Der höchste Gelehrte
Wie teilweise geschildert,
gab es zahlreiche Ereignisse und Zeichen sowie Aussagen von
den Großen der Zeit, die uns die hohe Stellung von Imam
Khamene'i schon vor seiner Verantwortungsübernahme
verdeutlicht haben. Einige frühere Aussagen von Imam
Khomeini (r.) und von beispielsweise Ayatollah Taleghani
(r.) wurden hier schon zitiert. Ein weiteres Ereignis kann
uns einen deutlichen Hinweis auf Imam Khamene'is Weisheit
geben.
Der große Gelehrte und
einer der großen Schüler von Imam Khomeini (r.), Schahid
Ayatollah Motahhari (r.) und der berühmte Soziologe Dr.
Schariati, beide ebenfalls aus Maschhad stammend, waren
bereits früher Gesprächs- und Diskussionspartner von Imam
Khamene'i, und immer wenn sich die Gelegenheit bot,
diskutierten sie über die Angelegenheiten der Gesellschaft
aus der Sicht des Islam. Dr. Schariati, der selbst ein
islamisch gebildeter Soziologe war, erkannte schon früh
seine Unterlegenheit gegenüber seinen beiden
hochqualifizierten Gesprächspartnern und sprach diese
entsprechend sehr respektvoll an. Dennoch aber machte er
einen Unterschied bei der Anrede von beiden. So nannte er
Imam Khamene'i vor über 20 Jahren immer respektvoll "Ustad",
was soviel heißt wie Gelehrter (Professor) oder Meister.
Immer wieder kann man aus solchen Ereignissen erkennen, dass
die Weisheit von Imam Khamene'i zumindest für diejenigen,
welche die intellektuellen Voraussetzungen dafür hatten,
sehr frühzeitig und sehr deutlich sichtbar wurde.
Auch das legendäre frühere
Oberhaupt der Hizbollah im Libanon, Schahid Abbas Musawi
(r.), gab in einer Rede kurz vor seinem eigenen Martyrium
Imam Khamene'i den Titel Imam-al-Qa'id (der leitende Imam
oder der rechtgeleitete Imam). Die Szene wurde vom
libanesischen Fernsehen im Sender des islamischen
Widerstandes ausgestrahlt.
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Der Nachfolger Schahid Abbas Musawis (r.) Seyyid Hasan
Nasrullah versucht Imam Khamene’is Hand zu küssen,
jedoch verhindert Imam Khamene’i das, indem er ihn
umarmt |
Während dieses Buch
geschrieben wurde, ereignete sich das traurige Ereignis,
dass der Sohn von Imam Khomeini (r.), Hodschat-ul-Islam
Ahmad Khomeini (r.), zu seinem Schöpfer zurückgekehrt ist
(17.3.1995). Er war einer der Zeugen gewesen, welcher die
bedeutsamen Aussagen seines Vaters über die
Führungspersönlichkeit Imam Khamene'is weitergegeben hatte.
Hodschat-ul-Islam Ahmad Khomeini (r.) hatte bereits mehrere
Male in den letzten Jahren seines Lebens öffentlich gesagt,
"der Gehorsam der Muslime gegenüber dem verehrten
Oberhaupt der Revolution (Imam Khamene'i) ist die
Grundlage zur Glückseligkeit im Dies- und Jenseits" und
"ich und alle Angehörigen des Hauses von seiner Eminenz
Imam (Khomeini) danken herzlich den weisen Gelehrten
des Expertenrates, weil wir überzeugt sind, dass die Seele
unseres geliebten Imam (Khomeini) durch die weise
Ernennung (von Imam Khamene'i) glücklich wurde und
Frieden fand ..., ich verstehe es als meine absolute Pflicht
den Anweisungen des Wali-e-Faqih (Imam Khamene'i)
Folge zu leisten". Mit der gleichen Deutlichkeit
bezeugte er auch in seinem Testament seine Treue zu diesem
großen Gelehrten. Er schrieb an seine drei Söhne folgende
Anweisung: "Wisset, dass er (Imam Khamene'i) für
den Erfolg des Islam und des Systems des Landes steht, und
geratet nicht in eine zu ihm widersprüchliche Auslegungen
des Islam, denn der Feind ist auf der Lauer"[17].
