Dschihad - Die Heilige Anstrengung
Das Ziel des Islam in seinen
Kriegen, Schlachten und nationalen Erhebungen gegen
Vielgötterei und Materialismus ging nicht aufs Erobern,
Expandieren, auf Imperialismus oder die Aneignung der
finanziellen Ressourcen anderer aus. Die frühe Stoßwirkung des
Islam auf Mekka hatte Einbußen lang vererbter Vorrechte der
Oberschicht zur Folge, die Gewinn zogen aus den Verehrung
alter Idole in der Ka’aba und aus den Pilgern, die aus der
gesamten arabischen Welt zu jenen Schreinen strömten. Die
Inhaber dieser Rechte erhoben sich daher gegen die Ausbreitung
des neuen reinen Glaubens. Die Quraisch unterbanden die
Beziehungen zu dem Propheten und seinen Anhängern und zwangen
sie zur Flucht in die Berge, bis sie schließlich in dem ihnen
freundlich gesonnenen Jathrib, 200 Meilen nördlich, eine
Zuflucht fanden.
Aber selbst hier ließen die
Polytheisten nicht ab von ihren Angriffen. Die Notwendigkeit
für die Gläubigen, sich zu wehren und das Überleben des neuen
Glaubens zu gewährleisten, zwang den Propheten, den Begriff
eines gerechten Krieges zu erarbeiten und zu verdeutlichen.
Seine Vorstöße von Jathrib aus (das ihn aufgenommen und das er
erwählt hatte und daher den ruhmreichen Namen „Madinat-an-Nabi“,
was „Stadt des Propheten bedeutet “erhielt) wurden
unternommen, um die Mekka-Leute zu hindern, große Vorräte an
Munition und gewaltige Streitkräfte zu sammeln, um seine
wenigen Getreuen anzugreifen und zu vernichten.
Dieser Begriff eines
„gerechten Krieges“ führte zu dem des Dschihad oder Heiligen
Anstrengung, und die ersten Offenbarungen für den Propheten
darüber sind in den Qur’antexten, Sure XXII: Hadsch-„Pilgerschaft“.
V. 39 und 40, sinngemäß enthalten: „Wen Ungläubige in Krieg
verwickeln, der bekommt Kampferlaubnis, weil er unterdrückt
wird (denn wahrhaftig, Gott ist der Mächtigste, diesen Leuten
zu helfen), und die aus ihrer Heimat vertrieben wurden ihrem
Recht zum Trotz, da sie das einzige ,Verbrechen’ aussprachen:
,Unser Herr ist Gott’.“
Und 2.) Sure II: Baqara -
„Die Kuh“, V. 190: „Kämpft für die Sache Gottes gegen die,
welche euch angreifen. Aber achtet darauf die Grenzen
einzuhalten, denn Gott liebt nicht die Übertreter.“ Unter
„Grenze“ wird verstanden, dass die angewandte Gewalt begrenzt
sein muss auf dasjenige Minimum, welches ausreicht, die
angreifenden Übeltäter im Zaun zu halten. Die Streitmacht, die
er einsetzt, darf nie diese Grenze überschreiten um der Rache
willen oder um eine imperialistische Eroberung aufzuzwingen.
Als ein Weltglaube für
jedermann und überall kennt der Islam keine geographischen
Grenzen vielmehr will er noch die letzte Seele in der
hintersten Region der Welt gewinnen und ihr sein Wort der
Wahrheit bringen. Die Geschichte bezeugt, das keine einmal
errichtete Ordnung je durch eine überlegene neue Ordnung ohne
kriegerische Handlungen verdrängt wurde. Beispiele hierfür
sind die Revolutionen in Frankreich, Indien, Amerika,
Russland, China. Da der Islam sich zum Ziel setzt, die Lebens-
und Denkweisen der Menschen zu ändern, Rassismus und
Ausbeutung zu beenden, muss er zu Leuten mit alteingesessenen
Rechten, die korrumpiert sind, in Gegensatz geraten. In der
Tat ist es so: Je erfolgreicher einer Anhänger durch mündliche
und schriftliche Verbreitung gewinnt, desto geringer ist die
Reaktion derer, die früher Menschen aussogen und nun
feststellen, dass ihr Griff sich lockert. Am Ende bestätigt der
Sieg der Waffen den Sieg, den das vorausgehende Wort bereits
errungen hat, das an die Vernunft und das Gewissen der
Menschen appellierte.
