Gedichte im Islam
Yusuf und der Spiegel

von Dschalaleddin Rumi

eigene Übersetzung

Zum Gast sprach Yusuf: «Wo ist dein Geschenk?»
Da schämte der sich und begann zu klagen:
«Ich hab so viel Geschenke schon gesucht,
doch fand ich keins, das würdig war zu tragen.
Wie brächt zur Mine ein Erz an sich?
Wie brächt zum Ozean ein Tröpflein ich?
Ich würde Kümmel ja nach Kerman tragen,
Legt‘ ich vor dich mein Herz und meine Seele!
Es gibt kein Saatkorn, das ich hier nicht finde —
Nur deine Schönheit, die ist unvergleichlich.
So fand ich‘s passend, eines Spiegels Sicht
vor dich nun bringe, wie vom Leib das Licht,
damit du selbst wirst vom schöne Antlitz reich,
des Himmels Kerze du, der Sonne gleich.
Ich bring dir einen Spiegel, Leuchtender,
du an mich denkst, wenn du siehst dich!»
So zog den Spiegel unterm Arm er vor —
Der Schöne trat mit Spiegeln nur hervor.

Was ist der Spiegel für das Sein? Des Nicht-Seins-Trug.
So bringe das Nicht-Sein als Geschenk, sei klug!

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