Gedichte im Islam
Aus dem Terdschi-i Bend

von Ziya Pascha übersetzt von Prof. Annemarie Schimmel

 Universum ist ein Lehrhaus wunderbar,
Vom Himmelsbuche zeugt drin selbst das kleinste Haar.
Ein unglücks-achsiges, ein Mühlrad ist der Himmel;
Drin der verirrte Mensch ist wie ein Körnchen rar.
Gleich einem Dämon frisst es seine Kinder auf,
Das alte Kloster Welt: ein Nest recht sonderbar.
Prüft man im Univers der Formen Bilderkraft,
So zeigt sich, dass es nur ein Traum, ein Märchen war.
Der Welt Geschäfte gehn zu einem Ende hin,
Der Sommer winterwärts, zum Herbst der Frühling klar.
Da es unmöglich ist, die Wirklichkeit zu finden,
Ist dem Verstande stets das Dogma wahrheitsbar.
O Herr, was braucht‘s den Kampf und Schmerz um den Bedarf?
Was braucht der Mensch? Doch nur ein bisschen Brote gar.
Unterm Türkisenzelt, da gibt es keinen Schild -
Dem Pfeil des Schicksals ist Ziel aller Stäubchen Schar.
Der Ewge Ratschluss will sich hier manifestieren -
Das äußre Gut und Bös stellt sich als Vorwand dar!
All die Ereignisse sind eines Schöpfers Werk,
Vom Himmel nicht verhängt, vom Zeitlauf nicht, fürwahr!

Preis Ihm, vor dessen Werk sich der Verstand verwirrt!
Preis Ihm, vor dessen Macht der Weise hilflos wird!

Unzähliger Sterne Schar am hohen Himmel steht,
Wenn ihr vergleicht - die Erd ihr kaum als Stäubchen seht.
Wohl tausend Sonnen hell, wohl tausend Monde strahlend,
Fixstern‘ millionenfach, und soviel auch Planet.
Und jede Sonne kreist mit eigenen Trabanten,
Dran wiederum ein Schwarm noch von Trabanten geht.
Und jede Sonne strahlt ihr eigne Gnadengaben,
Doch des Gefährten Art hat keiner noch erspäht.
Ein jedes endlos kreist ums Zentrum, ruhelos,
Die ew‘ge Gnade spürt‘s, wenn‘s um die Achse dreht.
In jedem breiten sich viel tausend Existenzen,
Und tausend Welten sind sichtbar im kleinsten Beet.
Aus jedem Wesen quillt ein tausendfaches Neues,
Und tausendfache Welt aus jeder Weit entsteht.
Ein jedes Stäubchen trägt besondre Gnadenkräfte,
In jedem Körper die ihm eigne Seele weht.
Es rechnet jede Welt mit andern Daten, Jahren,
In jedem Erdenball auch andere Zeit besteht.
Dies grenzenlose Meer führt stets zu neuen Meeren,
Zum Wirbel hin, da ihr verwirrt am Ufer steht:

Preis Ihm vor dessen Werk sich der Verstand verwirrt!
Preis Ihm, vor dessen Macht der Weise hilflos wird!

 

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