Hodschat-ul-Islam Ahmad Khomeini (r.) wurde entsprechend
seinem Wunsch im Mausoleum seines Vaters unmittelbar neben
ihm begraben.
Imam Khomeini (r.) – möge
Gott ihn ewig belohnen – hat durch sein Wirken die Basis für
den Bestand der Revolution unter der Führung von Imam
Khamene'i geschaffen. Er hat nicht nur das islamische System
in Staatsform belebt, sondern er hat auch zahllose überholte
Traditionen der Schiiten revolutioniert. Hierzu gehörte
u.a. die Definition der Eigenschaften und Voraussetzungen
der islamischen Führungspersönlichkeit:
Jahrhunderte lang reichte
es aus, ein männlicher, erwachsener, gerechter und weiser
Mudschtahid der Zwölfer-Schia zu sein, der von rechtmäßigen
Eltern (eheliches Kind) geboren wurde und selbst am Leben
war, um die Voraussetzungen für die Vorbildfunktion (Mardscha-e-Taqlid)
zu erfüllen. Imam Khomeini (r.) aber ergänzte diese
Voraussetzungen um einige sehr wichtige Faktoren,
nachzulesen in seinem Brief an die Gelehrten der
Houzeh-Ilmi-Qum (Gelehrtenschule in Qum) [18]. Darin werden
u.a. als weitere Voraussetzungen genannt:
-
Er
muss vertraut mit den Problemen seiner Zeit sein,
-
er
muss die allgemeine Politik kennen und in der Lage sein,
Stellung zu politischen Ereignissen zu beziehen,
-
er
muss mit den Möglichkeiten vertraut sein, den feindlichen
Strategien entgegentreten zu können,
-
er
muss gute Kenntnisse der Wirtschaft, einschließlich der
bestehenden Wirtschaftssysteme der Welt haben,
-
er
muss vertraut sein mit der aktuellen Politik sowie mit den
Politikern und ihren Ansichten,
-
er
muss die Charakteristik des Weltherrschaftssystems
durchschauen,
-
er
muss in der Lage sein, eine große islamische und selbst
nicht-islamische Gesellschaft zu regieren,
-
er
muss ein qualifizierter Organisator (Manager) sein.
Nimmt man nur diese wenigen
zusätzlichen Faktoren aus dem Brief von Imam Khomeini (r.),
die er als Voraussetzung für zukünftige Mardschas und somit
als Voraussetzung für seine Nachfolgerschaft definiert hat,
so kam nach seinem irdischen Abschied nur eine Person in
Frage, die Leitung der Umma und die Vorbildfunktion (Mardschaiya)
für die Muslime zu übernehmen: Imam Seyyid Ali Khamene'i.
Möge Gott alle diejenigen belohnen, welche diese weise
Entscheidung von Anfang an unterstützt haben, und alle
diejenigen, die nach und nach dazugekommen sind.
Imam Khamene'i selbst hat
die Verantwortung der Mardschaiya immer wieder mit dem
Hinweis von sich gewiesen, dass es genügend kompetente
Gelehrte gäbe, welche diese Verantwortung tragen könnten.
Nach und nach verstarben allerdings alle bekannten Mardschas
aus der Zeit von Imam Khomeini (r.) wie Ayatollah-ul-Uzma
Marashi-Nadschafi (r.), Ayatollah-ul-Uzma Khu'i (r.),
Ayatollah-ul-Uzma Golpayegani (r.) und Ayatollah-ul-Uzma
Araki. Nach jedem Verlust eines weiteren großen Gelehrten
wurde der Ruf nach Imam Khamene'is Mardschaiya lauter.
