Musawi Lari

Westliche Zivilisation und Islam

Sayyid Mudschtaba Musawi Lari

Ins Englische übersetzt von J.F. Goulding, hiernach ins Deutsche übertragen durch R.H. Sengler

Das folgende Manuskript ist eine geringfügig überarbeitete und sprachlich verfeinerte Version der 1995 in Qum erschienenen deutschen Übersetzung.

Delmenhorst 2004

Gefühlsschocks aus der Kindheit

Die physiologische und biologische Ausstattung der Frau passen sie gewis­sen schöpferischen Funktionen im Leben an, die ihrem Geschlecht eigen sind und die zu erfüllen sie berufen ist. Ihre Fähigkeit zur Mutter­schaft bringt gewisse gefühlsmäßige, geistige und nervliche Strukturen mit sich. Sie ist geschaffen, kunstvoll und mit ganzem Herzen für Kinder zu sorgen und sie großzuziehen. Die Erfüllung der vielen Wünsche des Klein­kindes und das sorgliche Nähren seiner zarten lnstinkte im sicheren Klima eines liebenden Daheims sind inmitten der tobenden Leidenschaften und der todbringenden Gewalt, die in unserer modernen Welt herrschen, die lebenswichtigste Grundaufgabe. die an jedes Menschenwesen herangetragen wird. Kein Kinderhort, keine Kleinkinderkrippe, mag sie noch so gut ausgestattet oder psychologisch geplant sein, kann eine Mutter ersetzen. Ein Kind, das man der Mutterliebe beraubt, erleidet seelische Wunden.

Die abendländischen Frauen, die mit Arbeit außerhalb des Hauses be­schäftigt sind, haben ihre natürliche Bestimmung aufgegeben und die herrlichen Gaben, die ihrer Weiblichkeit angeboren sind, auf naturwidrige, verhängnisvolle Seitenpfade umgelenkt. Der Materialismus von Ost und West ist gleichermaßen geeignet, die Elemente der menschlichen Natur zu ändern. Beide haben die Frau aus der Rolle entfernt, für die sie bestimmt war. Zahllose Fehlbildungen sind die Folge - bei den Einzelnen, den Gemeinschaften, im moralischen Verhalten. Jugendliche, die ohne ein rich­tiges Zuhause aufgewachsen sind, leiden an unheilbaren Traumas. Kinder­horte, die von Leuten geleitet werden, deren einziges Ziel ist, Geld zu verdie­nen und die Leidenschaft, Kinder zu erziehen, nicht kennen, behandeln die ihnen Anvertrauten von Anfang an als potentielle Rebellen und lassen daher keine Geduld, keine Selbstachtung in ihnen entstehen.

Dr. Alexis Carrel schreibt in „Der Mensch, das unbekannte Wesen“ (bei Harpers, New York, 50. Auflage, S. 270): „Die moderne Gesellschaft hat einen schwerwiegenden Fehler begangen, als sie die Formung in der Familie durch die Schule ersetzte. Die Mütter überlassen ihre Kinder dem Kinder­garten, damit sie ihrer Kariere, ihren sozialen Ambitionen, ihren sexuellen Freuden, ihren literarischen oder künstlerischen Liebhabereien nachgehen können oder auch einfach nur, um Bridge zu spielen, ins Kino zu gehen und ihre Zeit mit geschäftigem Nichtstun zu vergeuden. Damit sind sie verant­wortlich für das Verschwinden den Familieneinheit, wo das Kind noch in Kontakt mit Erwachsenen stand und eine Menge von ihnen lernte. Kinder, die an Schulen mit einer Menge gleichaltriger Kinder erzogen werden (Carrel schreibt, junge Hunde, die in Hundezwingern mit anderen gleichen Alters aufgezogen werden, entwickeln sich nicht so gut wie andere, die mit ihren Eltern frei herumlaufen dürfen. Übersetzer), entwickeln sich nicht so gut, wie solche, die in Gesellschaft intelligenter Erwachsener aufwachsen. Das Kind formt seine physiologischen affektiven und geistigen Betätigun­gen nach denen seiner Umgebung. Es lernt wenig von gleichaltrigen Kindern. Wenn es nun ein Einzelwesen in der Schule ist, bleibt es unvollständig. Um sich voll zu entwickeln, braucht das Individuum das relative Für-Sich-Sein und die Zuwendung der begrenzten sozialen Gruppe, eben der Familie.“

Das Teheraner Wochenblatt „Ettela ’at, Nr. 1206, zitiert einen ausländischen Bericht, wonach in Amerika 25% der Frauen, die in Scheidung stehen, seelische Störungen durchmachen und 150.000 Kinder jährlich Opfer der Kümmernisse werden, die aus einer zerstrittenen Familie erwachsen. Frauen kommen nach ihrer Arbeit abends erschöpft heim; aber das Leben zu Hause ist für viele so aufregend, das sie Beruhigungsmittel oder andere Pillen nehmen und ständig psychiatrische Kliniken aufsuchen, um Linderung für ihre Nervenschwäche zu finden. Den Jugendpsychiater Dr. George Mally sagt: „Viele psychologische Erkrankungen bei jungen Menschen rühren von Erinnerungen des Kleinkindes her, wofür ihre Mütter die Schuld tragen. Lügen. das Quälen stummer Tiere, Kriminalität treten in jungen Menschen zutage, die zu wenig Mutterliebe erfahren haben.“