Unsaubere, betrügerische und
machtgierige Menschen schüren einen hektischen Widerstand in
dem Bestreben, den neuen Glauben und die gesunde Gesellschaft
zu ersticken, die er ins Leben ruft, der sie selbst aber aus
dem Geschäft drängt. Weil sie auf die Vernunft nicht hören
wollen, müssen sie zum Schwert greifen. Wie der Prophet (nach
dem „Buch vom Dschihad und seine Methoden“) es ausdrückte:
„Güte und Segen gedeihen, wo das Gesetz die Sanktionen der
Gewalt anwendet, wenn Böses verhindert werden soll. Denn ach!
Es gibt eben Menschen, die sich dem, was recht ist, nicht
fügen wollen, bis sie fühlen, dass Sanktionen ihnen Strafen
für Übertretungen androhen.“
Wenn Menschen nicht mehr frei
sind zu denken und die beste Art zu leben zu wählen, muss man
Gewalt, sei es polizeiliche, sei es militärische anwenden.
Nur weil die Unterdrücker und Tyrannen selber zur Unterwerfung
genötigt werden, damit ihre Opfer sich frei fühlten, dem Anruf
des Islam zu folgen, kam es zu den ersten Schlachten des
Islam. Die Massen mussten zuerst frei werden, um wählen zu
können; denn ohne das kann die Wahrheit nicht den Sieg über
ganze Gesellschaften, Völker und die Welt erringen. Wie es in
der Sure IV: Nisa’a - „Die Frauen, V. 75, sinngemäß heißt:
„Warum solltet ihr nicht den Dschihad aufgreifen für die Sache
Gottes, für die Sache der Schwachen in Mekka, für eure eigenen
Männer und Frauen, welche schreien: ,Herr, unser Gott! Errette
uns von dieser Stadt der Unterdrücker und erwecke uns einen
Beschützer, der von Dir kommt und uns hilft.“
Der Islam führt nicht Krieg
gegen Menschen, er führt Krieg gegen Unterdrückung, Tyrannei
und Unrecht. Diese falschen Ideen sucht er auszurotten und
sie durch die überlegenen Ideen von Reinheit und Glauben zu
ersetzen. Er sucht nicht den Sieg über Feinde zu gewinnen,
sondern diese selbst für seine, nämlich Gottes, Sache zu
gewinnen in dem ewigen Kampf zwischen Gut und Böse. Denn die
Menschheit steht vor der Wahl der Selbstvernichtung durch das
Böse auf der einen oder dem Königreich Gottes durch Gehorsam
auf der anderen Seite. Es gibt keinen dritten Weg. Irgend
etwas anders als Gott und Seinem Willen zu dienen, ist
Götzendienst. Die Anbetung von Besitz, Mammon oder Macht ist
genauso Götzendienst, wie wenn man Bäumen oder Steinen
opfert. Es ist eine Verneinung der wahren Natur und Bestimmung
des Menschen.
Deshalb sendet der Islam
immer, bevor er sich auf Feindseligkeiten einlässt, dem Gegner
einen Herold, der die Einladung überbringt, den Islam
anzunehmen und auf der Stelle Frieden zu schließen. So
schickte der islamische Oberkommandierende, als seine Armeen
in Persien einrückten, einen Botschafter an den iranischen
General Rustam Farukhzaad und lud ihn zu einer Unterredung
ein, wo die Muslime den Iranern erklärten, warum sie gekommen
seien. Er sagte: „Wir sind gekommen, um euer Volk aus der
Versklavung durch falsche Götter und nutzlosen Aberglauben zu
befreien und es zu der Freiheit zu führen, den Einen Gott
anzubeten. Im Namen seines Apostels laden wir euch ein, da ihr
einmal dem schrecklichen Tag des Gerichts ins Auge blicken
müsst: Lasst euch retten und nehmt statt eurer dunklen und
sinnlosen Gebräuche die Gerechtigkeit und Unvoreingenommenheit
des wahren Glaubens an.“
Diese Unterredungen dauerten
drei Tage. Alle Sprecher der Muslime sagten zu, die Iraner
würden ihr Land weiter in Frieden regieren können, wenn sie,
wozu man sie einlud, den islamischen Glauben annahmen.