Für die Muqallidien
(Befolger) von Imam Khamene'i war eine Diskussion über
dieses Thema aber zumeist unverständlich. Denn schließlich
hatten bereits zahlreiche geachtete und bekannte
Persönlichkeiten, wie der Parlamentspräsident des
islamischen Parlaments im Iran Hodschat-ul-Islam
Nateq-Nouri erklärt, dass er mit seiner Familie seit Jahren
Muqallid (Befolger) von Imam Khamene'i ist. Und schließlich
kann man nur Muqallid von einem Mardscha-e-Taqlid (Vorbild
der Nachahmung) sein. Selbst so unbedeutende Personen, wie
wir Muslime im deutschsprachigen Raum, erhielten auf unsere
Fragebriefe an Imam Khamene'i von ihm handgeschriebene und
mit seinem Siegel signierte Fatwas. Zwar lehnte Imam
Khamene'i es auch weiterhin öffentlich ab, ein Vorbild der
Nachahmung (Mardscha-e-Taqlid) zu sein, aber er ließ seine
Befolger niemals im Unklaren und versorgte diese mit den
notwendigen religiösen Dekreten (Fatwas).
Am 17. Dezember 1993, sechs
Tage nach dem irdischen Abschied von Ayatollah Golpayegani
(r.), geschah dann etwas für viele schon lange Erwartete:
Der Leiter des Freitagsgebetes in Teheran und oberste
Richter des Landes Ayatollah Yazdi verkündete beim
Freitagsgebet, dass Imam Khamene'i auch Mardscha-e-Taqlid,
also Vorbild der Nachahmung sei. Diese Rede löste eine große
Diskussion um das Prinzip der Mardschaiya im Allgemeinen und
um Imam Khamene'is Stellung im Besonderen aus. Während
einige traditionell gesonnenen Personen sich mit der Aussage
von Ayatollah Yazdi nicht anfreunden konnten, setzte zwei
Tage danach der Parlamentspräsident Hodschat-ul-Islam
Nateq-Nouri bei einer Rede vor Studenten anlässlich des
Martyriums von Prof. Dr. Mofatteh
noch eine Aussage darauf: Er veröffentlichte, wie bereits
erwähnt, dass er und seine Familie Muqallid (Nachahmer) von
Imam Khamene'i ist. Damit war die Nachfrage nach Imam
Khamene'is Risala (religiöses Regelwerk) nun öffentlich
geworden, die bis zur öffentlichen Annahme der Mardschaiya
durch Imam Khamene'i und die Veröffentlichung seiner Risala
nicht verstummen sollte.
Die Auswirkungen dieser
Situation konnte ich am eigenen Leib direkt miterleben. Im
Februar 1994 fand in Isfahan der "Second Conference and the
Issues and Challanges facing Water & Wastewater Industries"
(Zweite Konferenz der Wasser und Abwasserbehandlung) statt,
zu der auch mein Bruder und ich jeweils einen Vortrag aus
Deutschland eingereicht hatten, die – Gott sei Dank –
angenommen wurden. Am Abend vor der Konferenz am 1. Februar
1994 waren wir Gäste der "Esfahan Water & Sewage Company"
(Isfahan Wasser und Abwasser Gesellschaft). Zur Unterhaltung
der Gäste gab es ein Theaterstück, dessen Inhalt ich
aufgrund meiner Persischunkenntnisse nicht verstand.
Allerdings gab es zwei Szenen auf der Bühne, die mir sehr
missfielen, u.a. eine Szene, in der eine Zigarette geraucht
wurde. Nach dem Stück bat ich einen Dolmetscher mich zum
Verantwortlichen des Theaterstücks zu führen, weil ich mich
beschweren wollte. Der verunsicherte Dolmetscher brachte
mich zum Leiter der Gesellschaft. Diesem Mann, mit dem Namen
Abka, erläuterte ich mein Anliegen, und dass es nicht sein
könne, dass im Islamischen Staat auf der Bühne, vor allen
Leuten geraucht wird. Herr Abka reagierte, entgegen meinen
Erwartungen, sehr besonnen. Er bedankte sich herzlich für
meinen Einwand mit dem Hinweis, diesen in Zukunft zu
berücksichtigen.
