Medizinische Wissenschaft
Dr. Meyerhof schreibt in der
„Erbschaft des Islam“ (S. 132): „Die Ärzte der Muslime
lachten über die ärztlichen Helfer (die Bader) der Kreuzfahrer
wegen ihrer plumpen und primitiven Bemühungen. Die Europäer
hatten nicht den Vorzug, Bücher von Avicenna, Dschaber, Hassan
bin Hayhtam, Rhazes zu besitzen. Aber schließlich ließen sie
sie ins Lateinische Übersetzen. Diese Übersetzungen sind noch
vorhanden, aber ohne die Namen der Übersetzer. Im 16. Jh.
wurden die Bücher von Averroes (Ibn Rushd) und Avicenna (Ibn
Sina) auf Lateinisch in Italien herausgebracht und als
Unterrichtsgrundlage an den italienischen und französischen
Universitäten verwendet.“
Auf Seite 116 desselben Werkes
schreibt er, das nach Rhazes’ Tod die Arbeiten von Avicenna
(980 - 1037 n. Chr.) aufgegriffen wurden. Sein Einfluss auf
das Denken, die Philosophie und die allgemeine Wissenschaft
reichte tief, und seine medizinischen Werke (gegründet auf die
Werke Galens, die er in der Bibliothek von Samarkand in
arabischer Übersetzung aufgetrieben hatte) hatten eine
sensationell weitreichende Wirkung. Andere Wissenschaften
folgten: Abu’l-Qais von Andalusien; Ibn-Zahr von Andalusien;
Abbas der Perser; Au ibn-Rezvan von Ägypten; Ibn Butlan von
Bagdad; Abu Mansur Muwaffaq von Herat; Ibn Wafeed aus Spanien;
Masooya aus Bagdad; Abu ibn-Esau von Bagdad; Ammar von Mossul;
Ibn-Rushd (Averroes) von Andalusien - deren Werke, ins
Lateinische übersetzt, auf europäischen Universitäten benutzt
wurden. Die Europäer wussten nichts vom Cholera-Bazillus, als
der Islam nach Spanien kam. Man betrachtete die Seuche als
eine Strafe des Himmels um der Sünden willen; aber muslimische
Ärzte hatten bereits bewiesen, dass selbst die Beulenpest eine
ansteckende Krankheit und sonst nichts war.
Dr. Meyerhof schreibt von
Avicennas Buch „Der Kanon“, das es ein Meisterwerk
medizinischer Wissenschaft ist, welches seinen Wert durch 16
aufeinanderfolgende Ausgaben gegen Ende des 15. Jh. AD bewies,
davon 15 lateinische und eine arabische. Im 16. Jh.
erschienen wegen seines wissenschaftlichen Wertes mehr als 20
weitere Ausgaben. Er wurde noch im 17. und 18. Jh. verwendet
und unter ist allen medizinischen Abhandlungen am weitesten
bekannt. Noch heute konsultiert man es auf medizinischen
Schulen.
Will Durant schreibt, das
Mohammad Ibn Zachariah Razi (Rhazes) einer der
fortschrittlichsten muslimischen Ärzte war, Verfasser von 200
Abhandlungen und Büchern, die auch heute noch das Studium wert
sind, besonders seine
1. „Pocken und Masern“ (auf
lateinisch und in anderen europäischen Sprachen in 40 Auflagen
zwischen 1497 und 1866 veröffentlicht) und
2. „Die Große Enzyklopädie“,
20 heute meist nicht mehr erhältliche Bände: fünf waren der
Optik gewidmet (1279 ins Lateinische übersetzt), allein 1542
in fünf Ausgaben gedruckt, jahrhundertlang als das
Spitzenwerk über das Auge, seine Krankheiten und ihre
Behandlung bekannt und eines der neun grundlegenden Werke, auf
welche die Pariser Universität 1394 n. Chr. ihren Medizinkurs
aufbaute.
Die Chirurgie machte ähnliche
Fortschritte in den Händen islamischer Ärzte, die sogar
Anästhetika benutzten, wo man doch annimmt, diese seien
modernen Ursprungs. Sie verwendeten Binsenkraut als Basis.
Unter den Neuerungen des
Rhazes befand sich die Anwendung von kaltem Wasser, um
Dauerfieber zu behandeln, Schröpfen bei Schlaganfällen,
Quecksilbersalben und Tierdarm für Wund nähte und vieles
andere.
Weitere Informationen über
islamische Medizin können den vielen Büchern über das Thema
entnommen werden. Die Diagnose der Tuberkulose aus den
Fingernägeln, die Heilung der Gelbsucht, den Gebrauch kalten
Wassers, um Hämorrhoiden zu verhüten, Steinzertrümmerung in
Blase und Nieren, um deren Abgänge zu erleichtern,
Bruchoperationen - das sind einige der Fortschritte, die zu
zahlreich sind, um sie im Detail aufzuführen. Der größte
islamische Chirurg war Abu’l-Quasem von Andalusien, den man
liebevoll Abu’l-Qays und manchmal Abu’l-Qasees nannte, aus dem
11. Jh., der Erfinder sehr vieler chirurgischer Instrumente
und Verfasser von Büchern, worin man ihre Beschreibung und
ihren Gebrauch findet - Bücher, die übersetzt in zahllosen
Ausgaben auf Lateinisch gedruckt und in ganz Europa verwendet
wurden; die letzte Ausgabe erschien 1816.