In dem oben zitierten Buch
über den Dschihad, S. 421, wird berichtet, dass der Prophet zu
Ali sagte: „Werde nie zum Aggressor, der einen Krieg
begeht. Lade zuerst deinen Feind ein, sich zum wahren Gott zu
bekehren. Wenn Gott nur einen einzigen Menschen durch dich ein
neues Leben im Glauben beginnen lässt, wird das von größerem
Segen für dich sein, als wenn du alles besaßest, worauf die
Sonne scheint.“
Das Ziel des Islam ist, dass
die Erde von Gotteserkenntnis erfüllt werde wie das Meer vom
Wasser, und das Sein Königreich Gewalt, Begierde,
Herabwürdigung, Unterdrückung und Unrecht austilge; hierfür
zu leben und, falls nötig, zu sterben, sind die Muslime in
Frieden und Krieg bereit. Wie im ersten Vers der Sure XXXVII: Saffat - „Die in Reih und Glied stehend“ sinngemäß geschrieben
steht: „Bei denen, die in Reih und Glied stehen und so
gewappnet sind gegen das Böse und Gottes Botschaft verkünden:
,wahrlich, wahrlich: Euer Gott ist Einer’ .“ Ähnlich in
Sure VIII: Anfal - „Die Kriegsbeute“ (Teile der Verse 47 und
67), wo der Prophet einige seiner Mitkämpfer scharf
zurechtwies, welche die alten Gepflogenheiten aus den Zeiten
der Unwissenheit nach einem Sieg befolgten, indem er ihnen
sagte: „Seid nicht wie solche, die anmaßend von zu Hause
aufbrachen, um von den Leuten gesehen zu werden. Euch gelüstet
nach den Gütern und Genüssen dieser Welt, während der Herr
eine Ewigkeit an Freuden für euch bereithält.“
In seinem Buch „Krieg und
Friede im Islam“ schreibt Dr. Majid Khadouri auf Seite 214:
„Der Islam wandelte die alte arabische Vorstellung vom ,Dar-ul-Harb’
oder Haus des Krieges in das des ,Dar-ul-Islam’ oder Haus des
Islam um, welches den Menschen auf der Welt aufrichtig den
Islam bringen wollte. Sein erster Erfolg war, diejenigen
Völker, die ihn annahmen, zu einigen, so dass die Bürgerkriege
aufhörten. Dann machte er aus ihnen eine Familie islamischer
Völker, die miteinander in Frieden lebten. Sein Ziel ist, der
ganzen Welt diesen Segen zu bringen. Das Ziel des Dschihad ist
also der Friede auf Erden und das wird auch sein Ergebnis
sein. Die Kreuzfahrer aus dem Abendland entwickelten ihren
Begriff von Ritterlichkeit nach dem Verhalten der
Muslimpaladine im Krieg. Ein herausragender Grundsatz war, die
vielen armen Teufel zu schonen, indem man die Streitfrage in
einem einzigen Zweikampf zweier Vorkämpfer austragen ließ, den
die beiden Seiten wählten.“
Eine ganze Skala höfischer
Verhaltensweisen und Aktionen wurde entwickelt, um solche
Auseinandersetzungen zu führen. Sie wurden in unblutige
Wettkämpfe. die man „Tjosts“ nannte, übergeleitet, worin
Ritter gegeneinander kämpften, um von ihren Herrschern und
ihren Mannen ihre Kühnheit zu zeigen und auch um sich für den
Tag zu üben, an dem sie auf den Vorkämpfer eines gegnerischen
Heeres in ernsthafter Schlacht stoßen würden. Edles und
ritterliches Verhalten gegenüber dem besiegten Gegner, die
Lehre dieser Zweikämpfe, wandelte die gesamten Sitten des sich
erneuernden Europas, als es der Barbarei der letzten Invasoren
aus dem Norden entwuchs. Man verlangte Lösegelder und
erstattete sie ehrenvoll.
Den Herren der Muslim war es
untersagt, Eigentum zu zerstören, Häuser niederzubrennen,
Getreideernten und Weiden zu verheeren, Brunnen zuzuschütten
und Nahrungsmittel zu vernichten. Den Besiegten war Schonung
zu gewähren. Äußerste Rücksicht musste den Kindern des
Feindes, den Alten, Frauen und Kranken zuteilwerden, ob sie
nun geistig oder körperlich betroffen waren.
