die Nutzbarmachung der Natur und die Entdeckung ihrer Schätze zu beseitigen.

[1] Heiliger Qur´an 14:32-34

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