Am nächsten Morgen war ich
einer der ersten Vortragenden, und ich hielt es für meine
Pflicht, im Namen unserer Geschwister im deutschsprachigen
Raum beim Vortrag einen Gruß an Imam Khamene'i
auszusprechen. Als der Übersetzer des Vortrages (ich sprach
Englisch), wohl mehr aus Gewohnheit, "Ayatollah" Khamene'i
übersetzte, korrigierte ich ihn und sagte, dass wir es
wünschen "Imam" Khamene'i zu sagen. Dies führte nicht nur zu
einem lauten "Salawat" (Gruß an den Propheten und die
Reinen seiner Nachkommenschaft) im Publikum, sondern auch
zu weiteren unglaublichen Ereignissen, die uns die Liebe des
Volkes und auch der Verantwortlichen zum Imam-ul-Umma sehr
deutlich vor Augen führten. In der anschließenden Tee-Pause
kamen zwei Brüder zu uns und luden uns äußerst höflich zu
einer Sondersitzung ein, die gerade parallel zu unserer
Veranstaltung lief. Sehr überrascht stiegen mein Bruder, ich
und ein Dolmetscher, der selbst Hochschulabsolvent war, in
einen vorgefahrenen Dienstwagen ein, in dem der besagte Herr
Abka saß. Zu unserer Überraschung kam jetzt auch noch meine
Verlegenheit hinzu. Er lächelte uns nur sehr freundlich an
und sagte, dass er uns bräuchte. Wir fuhren ans andere Ende
der Stadt. Herr Abka, den jeder in der Stadt zu kennen
schien, brachte uns in einen großen Vorlesungsraum. Im
Auditorium saßen einige hundert Geistliche, und auf dem
Podium sprach, wie uns später erzählt wurde, ein großer
Ayatollah. Als der Redner seine Rede beendet hatte, kündigte
der Moderator einen kurzfristig eingeplanten Zusatz zum
Programm an. Zwei Gäste von einer deutschen Hochschule
hätten noch einen kurzen Beitrag. Diesen letzten Satz hatte
ich verstanden, und mein Herz schlug plötzlich doppelt, wenn
nicht sogar dreimal so schnell. Was sollten wir denn sagen?
Ohne zu wissen, wie uns geschah, standen mein Bruder, der
Dolmetscher und ich auf dem Podium vor dem Mikrophon. Wir
entschuldigten uns bei den Zuhörern dafür, dass Leute wie
wir vor diesen ehrenwerten Menschen sprechen durften und
übermittelten im Namen unserer Geschwister den Gruß an: "Imam-ul-Umma
Ayatollah-ul-Uzma Imam Seyyid Ali Khamene'i".
Gleichzeitig beglückwünschten wir sie alle für ihre
Unterstützung des heutigen Imam-ul-Umma. Abschließend
grüßten wir den anwesenden Ayatollah Taheri, den
Freitags-Imam von Isfahan, und dankten ihm für seinen
Besuch in Hamburg mehrere Jahre zuvor, weil er uns mit
seinem Besuch sehr stark motiviert hatte. Spätestens jetzt
wussten wir, dass sowohl das Volk als auch manche
Verantwortliche in den Behörden und wichtigen
Schaltstellen Imam Khamene'i genau als das liebten, was er
war; nämlich als Oberhaupt der Islamischen Revolution, als
Imam-ul-Umma, und als Mardscha-e-Taqlid.
Imam Khamene'i ging wohl
aus verschiedenen Gründen lange nicht auf die zahllosen
Bitten von Gelehrten aus der ganzen Welt ein, sich zur
Verantwortung der Mardschaiya öffentlich zu bekennen, auch
wenn er diese Last schon längst trug.