Prof. Muhammad Hameedulla von
der Universität Paris schreibt in seinem Buch: „Der Prophet
und der Krieg“ auf Seite 9: „Arabien, das den Propheten
und den Islam annahm, ist eine Halbinsel von über einer
Million Quadratmeilen Größe, soviel wie ganz Europa ohne
Russland. Und doch kamen nicht mehr als 150 Menschen bei der
Unterwerfung dieser ganzen Halbinsel ums Leben, so dass man für
einen Zeitraum von 10 Jahren ein Maximum von 15 Toten pro
Jahr annehmen muss. Wenige andere Eroberer in der Geschichte
können Derartiges aufweisen.“
Vom Propheten, als er seine
Truppen in den Kampf schickte, wird in dem Buch über den
Dschihad (Bd. 2, S. 424) berichtet, dass er folgendermaßen zu
ihnen sprach: „Zieht in den Kampf im Namen Gottes, für die
Sache und mit der Hilfe Gottes und tut, was Gott wünscht, dass
ihr es tun sollt. Begeht weder Verrat noch Falschheit gegen
Seine Gebote. Verstümmelt niemanden. Seid barmherzig zu den
Betagten, den Behinderten, den Frauen und Kindern. Nur wenn
es unvermeidlich ist, fällt einen Baum. Gewährt jedem
Gefangenen eine Freistatt, dem niedrigsten wie dem höchsten,
damit sie das Wort der Wahrheit hören können. Wer immer dieser
Wahrheit folgt, wird euer Bruder. Wenn er nicht will, lasst
ihn nach Hause ziehen, sobald Friede geschlossen ist. Zu jeder
Zeit und in jeder Lage bittet Gott um Hilfe und folgt Seiner
Führung, was ihr tun sollt.“
Ähnlich gab Imam Ali, als
Mu’awiyas Heer ihn im Irak angriff, seinen Truppen folgenden
letzten Befehl: „Wenn euer Feind auf dem Schlachtfeld die
Flucht ergreift, verfolgt ihn nicht und macht ihn nicht
nieder. Menschen, die sich nicht mehr wehren können oder
verwundet auf dem Schlachtfeld liegen, darf kein Leid
zugefügt werden. Frauen muss Achtung erwiesen werden; sie
dürfen keinen Anlass bekommen, sich zu fürchten oder belästigt
zu werden.“
Im Krieg geschieht es manchmal, dass
der Feind etwas tut, was in einem Muslim den Wunsch nach
Vergeltung weckt; aber dem Muslim wird in einem solchen Fall
geboten, sich an seine vorrangigen Ziele und Grundsätze zu
halten und den Wunsch in sich zu bekämpfen, die Wahrheit und
Vorbildlichkeit zu verletzen, die zu vergessen er in
Versuchung geriet: damit also zuerst Sieger über seine eigenen
Leidenschaften zu werden, was allein den wirklichen Sieg
bedeutet, die Voraussetzung für einen islamischen Sieg im
Krieg.
Wir sind alle mit der
Geschichte aufgewachsen, wie Imam Ali einen Gegner zu Boden
warf, sich ihm auf die Brust setzte und freundlich mit ihm
über den wahren Glauben diskutierte; aber der Gegner spie dem
Heiligen ins Gesicht. Ali stand sofort auf und schritt davon.
Als seine Anhänger ihn fragten warum, sagte er: „Ich
fühlte, wie der Zorn in mir hochstieg über den Schimpf, den
mir dieser Mann angetan hatte und geriet in Versuchung, ihn
auf der Stelle zu erschlagen. Hätte ich das getan, so wäre es
nicht eine gerechte Vergeltung gegenüber einem widerspenstige
Ungläubigen gewesen, schien doch seine Unwissenheit
unbesiegbar, sondern ein persönlicher Racheakt unter dem
Impuls der Leidenschaft. Was nützt es, wenn ich im Guten mit
ihm rede und ihn zum wahren Glauben bringe, wenn ich nicht
diesen wahren Glauben reinen Herzens und frei von Besudelung
selbst lebe?“
Im Heiligen Qur’an wird eine
solche Haltung an viele Stellen angeordnet, z. B. in Sure II: Baqara - „Die
Kuh“, V. 194: „Wenn jemand gegen dich
verstößt, erwidere ihm in genau gleicher Weise, aber zügle
dich um Gottes willen und wisse, dass Gott mit denen ist, die
sich zügeln.“
Oder wieder Sure V: Ma’idé -
„Der gedeckte Tisch“ V. 9: „O ihr Gläubigen! Steht fest für
Gott ein, bezeugt, das rein verfahren wird und lasst euch
nicht, weil andere euch hassen, von der Gerechtigkeit
abbringen und zum Unrecht ablenken. Seid gerecht, denn
Gerechtigkeit steht der Frömmigkeit am nächsten. Und fürchtet
Gott, denn Gott weiß alles, was ihr tut.“
Und wieder in der gleichen Sure, V. 3:
„Lasst euch nicht den Hass einiger Leute, die euch den
Zugang zu den heiligen Moschee versperren, zu Sünde und
Feindschaft verleiten. Helft einander, dass ihr rechtschaffen
und fromm werdet, nicht sündigt und nachtragt. Fürchtet Gott,
denn die Strafe ist Gottes, und Er ist streng mit allen.“
Oder, wo es um Streit zwischen Gläubigen geht, Sure XLIX:
Hudschurat - „Die Inneren Gemächer „, V. 9: „Sollte eine
Gruppe Gläubiger sich in zwei Lager spalten, so macht Frieden
zwischen ihnen. Wenn die eine Seite in ihrer Heftigkeit alle
Grenzen überschreitet, so übt Druck auf die Gruppe aus, die
sich besonders vergeht bis sie sich Gottes Befehl wieder fügt.
