Gebrüder Özoguz

Wir sind (keine) “fundamentalistische Islamisten“ in Deutschland

Eine andere Perspektive

Dr. Yavuz Özoguz und Dr. Gürhan Özoguz

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Nazis biedern sich an

Es scheint für Muslime immer wieder wie eine verdrehte Welt. Da brauchen nur ein paar Neonazis, ohne jemals eingeladen zu sein, bei einem öffentlichen Vortrag von Muslimen anwesend zu sein und zu applaudieren, wenn diese etwas gegen die USA und Israel sagen, und schon wird bundesweit in allen Medien von der angeblichen gefährlichen Kooperation der Nazis und “Islamisten“ berichtet, der Verfassungsschutz warnt vor allem Möglichen, Muslime werden in die Ecke von Rassisten und Antisemiten gedrängt usw. …

Mehrfach haben Nazis auch versucht, sich bei uns anzubiedern mit dem unverhohlenen Hinweis: “Wir sind auch gegen Juden“. Immer wieder haben wir klar und unmissverständlich geantwortet, dass wir nicht gegen Juden sind sondern jegliche Art von Rassismus ablehnen, unabhängig davon, ob es ein zionistischer Rassismus ist oder ein Rassismus von Neonazis! Bei manchen allzu plump formulierten Fragen von Mailern, die sogar ihre Adresse mit angaben, hatten wir aber eher das Gefühl, als wenn es sich hier um irgendwelche übereifrigen V-Leute oder Verrückte handelt als um ideologische Nazis.

Anfang August 2003 fand sich zu unserer Überraschung eine äußerst merkwürdige Post im Briefkasten des Muslim-Markt. Darin lag (ohne jegliche Anschriftenangabe) die neueste Ausgabe der "National+Zeitung" (33/53, 8.8.2003). Es handelt sich ganz offensichtlich um das Kampfblatt der DVU und/oder anderer Neonazigruppen, und als wir den Herausgeber “Frey“ lasen, war klar, aus welcher Ecke uns diese Zeitung “zugesteckt“ wurde. Sollte das eine Vorbereitung dafür sein, dass dann jemand diese Zeitung bei uns “findet“ oder wir davon gar “angezogen“ werden?

Wie auch immer, wir hätten das Blatt nicht weiter beachtet und vermutlich sofort im Altpapier vernichtet, wenn uns nicht die oberste Schlagzeile auf der Titelseite ins Auge gefallen wäre: „Rottet Israel die Palästinenser aus?“ Vielleicht war auch das der Grund, warum die Zeitung bei uns “landete“. Bei der Frage handelte es sich allerdings nicht um eine der üblichen Parolen rechtsextremer Kreise, sondern um eine Frage des National-Zeitungs-Herausgebers Dr. Gerhard Frey an den Jerusalemer Prof. Baruch Kimmerling (Israelischer Soziologie-Professor). Das vollständige Interview wurde sogar im Internet verbreitet und überraschte durch seine Offenheit gegenüber dem zionistischen Regime. Hätte der Muslim-Markt auch nur die Hälfte davon aus eigener Feder veröffentlicht, wären wir mit Strafanzeigen geradezu überzogen worden. Umso mehr stellten wir uns daher die Frage: Warum gibt ein israelischer Soziologie-Professor, der zudem auch noch in Israel lebt und lehrt, den als deutsche Neonazis bezeichneten Gruppen ein Interview? Warum läuft der Autor eines Buches (Politizid), erschienen im seriösen Diederichs-Verlag, das ja schließlich auch verkauft werden soll und über das auch die Tageszeitung (1.4.2003) und die Frankfurter Rundschau (11.4.2003) schon berichtet hatten, freiwillig Gefahr, der Kooperation mit Neonazis bezichtigt zu werden? Und warum wird niemand jemals auch in diesem Fall von Verzahnungen zwischen Israelis und Neonazis mutmaßen, wie sie es in viel unklareren und harmloseren Fällen bei den Muslimen so gerne getan haben? Und warum untersucht der Verfassungsschutz nicht auch hier mögliche “Verbindungen“? – Weil nicht sein kann, was nicht sein darf?

Kimmerling warnt in seinem Buch vor dem Faschismus und gibt ausgerechnet denjenigen ein Interview, welche den vergangenen Faschismus in Deutschland sehr “verklärt“ betrachten (z.B. mit dem Buch “Die Helden der Wehrmacht“)?! Und warum widmen die Neonazis in Deutschland einem Professor aus Israel die erste Seite ihrer Zeitung, wenn doch dieser Professor gleichzeitig eine sicherlich extrem andere Vorstellung von Nazi-Deutschland hat als die heutigen Neonazis?

Wir sind nicht in der Lage, alle diese Fragen, die sich uns stellen, zufriedenstellend und nachprüfbar zu beantworten. Aber eines war und ist klar. Wir haben die Muslime eindringlich davor gewarnt, auf jeglichen Kontakt zu Nazis und Neonazis hereinzufallen, und die “fundamentalistischen Islamisten“ haben sich auch daran gehalten! Die Nazi-Ideologie beruht nach deren eigenen Angaben auf einem “völkischen“ Denken, was nur eine verniedlichende Umschreibung von “Rassismus“ ist. Und bewusste Muslime wenden sich gegen jede Form von Rassismus, unabhängig davon, ob sie von den Zionisten, Neonazis oder sonst wem propagiert wird.

Uns ist im obigen Fall nur einmal mehr aufgefallen, wie die Vertreter von einander scheinbar entgegen gesetzten rassistischen Ideologien offensichtlich problemlos zusammen arbeiten, ohne dass sich irgendjemand darüber überrascht zeigt. Rassismus in jeglicher Form ist aber eines der Verbrechen an der Menschheit und Menschlichkeit.

Später hat der Muslim-Markt ein Interview mit Andreas Molau geführt, der damals sogar als zukünftiger Vorsitzender der NPD gehandelt wurde. Aber der Grund für das Interview lag darin, dass seine Kinder von einer Privatschule ausgeschlossen wurden aufgrund der politischen Einstellung des Vaters. Und solch eine Form von Sippenhaft haben wir immer bekämpft, sowohl bei einem “Rechten“ als auch bei einem jüdischen Rabbiner, dessen Kinder von einer jüdischen Schule in Wien ausgeschlossen wurden, weil ihre Eltern antizionistisch eingestellt waren. Die Medien aber thematisierten stets das erstgenannte Interview, um uns eine “Kooperation“ mit “Rechtsradikalen“ nachzusagen. Was ist das nur für eine Einstellung, dass man sich nicht einmal für die unterdrückten Kinder von Rechtsradikalen einsetzen darf? Spricht hier die gleiche Ideologie, die auch die Verteidigung der Kinder in Gaza vor Kollektivstrafe nicht zulassen will?

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