Erst nach dem irdischen
Abschied von Ayatollah-ul-Uzma Araki (r.), dem letzten
öffentlich bekannten Groß-Ayatollah, änderte sich die
Situation. Die Gelehrtenschule in Qum (Houze Ilmi Qum)
veröffentlichte, wie mehrere Male zuvor nach dem irdischen
Abschied eines Mardschas, eine neue Liste mit einer Reihe von
Personen, die als Mardscha vorgestellt wurden. In dieser Liste
wurde zum ersten Mal gegen den zuvor wiederholt geäußerten
Willen von Imam Khamene'i, auch sein Name erwähnt. Denn
diesmal hatten die Gelehrten aus Qum es nicht für erforderlich
angesehen, Imam Khamene'i um Erlaubnis zu bitten, bevor sie
ihn als Mardscha vorstellten. Für viele seiner ungeduldigen
Anhänger, wie auch uns, war es unverständlich gewesen, warum
es so lange gedauert hat, bis endlich der Imam-ul-Umma als das
vorgestellt wurde, was er in unseren Augen schon lange war.
Aber auch dieses Mal wehrte sich
Imam Khamene'i gegen die Nennung seines Namens als Mardscha
und sagte später über diese Veröffentlichung: "Die Ulema
(Geistlichen) haben eine Liste erstellt, und der Name
meiner Wenigkeit ist in dieser Liste enthalten. Hätten sie
mich allerdings vorher gefragt, dann hätte ich sie gebeten, es
nicht zu tun. Erst nach ihrer öffentlichen Erklärung wurde ich
informiert, anderenfalls hätte ich es nicht zugelassen".
Imam Khamene'i ließ erst sogar das Fernsehen kontaktieren und
es auffordern, seinen Namen wegzulassen, wenn die Erklärung
der Houze Ilmi Qum verlesen wird. Nur auf das Argument hin,
dass das Weglassen seines Namens bei der Verlesung der Liste
eine Verzerrung des Gelehrtendokuments bedeutet hätte,
erlaubte er den Sendern die Veröffentlichung der vollständigen
Liste.
Auf diesen nicht mehr zu
überhörenden Ruf hin erklärte Imam Khamene'i sich am 14.
Dezember 1994 zumindest teilweise bereit, die Last der
Mardschaiya, die er praktisch schon seit Jahren trug, auch
öffentlich auf sich zu nehmen. Hierzu sagte er u.a.: "Liebe
(muslimische) Nation, meine lieben Freunde, ehrwürdige
Ulema (Gelehrten) und alle, die mir von überall
schreiben und mich auffordern, eine Risala herauszugeben und
ähnliches, lasst mich jetzt eines sagen: Meine derzeitige
Aufgabe (Imam-ul-Umma) ist sehr schwer. Die Last der
Führerschaft mit ihrer gewaltigen Verantwortung ist
gleichwertig mit der Last mehrerer Mardschaiyas aufeinander
gestapelt. ... Derzeit besteht (im Iran) keine
Notwendigkeit. Aber falls – Gott verhüte – die Situation sich
ändern und ich zu der Überzeugung gelangen würde, dass es
keine Alternative gibt, dann würde ich sagen: In Ordnung,
trotz all meiner Schwächen und Unzulänglichkeiten können meine
Schultern – mit Gottes Hilfe – auch dieses Gewicht tragen,
wenn sie müssen, wenn es unbedingt notwendig ist. Das ist
aber zurzeit nicht der Fall. Es ist kein Grund dafür
vorhanden, denn es gibt so viele Mudschtahids, Lob sei Gott.