Wenn ihr solches Nachgeben erzwungen habt, dann stiftet einen
gerechten Frieden zwischen beiden Seiten. Seid gerecht beim
Schlichten, denn Gott liebt die Gerechten.“
Den Nachdruck dieser Stelle
auf den Segen, den Gott den Friedensstiftern gewährt und Sein
Gebot, dass muslimische Kämpfer Friedensstifter sein sollten,
selbst wenn sie Gewalt anwenden müssen, um die Widerspenstigen
in die Knie zu zwingen - statt den schwächeren Teil
aufzufordern zu vergeben und auf seine Rechte zu verzichten,
wie es zu oft für Gott wohlgefällig gehalten wird, verdient
besonders herausgestellt zu werden.
Der Islam fordert Verzicht
aufs eigene Recht, wenn es um den Frieden geht, ist sich aber
wohl bewusst, dass die Natur des Menschen wohl oder übel
Beleidigungen nachträgt. Er ruft die Gläubigen auf,
leidenschaftliches Nachtragen durch die größere Leidenschaft
zu ersetzen, dass der Wille Gottes getan und Seinem Ruf
gehorcht werde, die Spaltungen und den Griff zur Gewalt auf
Erden zu beenden. Im Licht dieses Gebotes hat der Islam stets
äußerste Schonung gegen besiegte Völker gezeigt und sich
bemüht, ihnen jeden wahren Sinn wirklicher Unabhängigkeit nahezubringen, welchen Menschen erhalten, deren Herzen auf
Gott gerichtet sind und die dafür leben, dass Sein Wille auf
der Erde regiere, wobei sie bei ihrer eigenen Gemeinschaft
beginnen.
Die Einwohnen von Homs
schlossen ihre Stadttore vor dem Heer des Heraclius. Sie
richteten den Oströmern aus, dass sie eine Muslim-Regierung mit
ihrer Rechtsprechung und ihren Gerichten der Tyrannei und
Gewalt vorzögen, die sie fürchten.
Als das Heer der Muslime
unter dem Befehl von Abu ‘Ubeida in das Jordangebiet
eindrang, schickten ihnen die dortigen Christen einen Brief
des Inhalts: „O Muslime! Wir ziehen euch den Byzantinern
vor, obwohl diese den gleichen Glauben haben wie wir. Für uns
seid ihr vertrauenswürdiger, gerechter, freundlicher,
wohltätiger. Jene herrschten nicht nur über uns, sie
plünderten uns auch aus.“
Philip Hitti schreibt in Band
2 seiner „Geschichte der Araber“, S. 638: „Wo immer die
Armee der Muslime ihren Fuß hinsetzte, empfingen die
Einwohner sie mit offenen Armen, brachten Lebensmittel und
Wasser und konnten ihre Verschanzungen gar nicht schnell genug
verlassen, um sich den Muslimen anzuschließen - was unschwer
zu verstehen ist für jeden, der begreift, wie tyrannisch die
Westgötter regiert hatten!“
Auch zwangen die Muslime den Menschen
der besetzten Gebiete nicht ihre Religion auf.
