Gedichte im Islam
Wir ruhten

von Ibn Hazm al-Andalusi aus dem Buch "Halsband der Taube", übersetzt von Max Weisweiler (1941)

Wir ruhten auf den Hängen einer grünen Au;
Die Zweige senkten sich zur Erde feucht vom Tau.
Es lächelten die Blumen, und ihr Armgeschmeid
Goss wundersame Düfte aus im Schatten weit.
Der Vögel süßes Zwitschern drang an unser Ohr;
Sie klagten ihre Not und jauchzten hell im Chor.
Der Bäche 'Wasser flossen frei rings um uns her.
Dort fanden Aug und Hand, was immer ihr Begehr.
Was man nur wünschen konnt' an Seelen, herrlich, schön,
Von edler Art und hohem Rang war dort zu sehn.
Was ich besungen hier, mir bracht es nichts als Leid
Und machte mich nicht froh, dieweil mein Liebchen weit.
Wär' ich im Kerker doch, mein Lieb an meiner Brust!
Ich gönnt euch allen eines neuen Schlosses Lust!
Denn wer Verlangen hegt, zu tauschen sein Geschick
Mit ew'gem Königtum, mit seines Bruders Glück,
Der wird sein Leben lang von Leid und Not nicht frei,
Muss Schande und Bedrängnis dulden stets aufs neu.

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