O Leid |
von
Niyazi Misri, übersetzt von
Prof. Annemarie Schimmel |
Gemeiner Himmel: was tat ich - nie hast du
Ruhe mir gegönnt,
Ließt mich nicht lachen jetzt noch je - o Prüfungszeit, weh
Prüfungsleid!
Hast mich von Banden nicht befreit, gabst Klagen nicht
Gerechtigkeit,
Hast mich nicht einen Nu erfreut - o Grameszeit, weh
Gramesleid!
Zum Freunde reicht nicht meine Hand,
mein Weg führt nicht zu Gottes Strand,
Es zeigte sich kein Heimatland - o Fremdlingszeit, weh
Fremdlingsleid!
Nur Gram ist mein Gewinn und Tun,
der Schmerz im Haupte will nicht ruhn,
Bin Sprosser ohne Rose nun - o Trennungszeit, weh
Trennungsleid!
Wie Medschnun seufze ich nur “Ach!“,
wie Ferhad “Weh, mein Ungemach!“
Die Litanei klingt jeden Tag - o Sehnsuchtszeit, weh
Sehnsuchtsleid!
Wenn nicht mein Weg zum Meister führt,
nicht meine Wunde Balsam spürt,
Wenn meinem Schmerz nicht Heilung wird -
o Wirrniszeit, weh Wirrnisleid!
Niyazi ist in Schmerz entbrannt, und niemand ist sein Gram
bekannt,
Zieht klagend in ein fremdes Land - o Reisezeit, weh
Reiseleid! |
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