Der Islam richtete ein System
ein, wonach den Gläubigen jedes der himmlischen Bücher
Religionsfreiheit gewährt wurde; sie wurden in „Millats
„organisiert, halb-autonomen Gemeinschaften innerhalb des
Staates mit dem Recht auf eigene Gottesdienstformen, auf ihre
Gebräuche bei Geburten, Heiraten und Todesfällen, auf eigene
Schulen und den Gebrauch der eigenen Muttersprache, wenn sie
eine hatten wie Türkisch, Armenisch, Kurdisch oder Aramäisch.
Sie waren vom „Zakat“ oder der „Armensteuer“ befreit, zu der
alle Muslime verpflichtet waren. Diese Befreiung geschah, weil
der Zakat sowohl eine religiöse wie auch eine politische Seite
hat. Stattdessen zahlten sie eine Ersatzabgabe, weil sie keine
Muslime waren. Das Zahlen der Ersatzabgabe garantierte ihnen
ihre Bürgenrechte im gesamten Gemeinwesen. So achtete der
Islam die geringsten Gewissensbisse der Anhänger anderer
Offenbarungsreligionen. Diese Sorge dehnte er in der
Rechtsprechung auf die Behandlung von Straffälligen, auf Zivilangelegenheiten, auf geschäftliche Angelegenheiten und
natürlich auf die strikt religiöse Seite des Lebens aus, so
dass die Minderheiten sich frei und geschützt im Rahmen ihrer
Überzeugungen bewegen konnten.
Im Qur’an sind Vorschriften
für die Beziehungen zwischen Muslimen und Nicht-Muslimen
niedergelegt. Wenn die Nicht-Muslime eine freundliche Haltung
einnehmen, werden sie gut behandelt, wenngleich natürlich
Feindseligkeiten abzuwehren sind, ob offen oder verdeckt. Aber
die Muslime durften auf keine Weise aggressiv werden. Wie es
in Sure LX, Mumtahana („Die gläubige Flüchtlingsfrau, die zu
prüfen ist“, V. 8 und 9) sinngemäß steht: „Gott verbietet
dir nicht, freundlich und gerecht mit denen umzugehen, die
deinem Glauben nicht feindlich gesonnen sind und dich nicht
aus deinem Hause treiben. Denn Gott liebt die Gerechten. Aber
Gott verbietet dir, dich mit Leuten abzugeben, die gegen
deinen Glauben sind und dich aus dem Hause treiben oder welche
anderen helfen, euch zu vertreiben. Wer sich mit solchen
abgibt, tut Unrecht.“
Christliche und jüdische
Minderheiten leben beim Islam unter beispielhaften
Verhältnissen, nämlich in einer Koexistenz, wo jeder die
Rechte des anderen respektiert. Als der Prophet zuerst nach
Jathrib (das spätere Medina) kam, lebten noch viele
jüdische Gruppen dort und wohnten ohne die geringsten
Reibungen Seite an Seite mit den Muslimen, ein Zustand, der
von den Kalifen nach dem Tode des Propheten beibehalten wurde.
Der Begründer des Islam sagte: „Wer auch immer einem
Ersatzzahlung zahlenden Ungläubigen, der in unserer Mitte
lebt, ein Leid zufügt, hat mir eines zugefügt.“
Und weiter: „Hütet euch!
Wer auch immer einen Nicht-Muslim kränkt, ihm nur ein
abgetragenes Kleidungsstück stiehlt oder die kleinste
Kleinigkeit ohne seine Einwilligung fortnimmt, wird mich auf
der Seite des Klägers finden, wenn es zur Prüfung am Tage des
Jüngsten Gerichts kommt.“
Als Imam Ali Kalif war, stieß
er eines Tages auf einen blinden, hilflosen Alten und
erkundigte sich über ihn. Seine Beamten sagten ihm, der Alte
sei ein Christ, der, als er noch jung und leistungsfähig war,
Staatsbeamter gewesen sei. Der Heilige erwiderte: „Zur
Arbeit habt ihr ihn gebraucht als er jung war, und zum alten
Eisen geworfen, als er alt und schwach wurde! Er muss eine
Rente aus der Staatskasse erhalten, die ihm seinen
Lebensuntenhalt sichert.“
Dr. Laura Vacceia Vaghieri
schreibt, dass die Worte des Propheten und die Fatwas (ex
cathedra - Verordnungen) der großen islamischen
Rechtsgelehrten die Unwahrheit der Behauptung erweisen, der
Islam habe seine Religion durch das Schwert aufgezwungen. Der
Qur’an bestimmt, das „Zwang keinen Platz in der Religion
hat“.
