Der Offenbarer

Zivilisation und Modernismus

Ali Schariati

Zum Inhaltsverzeichnis

So kommt die Dreiteilung der Weltbevölkerung zustande:

Eine Rasse, die denken kann, das ist nur die europäische – von der Antike bis heute - eine Rasse, die nur gefühlsbetont ist und Gedichte schreibt – das ist die orientalische - sie hat lediglich mystische und übersinnliche Gefühle – und die schwarze Rasse, die gut singen, tanzen und musizieren kann.

Diese Geisteshaltung, die zur ideologischen Grundlage der Modernisierung nicht-europäischer Gesellschaften erklärt wurde, bildete später die geistige Grundlage der gebildeten Nicht-Europäer. Daraufhin erlebten wir einen 100-jährigen Kampf zwischen den Modernisten und den Traditionalisten in den nicht-europäischen Gesellschaften – einen der einfältigsten Kämpfe, die die Menschheit je erlebt hat.

Modernisierung, worin? Im Verbrauch – nicht im Denken.

Tradition, worin? In der Form des Verbrauches.

Der Kampf ging natürlich zugunsten der Modernisten aus. Wäre er zugunsten der Traditionalisten ausgegangen, wäre er in dieser Form auch nicht im Interesse der Bevölkerung gewesen. In diesem Kampf, im Kampf zwischen Modernisten und Zivilisten, war der Europäer der Fahnenträger. Unter dem Namen des Zivilisierens hat der Kampf um die Modernisierung gesiegt. Danach wurde 100 Jahre lang die Modernisierung der nicht-europäischen Gesellschaften durch ihre eigenen Gebildeten fortgeführt. Wie wurden diese Gebildeten herangebildet? Hierzu schreibt Jean-Paul Sartre im Vorwort zu "Die Verdammten dieser Erde": „Wir brachten einige junge Afrikaner und Asiaten für einige Monate nach Amsterdam, Paris, London etc., fuhren sie herum, kleideten sie um, änderten ihr Aussehen, brachten ihnen soziale Umgangsformen und eine halbfertige Händlersprache bei, kurzum, wir entzogen ihnen den eigenen kulturellen Gehalt und schickten sie in ihre Länder zurück. Das waren nicht mehr Menschen, die für sich selbst sprechen würden – sie waren unser Sprachrohr. Wir gaben die Parole Menschlichkeit und Gleichheit aus, in Afrika und Asien riss man den Mund auf und verstärkte unsere Parolen. Es waren eben diese, die der Bevölkerung einredeten, dass sie sich von Fanatismus und Religion abwenden, mit der einheimischen Kultur, die uns vom Zugang zu modernen europäischen Gesellschaften zurückhält, brechen und von Kopf bis Fuß europäisch werden müssen."

© seit 2006 - m-haditec GmbH - info@eslam.de