Zuteilung von Grundbesitzersatzabgabe-Land
Es bleibt noch
eine weitere Angelegenheit zu erwähnen, die im Sprachgebrauch
der Rechtswissenschaft [fiqh] gelegentlich als
Zuteilung bezeichnet wird, aber in Wirklichkeit keine
Erteilung von Konzessionen ist, sondern die Entlohnung von
Diensten. Das Objekt dieser Zuteilung ist das
Grundbesitzersatzabgabe-Land, welches als Eigentum der ganzen
Umma gilt. So kann es geschehen, dass der Herrscher einer
Person ein Stück vom Grundbesitzersatzabgabe-Land zuerkennt,
und dieser erlaubt, über dessen Steueraufkommen zu verfügen.
Diese Handlungsweise des Herrschers hat zwar in der
historischen Realität gelegentlich und unrechtmäßigerweise die
Bedeutung einer Eigentumsübertragung der Kontrolle über das
Land gehabt, nach dem theoretischen Verständnis der
Rechtswissenschaft und innerhalb der gesetzlichen Grenzen des
islamischen Rechts [scharia] hat sie aber keineswegs
diese Bedeutung, sondern gilt als eine Methode der
Bereitstellung von Gehältern und Vergütungen, zu deren Zahlung
an einzelne Personen, als Gegenleistung für deren Arbeiten und
Dienste im allgemeinen Interesse, der Staat verpflichtet ist.
Um dies zu erkennen, müssen wir in Betracht ziehen, dass der
Grundbesitzersatzabgabe [charadsch] – d.h. die Steuer,
die der Staat den Pächtern auf dem
Grundbesitzersatzabgabe-Land abverlangt – als Eigentum der
Umma gilt, entsprechend dem eigentumsrechtlichen Status des
Landes selbst. Daher muss der Staat die Güter der
Grundbesitzersatzabgabe ausschließlich für die allgemeinen
Interessen der Umma verwenden, worauf die Rechtsgelehrten
hinweisen, und als Beispiel für jene Interessen die Versorgung
von Verwaltungsbeamten und Richtern, sowie den Bau von
Moscheen und Brücken, Bewässerungsanlagen usw. und dergleichen
anführen; denn Verwaltungsbeamte und Richter leisten einen
Dienst für die Umma, also muss die Umma für deren Versorgung
aufkommen, und Moscheen, Brücken und dergleichen gehören zu
den allgemeinen Einrichtungen, die für das Leben aller
Menschen bedeutsam sind, daher ist deren Errichtung mit Hilfe
des Vermögens der Umma und deren Einkünften aus der
Grundbesitzersatzabgabe zulässig. Es ist einleuchtend, dass
die Versorgung der Gouverneure und Richter, bzw. die Vergütung
von Diensten, die irgendwelche Personen für die gesamte Umma
leisten, durch den Staat, entweder durch direkte Bezahlung aus
dem Staatsschatz erfolgen kann, oder auch indem der Staat den
betreffenden Personen gestattet, sich direkt den Ertrag
gewisser Güter, die der Umma gehören, zu verschaffen. Und der
Staat arbeitet im Allgemeinen mit der letzteren Methode, wenn
er nicht über eine starke Zentralgewalt verfügt.
In der
islamischen Gesellschaft können also die Gehälter und Ausgaben
von Personen, die Dienste im allgemeinen Interesse der Umma
verrichten, entweder in Form von Bargeld aus dem Staatsschatz
bezahlt werden, oder auch – je nach den Umständen der
Verwaltung des Islamischen Staates – in dem der Staat
einzelnen Personen das Recht verleiht, über die
Grundbesitzersatzabgabe [charadsch] einer bestimmten
Fläche von den Ländereien der Umma zu verfügen, und diesen
direkt vom Pächter einzuziehen, als Entlohnung der Person für
Dienste, die sie für die Umma leistet. Auch diese Praxis wird
Zuteilung [iqta´] genannt, aber in Wirklichkeit ist es
gar keine Zuteilung, sondern der Auftrag an eine Person, ihr
Gehalt aus der Grundbesitzersatzabgabe einer bestimmten
Landfläche einzuziehen, indem sie sich direkt an den
jeweiligen Pächter hält. Der Nutznießer dieser Art von
Zuteilung wird also Eigentümer der Grundbesitzersatzabgabe,
welcher als die Entlohnung für seine im allgemeinen Interesse
der Umma geleisteten Dienste gilt, aber nicht zum Eigentümer
des Landes. Es entsteht für ihn weder ein echtes Recht an der
Kontrolle darüber, noch an dessen Ertrag, und das Land
verliert dadurch weder seinen Status als Eigentum aller
Muslime, noch seine Eigenschaft des
Grundbesitzersatzabgabe-Landes. Darauf weist der
Rechtsgelehrte al-Muhaqqiq Sayyid Muhammad Bahr al-Ulum in
seiner “Bulga“ hin, wo er diese Art von Zuteilung – d.h. die
Zuteilung von Grundbesitzersatzabgabe-Land – mit den folgenden
Worten definiert: „Diese Zuteilung nimmt das Land nicht aus
dem Bereich des Grundbesitzersatzabgabe-Landes heraus, denn
sie bedeutet nur, das seine Grundbesitzersatzabgabe dem
Nutznießer der Zuteilung gehört, aber nicht, dass es seinen
Status als Grundbesitzersatzabgabe-Land verliert.“