Der Prophet schützte die
Christen von Nedschran und bestimmte, das ihrer Kultstätte
Hochachtung zu erweisen sei. Er wies seine Befehlshaber sogar
an, nicht einmal die Flöhe in den jüdischen Häusern
anzurühren. Adam Metz schreibt, die Muslime hätten einen
Respekt vor Synagogen und Kirchen gezeigt, den kein
europäisches Land im Mittelalter Synagogen und Moscheen
erwiesen habe. Und Prof. Gustave Ie Bon schreibt, dass unter
der Herrschaft des Islam in Spanien große christliche Konzile
in Sevilla (i.J. 872) und Cordoba (i.J. 852) abgehalten
wurden. Auch wurden den Juden oder Christen keine Posten in
der Regierung oder einer sonstigen Stelle vorenthalten. Die
Eroberung Jerusalems durch die Kreuzfahrer war ein Gräuel an
Brutalitäten. Ganze Pyramiden von Köpfen wurden
aufgeschichtet. 1000 Muslime, die Zuflucht in einer Moschee
gesucht hatten, mussten erbarmungslos über die Klinge
springen. Das Blut stand knietief in den Tempelhöfen. Kenneth
Clark schreibt, in der Geschichte der Menschheit sei nie
schlimmer Krieg geführt worden als in den brutalen Kreuzzügen,
wo sich die normannische Eroberungsgier und der heilige
Wunsch der Europäer nach gewinnträchtigem Handel mit
Luxusgütern aus dem Osten austobten.
Die Kreuzfahrer hielten
Jerusalem 88 Jahre lang und verloren es danach an die Heere
der Muslime, die von dem großen Kurdenführer General
Selahed-Din Ayyoubi angeführt wurden; die Christen nannten
ihn Saladin. Das war im Oktober 1187 (AHL 583, Monat Radschab).
Statt alle Christen in Vergeltung des christlichen Massakers
an den Muslimen 88 Jahre zuvor niederzumetzeln, verkündete
Saladin eine Öffentliche Amnestie und verbot, irgendeinen
Christen hinzurichten, auszuplündern oder zu martern; er fügte
so dem weltweiten Ruhm des Islam eine weitere glorreiche Seite
hinzu. Der wahre Geist des Islam lenkte alle seine Truppen wie
in diesem, so auch in seinen anderen Kriegen. Saladin
garantierte allen Einwohnern Palästinas verfassungsmäßige
Sicherheit. Er gab jedem Mann und jeder Frau je einen Dinar
und jedem Kind zwei und erlaubte ihnen, sich, wo sie wollten,
anzusiedeln. Die Sicherheit wurde in Jerusalem größer
geschrieben als in jeder anderen Stadt, so dass die
katholischen Bürger es vorzogen, dort zu bleiben. Der Bischof,
der selbst für einen Geizhals sagenhafte Reichtümer besaß,
sagte, er wolle fort. Einige Muslime forderten Saladin auf,
ihn dazubehalten und seine Schätze unter die Muslime
aufzuteilen, aber er schlug es ab mit den Worten: „Wie
sollte ich solch ein Verbrechen begehen? Unmöglich! Ich werde
ihm 10 Dinare abnehmen und nicht mehr.“
Die Grausamkeit der Christen im
Andalusien des Westens war nicht geringer. Nach all dem
vielen, was die Muslime für Spanien getan hatten, befahlen
die Führer des siegreichen christlichen Heeres auf Betreiben
des Papstes und Philipps II. die Hinrichtung jedes Muslims,
alt und jung, Mann oder Frau. Kaum einer von ihnen entkam dem
folgenden Gemetzel. Aber selbst von den Überlebenden wurden einige vor
die Inquisition gezerrt und wegen ihrer Lehren schuldig
gesprochen.
John Davenport („Abbitte an
Muhammad und den Qur’an“ S. 133) schreibt: „Wer kann der
Ritterlichkeit der islamischen Herrscher Spaniens seine
Bewunderung versagen, wer muss nicht staunen über die
zivilisatorischen Leistungen in Architektur und Kultur, die
sie hinterlassen haben? Wer muss nicht Scham empfinden über
das Verhalten der Christen, ihren Fanatismus, ihre Bigotterie,
ihre Unwissenheit und Barbarei, die sich der Folter und
Unterdrückung bedienten?“
Georgi Zeidan erzählt, dass
die christlichen Eroberer Andalusiens die Muslime, Juden und
Verbrecher Plaketten tragen ließen, die sie für jedermann,
wohin sie auch gingen, erkennbar machte, ja dass sie sogar die
Muslime vor die Wahl stellten, das Christentum anzunehmen oder
zu sterben (S. 282 im 4. Band seines History of Islamic
Civilisationt). Er fügt hinzu, dass die Christen die Moscheen
der Muslime in Kirchen verwandelten, sie aller Freiheit in der
Vollziehung ihrer Riten beraubten, ihre Friedhöfe zerstörten,
sie ihrer Existenzgrundlagen beraubten und ihre Hammams
(Öffentliche Bäder) in Trümmer legten.
