Gedichte im Islam
Abu Rihan

von
Friedrich Rückert

Abu Rihan, dessen Scharfsinn
Und besondres Glück im Raten
Ihm den mit Gefahr verbundnen
Namen eines Zauberers brachte,
Stand vor Mahmud, Gasna’s Sultan,
Der ihn fragte: Kannst du sagen,
Welches Weges ich hinaus
Werde gehen aus diesem Saale?
Abu Rihan sah vier Türen,
Und ein Fenster auf die Gasse;
Ließ sich Dint’ und Feder bringen,
Schrieb sogleich auf einem Blatte,
Gabs dem Sultan: öffne dieses,
Wann du bist hinausgegangen. –
Maurer ließ der Sultan kommen,
Die ein neues Tor ihm brachen,
Welches er zum Ausgang wählet,
Dann in Abu Rihan’s Blatte
Sieht er nach, und findet staunend,
Dass er wirklich dis geraten.
Dafür will er ihn als Zaubrer
Aus dem Fenster werfen lassen;
Aber Abu Rihan’ Vorsicht
Hat auch hierhin sich beraten.
Draußen fällt er in ein Hangwerk,
Das er, solchen Ausgang ahnend
Angebracht hat, und hernieder
Gleitet er ganz ohne Schaden.
Doch sogleich eilt er nach Hause,
Schließt sich ein, und lange lange
Kommt er nicht zum Vorschein wieder,
denn zu seiner Rettung Danke
Schreibet er ein eignes Buch
Gegen Zauber, Talismane,
Gegen alle Gaukelkünste,
Das wir jetzt von ihm noch haben.

Aus: Sieben Bücher Morgenländischer Sagen und Geschichten

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