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Muhammad Baqir al-Sadr

Zuteilung von Grundbesitzersatzabgabe-Land

Es bleibt noch eine weitere Angelegenheit zu erwähnen, die im Sprachgebrauch der Rechtswissenschaft [fiqh] gelegentlich als Zuteilung bezeichnet wird, aber in Wirklichkeit keine Erteilung von Konzessionen ist, sondern die Entlohnung von Diensten. Das Objekt dieser Zuteilung ist das Grundbesitzersatzabgabe-Land, welches als Eigentum der ganzen Umma gilt. So kann es geschehen, dass der Herrscher einer Person ein Stück vom Grundbesitzersatzabgabe-Land zuerkennt, und dieser erlaubt, über dessen Steueraufkommen zu verfügen. Diese Handlungsweise des Herrschers hat zwar in der historischen Realität gelegentlich und unrechtmäßigerweise die Bedeutung einer Eigentumsübertragung der Kontrolle über das Land gehabt, nach dem theoretischen Verständnis der Rechtswissenschaft und innerhalb der gesetzlichen Grenzen des islamischen Rechts [scharia] hat sie aber keineswegs diese Bedeutung, sondern gilt als eine Methode der Bereitstellung von Gehältern und Vergütungen, zu deren Zahlung an einzelne Personen, als Gegenleistung für deren Arbeiten und Dienste im allgemeinen Interesse, der Staat verpflichtet ist. Um dies zu erkennen, müssen wir in Betracht ziehen, dass der Grundbesitzersatzabgabe [charadsch] – d.h. die Steuer, die der Staat den Pächtern auf dem Grundbesitzersatzabgabe-Land abverlangt – als Eigentum der Umma gilt, entsprechend dem eigentumsrechtlichen Status des Landes selbst. Daher muss der Staat die Güter der Grundbesitzersatzabgabe ausschließlich für die allgemeinen Interessen der Umma verwenden, worauf die Rechtsgelehrten hinweisen, und als Beispiel für jene Interessen die Versorgung von Verwaltungsbeamten und Richtern, sowie den Bau von Moscheen und Brücken, Bewässerungsanlagen usw. und dergleichen anführen; denn Verwaltungsbeamte und Richter leisten einen Dienst für die Umma, also muss die Umma für deren Versorgung aufkommen, und Moscheen, Brücken und dergleichen gehören zu den allgemeinen Einrichtungen, die für das Leben aller Menschen bedeutsam sind, daher ist deren Errichtung mit Hilfe des Vermögens der Umma und deren Einkünften aus der Grundbesitzersatzabgabe zulässig. Es ist einleuchtend, dass die Versorgung der Gouverneure und Richter, bzw. die Vergütung von Diensten, die irgendwelche Personen für die gesamte Umma leisten, durch den Staat, entweder durch direkte Bezahlung aus dem Staatsschatz erfolgen kann, oder auch indem der Staat den betreffenden Personen gestattet, sich direkt den Ertrag gewisser Güter, die der Umma gehören, zu verschaffen. Und der Staat arbeitet im Allgemeinen mit der letzteren Methode, wenn er nicht über eine starke Zentralgewalt verfügt.

In der islamischen Gesellschaft können also die Gehälter und Ausgaben von Personen, die Dienste im allgemeinen Interesse der Umma verrichten, entweder in Form von Bargeld aus dem Staatsschatz bezahlt werden, oder auch – je nach den Umständen der Verwaltung des Islamischen Staates – in dem der Staat einzelnen Personen das Recht verleiht, über die Grundbesitzersatzabgabe [charadsch] einer bestimmten Fläche von den Ländereien der Umma zu verfügen, und diesen direkt vom Pächter einzuziehen, als Entlohnung der Person für Dienste, die sie für die Umma leistet. Auch diese Praxis wird Zuteilung [iqta´] genannt, aber in Wirklichkeit ist es gar keine Zuteilung, sondern der Auftrag an eine Person, ihr Gehalt aus der Grundbesitzersatzabgabe einer bestimmten Landfläche einzuziehen, indem sie sich direkt an den jeweiligen Pächter hält. Der Nutznießer dieser Art von Zuteilung wird also Eigentümer der Grundbesitzersatzabgabe, welcher als die Entlohnung für seine im allgemeinen Interesse der Umma geleisteten Dienste gilt, aber nicht zum Eigentümer des Landes. Es entsteht für ihn weder ein echtes Recht an der Kontrolle darüber, noch an dessen Ertrag, und das Land verliert dadurch weder seinen Status als Eigentum aller Muslime, noch seine Eigenschaft des Grundbesitzersatzabgabe-Landes. Darauf weist der Rechtsgelehrte al-Muhaqqiq Sayyid Muhammad Bahr al-Ulum in seiner “Bulga“ hin, wo er diese Art von Zuteilung – d.h. die Zuteilung von Grundbesitzersatzabgabe-Land – mit den folgenden Worten definiert: „Diese Zuteilung nimmt das Land nicht aus dem Bereich des Grundbesitzersatzabgabe-Landes heraus, denn sie bedeutet nur, das seine Grundbesitzersatzabgabe dem Nutznießer der Zuteilung gehört, aber nicht, dass es seinen Status als Grundbesitzersatzabgabe-Land verliert.[1]

[1] Bulgat al-Faqih“, 2. Auflage, Band 1, Seite 249

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