Zur Zeit Heinrichs IV. von
Spanien wurden die 400 Verteidiger der Stadt Dulan von
christlichen Händen erdrosselt. So verstanden die Christen den
Segen, den der Messias selbst für Friedensstifter verkündet
hatte! Ist der moderne Imperialismus in unserer zivilisierten
Welt etwa besser? Tritt er nicht die Würde und Persönlichkeit
derer, die er beherrscht mit Füßen und beraubt sie den
Wohltaten der „Kultur“ mit der er prahlt? Versklavt er nicht
das Denken, die Seele und den Geist seiner Kreaturen genauso
wie ihre Leiber? Um seine Profite zu sichern, unterdrückt er
nicht jede Gedankenfreiheit unter den Massen, so dass sie
nicht einmal daran denken dürfen, einen Finger gegen ihre
Unterdrücker zu erheben, auf dass auch das leiseste Verlangen
nach Gerechtigkeit erstickt würde, bevor man es vernehmen
kann? Die großen Mächte können so viele schön klingende Worte
über den Frieden finden, wie sie wollen. Wenn es zu Taten
kommt, legen sie allen Idealismus beiseite. Selbst ihre sogenannte Diplomatie dient nur der Ausweitung ihrer
imperialistischen Ziele. Idealisten können nichts weiter tun
als Bilder auf Wasser zu zeichnen, bis die moralischen
Vorbedingungen für eine friedliche Koexistenz in einer
weitweiten Völkerfamilie vorhanden sind.
Die kleinsten Zellen einer
Sozialstruktur sind die einzelnen Männer und Frauen: Ein
harmonischer Bau kann nur von Individuen errichtet werden, die
miteinander im Einklang stehen und ebenso jeder mit sich
selbst. Das vorrangige Bestreben des Islam ist daher, jenen
inneren Frieden innerhalb der Individuen selbst zu schaffen,
indem er ihre Herzen mit dem Glauben und den Überzeugungen
erfüllt, die das Gewissen beruhigen, und allen Gaben des
Geistes und Körpers Stromlinienform gibt in einer Harmonie
gemeinsamen Handelns auf ein gottgegebenes Ziel hin. Der Islam
wendet den Glauben praktisch an und zwar so, dass er eine Welt
schafft, die richtig geht. Aus diesem Grund ist es seine zweite
Aufgabe, eine Umgebung zu gewährleisten, welche die Sicherheit
schafft, das es gerecht zugeht und, indem er Drohungen gegen
Gesundheit und Eigentum ausschaltet, allen das Gefühl der
Sicherheit verleiht.
Der Islam missbilligt die
Ausbeutung einer Klasse durch eine andere. Stattdessen
befürwortet er Zusammenarbeit und gegenseitige Hilfe in
nachbarschaftlicher, freundschaftlicher Gesinnung. Der Islam
legt Verhaltensnormen vor und schult seine Bürger in gelassener
Lebensführung, da diese Normen, wenn man sie praktiziert,
Sitten und Gewohnheiten formen. Natürlich verhindern die
Schwachheit der menschlichen Natur und die Begrenzungen der
Fähigkeiten, Einsicht und des Horizonts beim Menschen, dass
diese Ideale immer und überall irrtumslose in die Tat
umgesetzt werden. Selbst der beste Führer kann mit einem
Bündel
von Ereignissen so beschäftigt sein, dass er nicht bemerkt, wie
eine andere Serie schief geht und dabei in Irrtum, Spaltung
selbst in Gewalttätigkeit und Unterdrückung verfällt. Aber der
Wille, Unrecht zu beheben und Dinge in Ordnung zu bringen, ist
immer vorhanden; und vor allem ist da die Führung und
Erleuchtung Gottes, welche die Gewissen erhellt und eine
Wiedergutmachung inspiriert und alle daran erinnert, dass sie am
Jüngsten Tag vor ihren Richter müssen.