Das Toilettenmysterium
Seit jeher
gehen mein Bruder und ich im Dienst mit einem Wasserbehälter
in die Räumlichkeiten, die mit einem kleinen Männlein
gekennzeichnet sind. Das ist auch unseren ehemaligen Kollegen
nicht entgangen, und so mancher hat sich wohl innerlich
gefragt, was denn die zwei Wasserspezialisten mit einem ca.
Ein-Liter-Bottich auf dem WC veranstalten. Auch hatte uns nie
ein Kollege vor den Stehtoiletten gesehen, da wir immer samt
gefülltem Wasserbehälter in den geschlossenen Sitztoiletten
verschwanden, was die Angelegenheit noch mysteriöser werden
ließ.
Es dauerte einige Jahre, bis endlich eine
Kollegin den Mut aufbrachte, uns nach diesem ungewöhnlichen
Verhalten zu befragen. Bei meinem Bruder kam hinzu, dass sein
Wasserbottich einer Gießkanne glich, und daher war es umso
erstaunlicher, dass er mit leerer Kanne aufs WC ging und mit
genau so leerer Kanne zurückkam. Um aber die Frage geeignet zu
formulieren, fragte die Kollegin nach, ob unsere wenigen
Blumen im Büro denn so viel Wasser bräuchten.
Wir klärten sie – und damit
wahrscheinlich auch einige andere – darüber auf, dass der
Behälter dazu diente, unsere entsprechenden “Austrittsstellen“
nach verrichteter Arbeit mit Wasser gründlich zu reinigen.
Denn als Muslime dürfen wir i.d.R. weder im Stehen unsere
Notdurft verrichten, noch können wir die für die rituellen
Gebete notwendige Reinheit dieser Stellen ohne Wasser
erreichen und sind daher zur Wasserreinigung verpflichtet; mit
Wasser wird es sauberer und auch “reiner“ als mit Papier. So
einfach war dieses Mysterium aufzuklären. Muslimische
Gastwissenschaftler und Gaststudenten aus dem Ausland, welche
diese Reinheitsregel befolgten, “liehen“ sich immer unsere
Bottiche aus!
In unserem eigenen Heim ist dieser Umweg
über den Wasserbottich nicht nötig, da wir hier über kleine
Duschbrausen verfügen, welche direkt in Greifnähe neben dem
Klosett befestigt sind.

Foto: Reinigungsbrause
auf der Toilette