... Es gibt also keinen Grund, warum auch noch diese Bürde auf
meine schwachen Schultern gelegt werden sollte, zusätzlich zu
der schweren Last, die der Erhabene Gott mir bereits auferlegt
hat. Es gibt keinen Grund dafür. Wenn man also weiter darauf
bestehen sollte, dass ich eine Risala veröffentlichen soll,
dann denkt bitte daran, dass der Grund, warum ich die Last der
Verantwortung der Mardschaiya ablehne, der ist, dass es – Gott
sei Dank – andere Ulema (Gelehrte) gibt. Außerhalb
des Irans ist die Lage allerdings anders. Ich nehme die
Verantwortung für sie auf mich. Denn würde ich diese Bürde
nicht übernehmen, würde es großen Schaden anrichten...".
Die zuhörende Menge brach in laute Parolen aus und rief voller
Begeisterung: "Khamene'i, ist das islamische Oberhaupt. Er
ist der Stellvertreter des Propheten". Auf den Straßen
und bei islamischen Veranstaltungen riefen (und rufen) die
Muslime "Khamane'i imam ast, mardschai schiayan ast" (Khamane'i
ist das Oberhaupt, er ist der Mardscha der Schiiten).
Sicherlich ist diese Rede
wiederum als historisch zu bezeichnen. So etwas hatte es noch
nie vorher gegeben, zumindest ist uns kein derartiger Fall
bekannt: Ein Mardscha, der für seine treuen Anhänger schon
seit Jahren das größte Vorbild der Nachahmung ist, erklärt,
dass es im Inland auch andere geeignete Personen gibt, die
diese Aufgaben erfüllen können, aber für das Ausland sei er
bereit, die Last der Verantwortung zu tragen.
Ayatollah Ahmad Azeri Qumi,
Mitglied des Houze-Ilmi-Qum, verglich die Bekanntgabe von Imam
Khamene'i in der Liste der Maradscha (Mehrzahl v. Mardscha)
mit der Bekanntgabe der Liste 1963, in der Imam Khomeini (r.)
zum ersten Mal erwähnt wurde und sagte dazu: "Für viele war
Imam Khomeini (r.) schon vorher Mardscha".
Unser islamischer Lehrer hatte
in der Zwischenzeit sein Studium in Deutschland beendet und
war seit ungefähr einem Jahr wieder im Iran, im islamischen
Staat, bei unserem geliebten Imam Khamene'i. Während er sich
bereits in Deutschland mit Leib und Seele für den Imam-ul-Umma
eingesetzt hatte, bemühte er sich im Iran nach Kräften noch
mehr, Imam Khamene'is würdiger Anhänger zu sein. Unmittelbar
nachdem wir den Text der Rede Imam Khamene'is erhalten hatten,
rief ich meinen Lehrer an. Nach einem Gruß sagte ich zu ihm:
"So, wir Ausländer haben nun auch offiziell unseren
Mardscha". Natürlich wusste er sofort, was ich meinte und
lachte. Aber die von Imam Khamene'i ausführlich dargelegte
Beschränkung auf das Ausland sollte wohl vor allem die
anderen Gelehrten motivieren, ihrer islamischen Aufgabe
gerecht zu werden und hatte Signalwirkung. Hätte Imam
Khamene'i die Verantwortung ohne Einschränkung angenommen, so
wären die Anhänger der anderen Gelehrten wohl in Scharen zu
ihm gewechselt, und genau das wollte Imam Khamene'i sicherlich
vermeiden. Auch steckten in seiner Rede Aussagen und
Hinweise, die nur die Gelehrten verstehen können und
verstehen sollen. Kurze Zeit nach seiner Rede erschien im
Libanon der erste Band der arabischsprachigen Risala von Imam
Khamene'i [6].
Bei meinem anschließenden
Iran-Besuch fragten mich zahlreiche Muslime, ob ich meinen
Mardscha jetzt gewechselt habe. Das aber war, Gott sei Dank,
und möge Gott der Erhabene unseren Lehrer belohnen, nicht mehr
nötig, da wir nach Imam Khomeini (r.) keinen anderen Mardscha
als Imam Khamene'i gewählt hatten.
Das ist der Tag der Einheit zwischen den religiösen
Schulen und den Hochschulen.
Siehe auch Literaturhinweise im Anhang.