Wo Zuneigung und Liebe zwischen Vater und Mutter schwach sind, fühlen sich die Kinder ihren Eltern gegenüber immer weniger verpflichtet. In manchen Familien sehen sich die Mitglieder jahrelang nicht, und sobald die Kinder 17 sind, werden sie ruppig und rebellieren. Einige Eltern schicken ihre Kinder im frühesten, gesetzlich erlaubten Alter von zu Hause fort und lassen sie für sich selbst sorgen. Andere lassen die Kinder zu Hause wohnen, wenn sie zu ihren Unterhaltskosten beisteuern und jedes Geschirr, das sie zerschlagen, sofort aus eigener Tasche ersetzen. Solche Behandlung ist be­sonders schlimm für Mädchen, die dazu neigen, dort, wo ihnen die elterliche Zuwendung fehlt, für ihre Einsamkeit Trost in unerwünschten Freundschaf­ten mit Jungen zu suchen.

Großsiedlungsräume, wo die Maschinen so viel Arbeit verrichten, haben die alte Wärme und die Freude an herzlicher Zuneigung aus den Familien und nachbarschaftlicher Verbundenheit verbannt. Stadtmenschen vergessen was Zärtlichkeit, Selbstlosigkeit, Zusammengehörigkeitsgefühl und Anteilnahme sind, und wenn sie „Freunde“ aufzählen, können sie das an den Fingern einer Hand tun. Zivilisiertes Leben hat die Quellen des Menschseins mit seiner „neuen Ordnung“ ausgetrocknet. Am Förderband wird die Zusammenarbeit durch gesetzliche und finanzielle Sanktionen erzwungen. Aber die Team-Arbeit des Herzens, wo einer dem anderen freiwillig hilft, der in Schwierigkeiten steckt, verschwindet in den entpersönlichten An­sammlungen unnachbarlichen Nachbarn. „Jeder trage des anderen Last“, was für die Sippen unserer Vorväter normales Leben war, ist heutzutage etwas geworden, was die Leute kaum noch tun, außer, sie werden dafür bezahlt.

Als ich Patient in jenem deutschen Krankenhaus war, bekam ich zur Überraschung des Personals zwar wenige, aber doch mehr Besucher als die deutschen Patienten.

Lassen Sie mich noch eine wahre Geschichte aus eigener Erfahrung hin­zufügen. Vor ein paar Jahren nahm ein deutscher Hochschullehrer unter der Pflegschaft der islamischen Gemeinde den islamischen Glauben an. Später erkrankte der neue Muslim und wurde ins Krankenhaus eingeliefert. Als der islamische Ge­meindevorsteher davon hörte, macht er sich sofort auf, um den Professor im Krankenhaus zu besuchen. Er traf ihn unerwartet bedrückt und niedergeschlagen an. Nach langem Schweigen brach es aus dem Professor heraus, eine traurige Geschichte: „Heute besuchten mich meine Frau und mein Sohn. Sie hatten erfahren, das ich an unheilbarem Krebs litt und sagten, sie seien gekommen. um mir zum letzten Mal ‚auf Wiedersehen’ zu sagen, da sie annehmen müssten, ich hätte nur noch ein paar Tage zu leben. Es ist nicht der Umstand, das ich im Sterben liege, der mich niederdrückt, sondern die Herzlosigkeit von Frau und Sohn.“ - „Nehmen Sie sich’s nicht zu Herzen!“ sagte der Imam, „der Islam ist jetzt Ihre Familie. Und wir Gläubigen werden kommen, bei Ihnen sitzen und dafür sorgen, das Sie alles bekommen, was Sie brauchen, bis es zu Ende geht, und danach. Wenn wir das tun, so ist das für uns ein Verdienst im Himmel, eine heilige Pflicht, ein göttlicher Befehl und den aufrichtige Ausdruck unserer brüderlichen Liebe.“ Bei dieser Mit­teilung hellte sich das Gesicht des Patienten auf. Danach wurde er langsam schwächer und starb. Die muslimische Gemeinde übernahm sein Begräbnis und geleitete den Toten zu ihrem Friedhof. Während der Leichenzug mit der gebührenden Feierlichkeit daherzog, stürzte ein junger Mann hinzu und forderte wütend die Herausgabe des Leichnams. Frage: „Wieso?“„Das ist mein Vater, den Sie da begraben widerrechtlich, denn ich habe dem Krankenhaus einige Tage, bevor er starb, die Leiche für 30 DM verkauft!“ Die empörten Muslime blieben fest. Nach einem hitzigen Wortwechsel musste der junge Mann seine Forderung zurückziehen. Als er später gefragt wurde, wo er arbeite, erwiderte er: „Tagsüber in einer Fabrik, abends in einem Hundeschönheitssalon.“ So tief kann Liebe in der Familie, mensch­liches Mitgefühl und ein Sinn für proportionierte Werte in eurer Gesell­schaft absinken, die sich „zivilisiert“ nennt!

© seit 2006 - m-haditec GmbH - info@eslam.de